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Nachhaltig fördern

Rotary Aktuell - Nachhaltig fördern
Bereits seit mehreren Jahren ist Peter Schuler (RC Karlsruhe-Schloss) regelmäßig als Volunteer Doctor am Kibogora Krankenhaus in Ruanda tätig. © Privat

Über BMZ-Projekte Bevölkerung und Strukturen vor Ort stärken – ein Beispiel aus Ruanda

01.04.2021

Mit dem Ziel, die politische, wirtschaftliche, soziale oder ökologische Situation armer und benachteiligter Bevölkerungsgruppen in Entwicklungsländern nachhaltig zu verbessern, stellt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) jährlich beträchtliche Fördermittel für das Engagement deutscher Nichtregierungsorganisationen und gemeinnütziger Stiftungen zur Verfügung.

Im Mittelpunkt stehen dabei die Stärkung der Zivilgesellschaft und der Bevölkerung vor Ort sowie der Aufbau von Kapazitäten und Strukturen für eine echte Hilfe zur Selbsthilfe. Es sollen beispielsweise nicht mehr nur einzelne Bauten entstehen, sondern vielmehr umfassende und nachhaltige Entwicklungsprozesse eingeleitet werden. Das BMZ gibt hierzu strenge Förderkriterien vor.

Der RC Karlsruhe-Schloss setzt in Ruanda in Ostafrika aktuell ein Strukturprogramm zur Verbesserung des Gesundheitssystems mit BMZ-Förderung um. Projektträger vor Ort ist das Kibogora Krankenhaus, das am Kivusee nahe der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo in einem Gebiet mit überwiegend ländlicher Bevölkerung liegt.

Im folgenden Gespräch mit Yvonne Heimerdinger, Hauptansprechpartnerin für BMZ-Projekte beim Rotary Deutschland Gemeindienst e.V. (RDG), beschreibt Projektleiter Peter Schuler (RC Karlsruhe-Schloss) die einzelnen Schritte von der Idee zum Projekt.

Herr Schuler, seit einigen Jahren sind Sie regelmäßig als Volunteer Doctor in Ruanda am Kibogora Krankenhaus tätig. Was sind Ihre Erfahrungen und was hat Sie und Ihren Rotary Club Karlsruhe-Schloss bewogen, dort ein BMZ-Projekt zu initiieren?

Wenn man dort im Krankenhaus arbeitet, fallen sofort die vielen Kinder auf, die an einer schweren chronischen Osteomyelitis leiden. Bei dieser Krankheit werden Knochen und Gelenke, vorwiegend der Extremitäten, zerstört. In Deutschland tritt die Osteomyelitis bei Kindern selten auf, und wenn, dann wird sie frühzeitig erkannt und kann mit einfachen Mitteln therapiert werden.

Ich habe natürlich meinem Rotary Club meine Erlebnisse und Erfahrungen in Ruanda vorgetragen. Das große Leid der Kinder, das durch eine rechtzeitige adäquate Behandlung verhindert werden kann, führte zur Projektidee, durch die Verbesserung der Strukturen des Gesundheitssystems in Ruanda die Entwicklung der chronischen Osteomyelitis zu minimieren.

Wir haben überlegt, dass die Eltern und Lehrer der Kinder im Einzugsgebiet des Krankenhauses geschult sein müssen, um die Symptome der Krankheit zu erkennen und frühzeitig die Kinder zur Behandlung zu bringen. Gleichzeitig sollten für eine erfolgversprechende Behandlung die räumlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Die Umsetzung eines solchen umfangreichen Projektes ist für uns natürlich nur mit der Unterstützung des BMZ möglich. Denn dieses bietet schon einen großen finanziellen Hebel für Projekte einzelner privater Träger, wie hier Rotary.

Wie sahen die nächsten Schritte aus oder was sind aus Ihrer Sicht notwendige Voraussetzungen, um sich für ein BMZ-Projekt zu bewerben?

Die Unterstützung des ganzen Clubs ist eine wichtige Voraussetzung. Daneben ist es hilfreich, wenn der Club schon Erfahrung mit der Umsetzung von größeren Projekten hat. Wir hatten zum Beispiel bereits ein Global-Grant-Projekt für das Kibogora Krankenhaus umgesetzt.

Und daraus ergibt sich die zweite Voraussetzung: Man muss den lokalen Projektträger persönlich kennen und
mit ihm zusammenarbeiten können. Das sind in unserem Fall der Direktor des Krankenhauses und sein Stellvertreter. Der Wunsch nach einer Veränderung der Verhältnisse muss ja aus der betreffenden Gemeinschaft kommen und von ihr getragen werden. Noch vor Antragstellung haben die Vertreter des Krankenhauses und wir mit dem Gesundheitsministerium in Ruanda Kontakt aufgenommen, um mit dem zuständigen Staatsminister das geplante Projekt zu besprechen und seine nachhaltige Unterstützung zugesagt zu bekommen.

Besonders wichtig ist es auch, schon frühzeitig mit RDG die Projektidee zu besprechen, um die Chancen einer Genehmigung des Projektantrages durch das BMZ abzuschätzen sowie die Besonderheiten einer solchen Projektbewerbung gegenüber einem „normalen“ Global Grant zu verstehen. Hier haben wir auch frühzeitig unseren Distrikt 1930 involviert und Unterstützung erbeten.

Wie gestaltete sich die BMZ-Antragstellung? Was sollten Antragsteller berücksichtigen?

Die Antragstellung ist ein langer, komplizierter Weg. Bevor man überhaupt die Erlaubnis erhält, einen Antrag zu stellen, muss bei RDG eine Projektskizze eingereicht werden. Diese sollte die Projektidee auf einer DIN A4 Seite beschreiben. RDG entscheidet dann, welche Projekte für das kommende Jahr beim BMZ angemeldet werden. Diese Seite aber hat es in sich. Das Ausgangsproblem und die Zielgruppen kann man noch beschreiben. Schwierig wird es, die Informationen zu liefern, die man eigentlich erst dann einholt, wenn die Projektidee als solche vom BMZ als förderungswürdig anerkannt wird und man einen Antrag stellen darf. Das sind die Informationen über eine detaillierte Projektumsetzung, die Laufzeit der einzelnen Abschnitte und die Finanzierung, inklusive der Aufteilung im zeitlichen Ablauf. Erhält man die Zusage, einen Antrag stellen zu dürfen, sind die Zahlen aus der Projektskizze weitgehend bindend.

Es liegt im Ermessen des BMZ, bei umfangreichen Projekten mit großem Finanzvolumen, zusätzlich eine Machbarkeitsstudie einzufordern. Eine solche Studie soll die Chancen und Risiken der Umsetzung sowie die Wirksamkeit des geplanten Projektes klären. In unserem Fall mussten wir diese Studie bereits als Ergänzung zur Projektskizze einreichen.

Die Antragstellung selbst ist dann zeitaufwändig und in der Form strikt vorgegeben. RDG unterstützt hierbei sehr, und dafür bedanke ich mich auch ganz persönlich. Ohne diese Hilfe scheint es fast unmöglich, einen Antrag beim BMZ zu stellen.

Herr Schuler, wie schwierig war es, die geforderten Unterlagen zu einem so frühen Zeitpunkt der Projektidee beziehungsweise Projektplanung vorzuweisen?

Ich habe schon auf die Notwendigkeit hingewiesen, einen lokalen Projektpartner zu haben, den man kennt und dem man vertrauen kann, und der bereits zu diesem Zeitpunkt aktiv bei der Planung mitwirkt.

In unserem Fall hatten wir das Glück, dass uns die dem Krankenhaus angeschlossene lokale Hochschule kostenlos ein detailliertes Schulungsprogramm samt der möglichen Kosten ausgearbeitet hat. Ein persönlicher rotarischer Freund des RC Kigali-Doyen hat uns eine erste grobe Kostenschätzung für eine neue chirurgische Klinik geliefert. Umsetzungsmöglichkeiten und Finanzbedarf bezüglich des Schulungsprogramms habe ich auch mit einer lokalen NGO vor Ort besprochen.

Mit Hilfe des lokalen Projektträgers und der Freunde des Rotary Clubs Kigali-Doyen wurden die Referenzpunkte für die Machbarkeitsstudie festgelegt, drei Kostenvoranschläge unabhängiger Gutachter eingeholt und danach in Auftrag gegeben. Das BMZ erstattet die Kosten der Studie, wenn das Projekt genehmigt und umgesetzt wird.

Im Oktober vergangenen Jahres wurde Ihr Antrag genehmigt. Was ist seither passiert?

Wir freuen uns natürlich sehr und bedanken uns ganz herzlich beim BMZ und der Rotary-Familie für die Projektgenehmigung und Finanzierung. Das Gesamtvolumen des Projektes beläuft sich auf knapp 600.000 Euro. Der BMZ-Anteil beträgt 75 Prozent davon, die anderen 25 Prozent finanzieren wir über einen Global Grant der Rotary Foundation.

In meinem Club sind wir eine vierköpfige Projektgruppe. Alle Entscheidungen treffen wir zusammen mit dem lokalen Projektträger in Ruanda. Das Projekt befindet sich bereits in der Realisierungsphase und soll bis 2023 abgeschlossen sein. Das Vorsorge- und Früherkennungsprogramm zur Erkennung der Osteomyelitis ist angelaufen, die Basisdaten wurden erhoben und das Curriculum zur Schulung ausgearbeitet. Die Mitarbeiter im Krankenhaus, in den 13 Gesundheitszentren und 15 Gesundheitsposten sowie die Gemeindehelfer in den 350 Dörfern und 41 Weilern im Einzugsgebiet des Krankenhauses werden geschult, damit sie ihr Wissen an Eltern und Lehrer weitergeben können.

Die Planung der neuen chirurgischen Klinik ist abgeschlossen. Die Baugenehmigung wurde erteilt und das Fundament ist bereits errichtet.

Yvonne Heimerdinger


Wissenswertes

RDG ist für die deutschen Rotary Clubs die offizielle Schnittstelle zum BMZ und deshalb über aktuelle Entwicklungen und Änderungen in den Förderrichtlinien immer gut informiert:

Unter dem Haushaltstitel „Förderung von langfristigen Vorhaben der Zivilgesellschaft“ sagt das BMZ ab diesem Jahr 150 Millionen Euro zusätzlich zu, um für Projektvorhaben mit einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren in
46 ausgewählten „am wenigsten entwickelten Ländern“ zu fördern.

Projektvorhaben für 2022 sind voraussichtlich bis Ende Juli 2021 zwecks Priorisierung bei RDG einzureichen.

Fragen beantwortet:
Yvonne Heimerdinger, Tel.: 0211-863 959-19, Email: Yvonne.Heimerdinger@ rdgduesseldorf.de