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Elinas täglicher Kampf gegen Polio

"Die Eiserne Lunge"

12.02.2013

Im Alter von zwei Jahren erkrankte die Brasilianerin Eliana Zagui an der Nervenkrankheit Poliomyelitis – kurz: Polio. Mit ihrer Geschichte möchte sie aufrütteln und hat sie daher in einem Buch niedergeschrieben.

"Bevor Polio in Brasilien durch massive Impfkampagnen im Jahr 1989 endlich Geschichte wurde, war die Krankheit in unserem Land weit verbreitet. Der Mangel an Impfstoffen und unzureichende Hygienebedingungen in den Kleinstädten führten zu Tausenden Opfern jedes Jahr. Sich nicht mit Polio anzustecken war meist reine Glückssache.

Im Januar 1976 verließ mich das Glück. Ich wachte mit Fieber auf und war ganz wackelig auf den Beinen. Obwohl meine Eltern daran gewöhnt waren, dass ich immer mal wieder unter Halsschmerzen litt, brachten sie mich in die nächstgelegene Stadt Jaboticabal, wo man mich medizinisch versorgte. Weil die Ärzte dort keine eindeutige Diagnose stellen konnten, schickte man uns nach Ribeirão Preto, einer größeren Stadt mit besseren Krankenhäusern. Als die Ärzte schließlich feststellten, dass ich mit Kinderlähmung infiziert war, hatte das Virus bereits begonnen die Muskeln zu lähmen.

Wir lebten zu dieser Zeit in Guariba in der Nähe von São Paulo – und damit knapp 300 Kilometer entfernt vom größten Behandlungszentrum für Polio in Brasilien. Die Reise zum ‘Hospital das Clínicas’ in São Paulo war eine Qual. Aber nach etlichen Stunden bot uns ein Gutmensch einen Platz in seinem Auto an. Zu dieser Zeit war ich bereits vom Hals abwärts gelähmt und meine Atmung wurde durch die Lähmung des Zwerchfells zunehmend schwächer.

Ich musste einige Male in die Eiserne Lunge. Damit versuchte man das eintretende Lungenversagen zu vermeiden, aber irgendwann gaben die Ärzte den Kampf auf. Sie machten einen Luftröhrenschnitt und schlossen mich an eine Beatmungsmaschine an. Heute, 36 Jahre später, bin ich immer noch auf dieses Gerät angewiesen.

Seit diesem Tag lebe ich in derselben Klink, im ‚Hospital das Clínicas’. Von den Hunderten Kindern, die in den 60er und 70er Jahren in dieses Krankenhaus kamen, ist zwischen sieben von uns ein besonderes Band gewachsen. Wir waren wie eine kleine Familie und auch mit den Ärzten und Schwestern verbindet uns eine enge Vertrautheit. Fünf Mitglieder unserer kleinen Familie starben in den 80er Jahren. Übrig geblieben sind nur noch Paulo Henrique Machado und ich. Bis heute teilen wir uns ein Zimmer auf der Intensivstation.

Ich habe gelernt zu lesen und zu schreiben. Während Paolo seine Hand wenigstens ein bisschen bewegen kann, kann ich nur meinen Kopf und Hals bewegen. Alles, was ich mit einem gewissen Maß an Selbstständigkeit machen kann, muss ich mit meinem Mund machen. Dazu gehören auch meine Bilder, die weltweit verkauft werden.

Die Geschichte wie Paolo und ich diese schreckliche Krankheit überleben und wie wir, über Jahrzehnte hinweg, fast völlig gelähmt im ‚Hospital das Clínicas’ leben, erzählen wir in unserem Buch'Pulmão de Aço' (Die Eiserne Lunge), das im vergangenen Jahr in Brasilien erschienen ist."

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