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Interview mit Ron Burton

»Rotary leben, Leben verändern«

Ab Juli übernimmt der Amerikaner Ron Burton das Amt des RI-Präsidenten 2013/14. Ein Gespräch über seine Sicht der Dinge als Mann an der Spitze von RI.

11.03.2013

The Rotarian: Wie wuchs Ihr Engagement bei Rotary und hätten Sie sich je vorstellen können, eines Tages RI Präsident zu werden?
Ron Burton: Rund eineinhalb Jahre nachdem ich dem RC Norman beigetreten war, war ich kurz davor, wieder auszutreten. Ich hatte einfach keinen Grund hinzugehen. Die Treffen bestanden nur aus Mittagessen und ich kannte bereits jeden im Club durch meine Arbeit bei der University of Oklahoma Foundation. Es war jeden Donnerstag wie eine Verschwendung von zwei Stunden. Der neu ins Amt kommende Präsident bat mich dann jedoch, den Vorsitz im Rotary-Foundation-Ausschuss zu übernehmen. Dann wurde ich für das Amt des Clubpräsidenten 1983/84 vorgeschlagen und gewählt.

Ich reiste zur RI Convention in Toronto. Ich erinnere mich noch an das Royal York Hotel und einen Raum darin. Schräg gegenüber von mir saß der ins Amt kommende RI-Präsident Bill Skelton, doch ich hatte nicht den Mut, mich vorzustellen. Ich lernte Bill später schließlich persönlich kennen, und heute sind wir gute Freunde. Zwei Jahre später wurde ich zum Governor gewählt. Das war das Beste, was ich je getan habe. Von 1998 bis 2000 diente ich als RI Director und danach ermutigte mich Past-RI-Präsident Jim Lacy, eines Tages das Amt des Präsidenten in Erwägung zu ziehen. Das war das erste Mal, dass ich über dieses Amt nachdachte. Ich dachte mir: Wenn Jim der Meinung ist, dass ich diese Aufgabe bewältigen kann, dann schaffe ich das auch.

Was steht ganz oben auf Ihrer To-do-Liste?
Die Rotarier dazu zu bewegen, sich einzubringen. Diese Aufgabe richtet sich vor allem an meine Governors. Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Das Motto, das ich gewählt habe, lautet „Rotary leben, Leben verändern“. Wenn man sich wirklich für Rotary engagiert, dann verändert das das eigene Leben. Durch Engagement verändert man aber auch das Leben vieler anderer Personen.

Wer eine Führungsrolle bei Rotary übernimmt, muss viele Fähigkeiten mitbringen. An welchen mangelt es Ihrer Meinung nach?
Zu gewissem Grad Selbstbewusstsein – im Sinne von „Wenn ich etwas tue, dann wird das auch für einen großen Unterschied sorgen.“ Ich glaube, Rotarier haben manchmal Angst vor ihrem eigenen Erfolg, und dagegen versuche ich etwas zu unternehmen.

Jeder Präsident erhält zwölf Monate. Wie viel Gutes oder Schlechtes kann eine Person in dieser Zeit anstellen?
Ich denke, dass eine Person nicht wirklich Schlimmes anstellen kann, ganz einfach aufgrund der Struktur der Organisation. Es gibt einen Zentralvorstand und 34.000 autonome Clubs. Das ist vermutlich die beste Rückversicherung, denn viele Clubs, ob wir das nun gerne zugeben wollen oder nicht, nehmen überhaupt keine Notiz davon, was in Evanston passiert. Auch wenn das einige Nachteile mit sich bringt, hat es auch seine Vorzüge. Zudem glaube ich nicht, dass irgendjemand, der auf diese Ebene vordringt, der Organisation internationalen Schaden zufügen möchte. Ich glaube aber, dass man viel Gutes bewegen kann, und ich hoffe, dass meine Botschaft die Menschen in ihrer Mitgliedschaft bestärkt und dazu anregt, dies mit anderen zu teilen.

Rotary legt großen Wert auf Fellowship. Welcher Grad an Konflikten unter Mitgliedern kann damit einhergehen?
Das ist wirklich eine schwierige Frage. Da gibt es religiöse Anliegen, die schwer zu handhaben sind, und politische Anliegen, die vermutlich am stärksten entzweien können. Während der Institute habe ich religiöse Splittergruppen gesehen, die sich gegenseitig misstrauisch beäugten, doch die Tatsache, dass sie sich dann trotzdem an einen gemeinsamen Tisch setzen, um zu essen und Fellowship zu erleben, spricht Bände dafür, was Rotary alles bewegen kann.

Was ist der schwierigste Kompromiss, den Sie aufgrund Ihres Amtes eingehen müssen?
Eine gute Balance zu finden zwischen den Dingen, die man in der kurzen Zeit umsetzen kann. Die Rotarier haben große Anforderungen an ihren Präsidenten. Und dabei geht es nicht um mich persönlich. Es geht um den Mythos, der das Amt umgibt, und das ist ja auch verständlich. Die Rotarier müssen verstehen, dass auch wenn wir jeden Ort, an den wir eingeladen werden, gerne besuchen würden, uns nur ein begrenzter Zeitrahmen zur Verfügung steht. Ist es besser, nach Brasilien oder Ägypten zu fliegen? Was ist für die Organisation am hilfreichsten? Zu entscheiden, wie ich die Messlatte für RI höhersetzen kann und die größtmöglichen Auswirkungen erzielen kann – das ist die Herausforderung.

Gibt es Erwartungen an das Amt, die Sie ändern würden?
Als Amtsinhaber ist man der Leiter, der Cheerleader, und hat die Aufgabe, die Botschaft an die wichtigsten Personen in der Organisation zu vermitteln: die ganz normalen Rotarier. Ich glaube, dass alles auf Clubebene geschieht. Rotary International ist nichts weiter als eine Vereinigung aus Rotary Clubs. Wir müssen so zugänglich wie möglich sein, dabei jedoch verstehen, dass wir es nie jedem Einzelnen recht machen können.
Meiner Meinung nach ist es unsere Aufgabe, den Mythos aufrechtzuerhalten. Dies hier ist ein ganz besonderer Ort. Hierher zu kommen, eine Führung durch das Haus zu erhalten, das Büro des Präsidenten zu betreten, das ist, wie Bill Skelton in Toronto gegenüberzustehen. Dies müssen wir bewahren, egal, wer hier derzeit sitzt.

Einige Rotarier – insbesondere die jüngeren – stoßen sich an einigen der Traditionen. Gibt es irgendwelche, die Sie stören? Würden Sie uns gar einige nennen?
Ich persönlich mag Strafgebühren nicht. Ich weiß, dass sie in einigen der bekanntesten Clubs vorkommen und dass dadurch viel Geld eingenommen wird. Wenn Sie das jedoch in meinem Club versuchen würden, würde man Sie hinauswerfen. Ich glaube außerdem, dass wir flexibler werden müssen, was die Klassifikationen betrifft. Das heißt nicht, dass wir jeden aufnehmen müssen, aber es gibt einige qualifizierte Personen, die wir für uns gewinnen sollten. Ich finde sexistische Witze außerdem äußerst unangebracht. Bedauerlicherweise begegnet man in einigen Teilen der Welt immer noch viel Sexismus. Seit 26 Jahren nimmt Rotary Frauen auf, doch nur 18 Prozent unserer Mitglieder heute sind Frauen. Da stimmt doch etwas nicht. Und auch Rassismus ist ein Anliegen für mich. Wir müssen mehr inklusiv und weniger exklusiv werden. Das sind Dinge, die mich stören.

Sind Sie je einem Rotarier begegnet, den Sie nicht mochten?
Ich habe Rotarier getroffen, die ich weniger respektiere als andere. Ich habe Rotarier getroffen, die die Vier-Fragen-Probe nicht so sehr beachten, wie ich mir das erhoffen würde. Es ist schwierig, danach zu leben. Man muss wirklich ehrlich zu sich sein und diese Fragen aufrichtig beantworten. Ich finde, wir müssen die Menschen daran ab und zu erinnern.

Was ist die Rotary-Geschichte, die am wenigsten erzählt wird?
Wenn wir die Kinderlähmung ausrotten, dann wird es Rotary auf die Titelseite der New York Times schaffen, doch in der Regel verkaufen sich gute Nachrichten nicht so gut. Lokale Bemühungen, wie an Essen auf Rädern zu spenden oder Bücher für die Bücherei zu kaufen und Kindern vorzulesen, das ist unsere Aufgabe. Das sind die nicht erzählten Geschichten – und das sind die Auswirkungen, die Rotarier gemeinsam erreichen.

Haben Sie eine Rede, mit der Sie für die Mitgliedschaft werben?
Meine Rede ist kein 30-sekündiger "elevator pitch". Sie lautet so: Lassen Sie mich von dieser wundervollen Organisation erzählen, zu der ich gehöre. Rotary kann Ihr Leben verändern, denn Sie werden durch Rotary Menschen in Ihrem Gemeinwesen kennenlernen. Jeder Club ist anders und jeder macht sein eigenes gemeinnütziges Ding, doch auf internationaler Ebene stehen wir kurz davor, gemeinsam Polio auszurotten. Man muss eingeladen werden, um Mitglied zu werden, aber ich kann gerne den Kontakt zu jemandem in Ihrem Gemeinwesen herstellen. Sie könnten mich mit verbundenen Augen vor eine Weltkarte stellen, und wenn ich einen Dartpfeil darauf würfe, wäre es egal, wo dieser trifft; egal, welcher Ort getroffen würde, jemand würde mich dort kennen. Solche Beziehungen kann man sonst nirgendwo erleben.

Sie treffen Rotarier aus aller Welt. Wie kommunizieren Sie miteinander, wenn Sie nicht die gleiche Sprache sprechen?
Man findet immer einen Weg. Durch Körpersprache, Augenkontakt, das aufrichtige Gefühl, das man empfindet und ausstrahlt. Ich habe in der Regel auch einen Dolmetscher. Bei Rotary findet man immer eine gemeinsame Sprache.

Wenn man andere Kulturen besucht, wird man manchmal gebeten, eine lokale Tracht anzuziehen oder an einem lokalen Brauch mitzumachen, was einem unangenehm sein kann. Wo ziehen Sie hier eine Grenze?
Haben Sie mich den „Gangnam Style“-Tanz in Australien tanzen sehen? Haben Sie mich als Shakespeare verkleidet gesehen, um die RI Convention in Birmingham zu promoten? Ich habe für Rotary schon so einige ziemlich alberne Dinge unternommen. Ich will, dass die Leute verstehen, dass ich genauso ein Rotarier bin wie sie auch.

Es ist der 30. Juni 2014. Was lassen Sie auf dem Schreibtisch für den nächsten Präsidenten zurück?
Keine Überraschungen, hoffe ich. Ich hoffe, dass ich RI-Präsident nominee Gary C.K. Huang eine starke Organisation hinterlassen werde. Und er wiederum wird sie noch weiterbringen. Wie ich den Governors bereits sagte, wenn wir der erste Jahrgang werden, in dem jeder an die Foundation spendet, dann wird Garys Jahrgang und jeder Rotarier dazu herausgefordert, dies ebenfalls zu tun.

Was sollten die Leser von Ihnen wissen?
Ich hoffe, dass die Leser sehen, dass ich ein ganz normaler Typ bin. Wenn Sie mich nach meiner Meinung fragen, dann kriegen Sie die auch zu hören, und in der Regel ändere ich meine Meinung auch nicht. Dadurch ist nicht immer jeder glücklich, aber nur so kann ich mir morgens in den Spiegel sehen.

Das Gespräch stammt aus der Zeitschrift „The Rotarian“.