Vom ausladenden Grün des Centennial Olympic Parks bis zur berühmten Allee Peachtree Street: Atlanta ist so groß(artig) wie „Vom Winde verweht“. 2017 ist die Stadt Austragungsort der Convention von Rotary International.
01.01.2017
Atlanta brüstet sich im Unterschied zu anderen Südstaaten nicht mit seinen Dimensionen. Insider wissen um die Sommerhitze, den enormen Airport, die vielschichtige Geschichte der Stadt und das großes Herz für Besucher. Als Eingeborener, der die (von meiner Familie noch nicht vergebene) Sünde beging, von hier fortzuziehen und sich unter die Yankees zu mischen, gestehe ich mir doch immer noch ein kleines Recht zu, für die Stadt zu schwärmen, die ich hinter mir ließ. Und ich gebe gerne ein paar Tipps und Geheimnisse der Stadt weiter. Die gute Nachricht ist zunächst, dass Atlantas „Größe“ relativ kompakt in seine boomende Innenstadt gepackt ist. So ist viel Sehenswertes ganz bequem zu Fuß vom Georgia World Congress Center zu erreichen, in dem vom 10. bis 14. Juni die RI Convention stattfindet.
Rotary Foundation Centennial
Auf der Rotary Convention 1917 in Atlanta schlug der damalige Präsident von Rotary, Arch C. Klumph, eine Stiftung von Rotariern für Rotarier vor, die ihnen helfen sollte, Gutes in der Welt zu tun. Die erste Spendeneinlage betrug 26 Dollar 50 Cent. Daraus wurden bis heute über drei Milliarden Dollar an Leistungen für Programme und Projekte. Feiern Sie mit uns das Jubiläum in der Stadt, in der alles begann. Weitere Informationen unter rotary.org/foundation100
Vor nicht allzu langer Zeit gestand ich meiner Mutter, dass ich Pepsi der Marke Coca-Cola vorziehe. Das kam ungefähr einem Glaubensabfall gleich. Coke ist hier eine Ikone und kommt gleich nach Rhett Butler als Stadtsymbol. Davon zeugt auch das für 97 Millionen Dollar erbaute Coca-Cola-Museum, das sich über 8500 Quadratmeter erstreckt und den Besucher gleich in der Lobby mit einer neun Meter hohen Cola-Flasche empfängt. Hier sind alle Kunstskulpturen ausgestellt, die Künstler aus aller Welt anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1996 aus Coca-Cola-Flaschen entwarfen.
Natürlich finden Besucher hier auch in den Gewölben den berühmten Tresor mit dem „Geheimrezept“ der Cola-Brause – und wenn sie wollen, können sie sich den Abfüllvorgang erklären lassen und natürlich von dem süßen Getränk kosten.
Bürgerrechte im Visier Beeindruckend ist ein Museum gleich nebenan: das Center for Civil and Human Rights. Es ist gleich nördlich vom Olympischen Park und nicht weit von der Auburn Avenue, dem Geburtsort von Rev. Martin Luther King Jr., gelegen. Das Bürgerrechtszentrum wurde 2014 eröffnet und erhielt sofort hervorragende Kritiken. Auf drei Stockwerken wird eindringlich mit Artefakten und Dokumenten vorgeführt, was Bürgerrechtler in den Anfängen der Bewegung durchmachten, um für ihre Rechte einzutreten. Bei einer interaktiven Lunch-Counter-Ausstellung können Besucher über Kopfhörer erleben, was für Schmähungen sich denjenigen anhören mussten, die in Lokale gehen wollten, die für sie tabu waren.
Direkt gegenüber dem Park befindet sich der CNN-Hauptsitz. Besucher können eine Tour durch das Studio machen und sogar an einem Moderatorentisch sitzen, den riesigen Newsroom besuchen, in dem alle Nachrichten zusammenlaufen – und vielleicht erhaschen sie sogar einen Blick auf Moderator Wolf Blitzer und seinen berühmten weißen Bart.
Was das gastronomische Angebot angeht, so müssen selbst die eingefleischtesten Lokalpatrioten eingestehen, dass Atlanta es kulinarisch kaum mit San Francisco oder New York aufnehmen kann. Doch es gibt eine „Flut neuer Entwicklungen“ in der Dining-Szene der Stadt, das jedenfalls meint das Atlanta Magazine. Da ist zum Beispiel das Restaurant Gunshow, das nicht nach seinen muskulösen Köchen benannt ist, sondern bekannt für seine ebenso „kühnen, kernigen und spielerischen Gerichte“ – zum Beispiel Variationen von Tartar oder chinesischen Knödeln. Oder einem fantastischen Beef Wellington.
Etwas außerhalb vom Zentrum, im trendigen Decatur, bietet das Restaurant No. 246 „Neo-Italienisches“ des lokalen Starkochs Ford Fry. Und bei Kevin Rathbun Steak bekommen Sie feinstes Rind in Größenordnungen, für die jeder Texaner alles stehen und liegen lassen würde. Und wer könnte eine gegrillte North-Carolina-Forelle mit Bacon-Mayonnaise bei Cakes & Ale abschlagen? In Atlantas glamourösem Stadtteil Buckhead wird täglich der frischeste Fisch für den Atlanta Fish Market eingeflogen, und auch das Aria landete auf der Landesbestenliste des Magazins Esquire.
Mehr als nur ein Restaurant Doch für mich persönlich gibt es nur eine Adresse, die ein absolutes Muss ist. Nein, es ist kein verborgenes Juwel. Im Gegenteil, das riesige rote V-Zeichen des Varsity steht hoch über dem Highway und lädt ein, im größten Drive-in-Restaurant der Welt einen Chili-Cheeseburger und eine Varsity-Orangina zu genießen.
Ursprünglich hieß das Varsity Yellow Jacket – nach dem Namen des Sportteams der Georgia Tech, wo Frank Gordy das Original 1928 gründete. Es wurde nach dem Umzug ins Zentrum umbenannt. Das Restaurant ist eine Art-déco-Struktur, bei der die Zeit stehen geblieben ist. Über zwei Straßenblocks hinweg finden hier 800 Gäste drinnen und 600 Autos außerhalb Platz. Und für die Einheimischen ist das Varsity mehr als nur ein Restaurant.
Mein Großvater spendierte mir dort einen Schokoladen-Shake, wenn ich in der Baseball Little League einen Homerun erzielt hatte. Alle Eltern in Atlanta wissen, dass sie einen Streit auf der Autorückbank schnell mit der Drohung schlichten können, einen geplanten Besuch im Varsity abzusagen. Das Varsity ist bodenständig und bietet ungeniert Familienkost an, für diejenigen, für die „Fusion“ einen Spritzer Senf und Ketchup bedeutet.
Für Souvenirjäger empfiehlt sich der Ponce City Market, ein etwas anderes Einkaufszentrum, 15 Autominuten vom Convention Center entfernt. Hier findet sich alles – von Delikatessen, Kunsthandwerk und Geschenkartikeln über Trendiges (Ponce Denim Co.), Luxuriöses (Q Clothier) bis hin zu Boogaloos Boutique oder Citizen Supply. Für Nicht-Shopper sei zur Entspannung der Centennial Olympic Park Fountain of Rings empfohlen, der größte interaktive Brunnen der Welt. Kinder lieben ihn ebenso wie Erwachsene.
Eine andere Wassererfahrung bietet das Georgia Aquarium. Ja, jede Großstadt hat eines, aber dieses ist etwas Besonderes – und bis 2012 war es das weltgrößte, bis ihm der Marine Life Park in Singapur den Titel abrang. Das Aquarium bietet sieben Hauptausstellungen, neben der obligaten Delfinshow den Ocean Voyager – eine Salzwasserwelt von fast 24 Millionen Litern. Hier eröffnet sich hinter den Glaswänden eine faszinierende Welt in Blau: Manta-Rochen, Schwärme exotischer Fische wie goldene Stachelmakrelen, spanische Schweinslippenfische und Snappers – und dazwischen ein majestätischer enormer Walhai mit einem Gefolge von Pilotfischen.
Naturschauspiel
Wer genug hat vom Zentrum, mietet sich einfach ein Auto und macht eine kurze Reise zu einem meiner Lieblingsplätze in Georgia: Stone Mountain. Ein Inselberg aus Quarzmonozonit, 500 Meter hoch, grau, kahl und etwas abweisend. Darin ein Relief, das die Helden der Konföderation zeigt: Robert E. Lee, Stonewall Jackson und Jefferson Davis. Wenn man sich hier an Mount Rushmore erinnert fühlt, so ist das keine Überraschung: das berühmtere Relief wurde vom selben Bildhauer nach diesem Vorbild geschaffen. Als Kind machte es mir hier Spaß, den kahlen Gipfel zu erklimmen und dann mit leichtem Schauern über die Westseite zu schauen. Man kann aber auch die Seilbahn nehmen und erhält einen nicht weniger dramatischen Ausblick auf die „graue“ Geschichte.
Apropos Geschichte: Atlanta hat in seiner weniger als 200 Jahre langen Geschichte schon einiges mitgemacht. Und am besten kann man sich im Atlanta History Center einen Überblick darüber verschaffen. Auf über 13 Hektar Fläche kann man historische Gebäude besichtigen, darunter das Swan House, Tullie Smith Farm und die Wood Family Cabin. Am interessantesten ist jedoch dessen Bürgerkriegskollektion. Neben den üblichen Artefakten des Civil Wars, Säbeln, Gürteln, Musketen und Uniformen, findet der Besucher hier auch zu Herzen gehende persönliche Artikel: sehnsüchtige Feldbriefe, eine zertretene Brille, eine zerbeulte Feldflasche – und dann die Relikte von General William Shermans „March to the Sea“: ein Feldzug der verbrannten Erde, mit dem die Union die Südstaaten in die Knie zwingen wollte. Auch Atlanta wurde restlos zu Boden gebrannt.
Historische Fundstücke Atlanta in 50 Objects ist eine Sammlung, die unter anderem folgende historische Fundstücke enthält: das handschriftliche Manuskript der Nobelpreisrede von Martin Luther King Jr. 1964, eine Cola-Flaschen-Gussform von 1915, den Baseballschläger, mit dem Baseball-Legende Hank Aaron seinen 600. Homerun schlug, und ein Kinoposter von „Vom Winde verweht“ (das von der Society verwaltete Haus der Autorin von „Gone with the Wind“, Margaret Mitchell, steht übrigens immer noch an der Kreuzung von Peachtree und 10th Street).
Und eines unter den 50 Objekten hatte eine ganz persönliche Bedeutung für mich. Rich’s Pink Pig. Zu Weihnachten gab es im größten Kaufhaus von Atlanta immer eine Eisenbahn in Form von rosa Schweinchen. Meine Schwester und ich mussten jedes Jahr darin fahren, sonst war es kein Weihnachten. Eine meiner liebsten Erinnerungen an diese Stadt, in der der Eistee so süß ist wie Sirup (es sei denn, man wünscht es anders), wo es die besten Pfirsiche der Welt gibt und bei Mary Mac’s das beste Backhühnchen nach Südstaatenart. Und wo die Menschen offen und freundlich sind, schnell zu einem Gespräch bereit oder zur Hilfe, wenn Sie sich verlaufen haben. Wer weiß, vielleicht werden Sie sogar zum Sonntags-Dinner eingeladen.