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Finanzen-Spezial - Einfach und rentabel investieren
Börse Frankfurt 2020: Eher einen kleinen Knick als eine echte Krise löste der Lockdown im Frühjahr 2020 aus. Der Dax gab nach und erholte sich erstaunlich flott. © Tim Wegner/Laif, Reuters/Kai Pfaffenbach

Wer für sich selbst, seine Kinder oder Enkel bequem Geld anlegen möchte, sollte sich mit ETFs beschäftigen.

Brigitte Wallstabe-Watermann01.10.2021

Wie schaffe ich es, langfristig mehr aus meinem Geld zu machen – für mich oder für meine Kinder oder Enkel? In Zeiten von Null- oder gar Minuszinsen stellt sich die Frage umso dringender. Dabei trifft auf die Geldanlage zu, was auch beim Kochen gilt: Einfache Rezepte sind oft richtig gut und eignen sich für die meisten Lebenslagen. Aber wie beim Kochen kommt es auch bei der Geldanlage entscheidend auf die Qualität der Zutaten an.

Zwei einfache Zutaten sind es, die jede Geldanlage einfach und kostengünstig machen: ein Rendite- und ein Sicherheitsbaustein, die sich flexibel mischen lassen. Die Experten von Finanztest haben ein Konzept entwickelt, das für Anlegerinnen und Anleger gut passt, die ihr Geld langfristig breit gestreut anlegen und mehr Rendite als mit reinen Zinsanlagen erzielen wollen. Das Konzept heißt „Pantoffel-Portfolio“. Das mag etwas langweilig klingen. Aber Langeweile ist hier Programm. Denn der Name drückt genau aus, worum es geht: Die Strategie ist nämlich einfach, praktisch und flexibel – und man kann bequem hineinschlüpfen wie in den besagten Hausschuh. Im Folgenden stelle ich Ihnen das Konzept in aller Kürze vor.

Drei Dinge braucht der Anleger

Drei Dinge sollten Sie mitbringen, um die Strategie umzusetzen: Als Erstes brauchen Sie zehn, besser 15 Jahre Zeit. Als zweites benötigen Sie ein Wertpapierdepot und last but not least ein Tagesgeldkonto. Dann können Sie sich das Pantoffel-Portfolio ganz einfach selbst zusammenstellen – einen Anlageberater brauchen Sie dafür nicht.

Das Portfolio selbst besteht im einfachsten Fall aus zwei Bausteinen: Der Zinsbaustein – Tagesgeld oder ein Mix aus Tages- und Festgeld – sorgt für Sicherheit und Stabilität. Der Aktienbaustein in Form von sogenannten Aktien-ETFs sorgt für die Renditechancen.

Ein wichtiger Begriff mit drei Buchstaben ist schon gefallen: ETF. Die Abkürzung steht für Exchange Traded Fund oder auf Deutsch: börsengehandelter Fonds. ETFs sind eine spezielle Variante von Invest-mentfonds. Zumeist orientiert sich ein ETF an einem Börsenindex und bildet diesen stur nach. Steigt der Index, gewinnt ein ETF auf den Index in gleichem Maße an Wert – und umgekehrt. Der Name ETF deutet zudem eine weitere gute Eigenschaft an: Sie können ETFs laufend günstig über Ihre Depotbank an der Börse kaufen oder verkaufen. Sie haben also ein sehr liquides Investment, bleiben jederzeit flexibel und über den Wert Ihrer Anlage informiert.

Mit einem Aktien-ETF kaufen Sie Anteile an vielen verschiedenen Unternehmen, die in einem Börsen-Index enthalten sind. Dabei wird bewusst darauf verzichtet, vermeintliche Gewinneraktien herauszufiltern und diese gezielt zu kaufen, um besser abzuschneiden als der Index selbst. In diesem Verzicht liegt genau die Stärke von ETFs: Denn nur den wenigsten Managern von aktiv gemanagten Fonds gelingt es, auf längere Sicht besser zu sein als der Vergleichsindex. Mit einem ETF können Anleger dagegen sicher sein, dass sie immer so gut oder auch schlecht abschneiden wie der Index, auf den sie setzen. Überdies macht der Verzicht auf ein ausgefeiltes Fondsmanagement ETFs besonders kostengünstig. Sowohl bei der Anschaffung als auch im Bestand sind Aktien-ETFs zumeist erheblich günstiger als herkömmliche Aktienfonds. Da beim Verkauf von ETFs nicht so viel zu verdienen ist wie an herkömmlichen Fonds, sind ETFs bei vielen Filialbanken und Sparkassen immer noch „Bückware“. Bei filiallosen Direktbanken und Onlinebrokern sind ETFs dagegen ein zentrales Produkt – und sowohl im Wege der Einmalanlage als auch über regelmäßige Sparpläne erhältlich. Solche ETF- Sparpläne gelten Verbraucherschützern übrigens als besonders gut geeignetes Produkt für den langfristigen Vermögensaufbau – auch für Kinder und Jugendliche.

Die entscheidende Bedeutung kommt dem Index zu, auf den man mit einem ETF setzt – denn bei der Pantoffel-Strategie geht es darum, das Investment international breit zu streuen. Der bekannteste für die Langfristanlage gut geeignete Index ist der MSCI World Index. Damit investiert man in mehr als 1500 Unternehmen aus 23 entwickelten Ländern weltweit. Wer noch eine breitere Streuung möchte, wird beim MSCI All Country World Index fündig, der zusätzlich Aktien aus 27 Schwellenländern enthält. Ihnen ist es wichtig, dass Ihr Geld nachhaltig angelegt ist? Auch das ist mit ETFs möglich, die auf globale Nachhaltigkeitsindizes wie etwa den MSCI SRI Index setzen.

Doch wie stellen Sie sich das Pantoffel-Portfolio zusammen? Wenn Sie Wert auf Sicherheit legen und zwischenzeitliche Verluste Ihnen Schweißperlen auf die Stirn treiben, stecken Sie 75 Prozent Ihres Geldes in sicheres Tages- oder Festgeld und nur 25 Prozent in Aktien-ETFs. Sie sind risikofreudiger oder sparen für Ihre Kinder oder Enkel und haben daher viele Jahre Zeit für Vermögensaufbau oder -verwaltung? Dann können Sie umgekehrt 75 Prozent in Aktien-ETFs investieren und 25 Prozent in Tages- oder Festgeld. Oder ist Ihnen die goldene Mitte lieber? Dann teilen Sie das Vermögen hälftig auf Aktien-ETFs sowie Tages- und Festgeld auf.

Die Renditen überzeugen

Ein höherer Anteil an international breit gestreuten Aktien-ETFs bietet langfristig zwar höhere Renditeaussichten, birgt aber auch ein höheres Risiko für zwischenzeitliche Rückschläge – wie zuletzt beim Corona-Crash im Frühjahr 2020. Mehr Tagesgeld bedeutet einen ruhigeren Verlauf. Zinsen lassen sich derzeit damit zwar nicht verdienen. Im Gegenteil: Wer zu viel Geld auf einem Tagesgeldkonto deponiert, läuft derzeit Gefahr, Negativzinsen zu berappen oder, wie es beschönigend heißt, Verwahrentgelte zu zahlen. Da hilft es nur, seine Zinsanlagen auf mehreren Konten bei mehreren Banken zu deponieren.

Wie hoch die Rendite Ihrer Finanztest-Strategie in Zukunft ausfallen wird, können Sie heute nicht wissen. Das hängt von den Börsenverläufen ab. Zudem kommt es darauf an, ob Sie einmal einen höheren Betrag anlegen oder nach und nach ansparen wollen. Und natürlich auch darauf, wie Sie das Chance-Risiko-Verhältnis für Ihr Portfolio steuern wollen. Eines war aber in der Vergangenheit trotz aller Crashs und Rückschläge immer der Fall: Die Renditen des Konzepts können sich sehen lassen. Hätten Sie 20 Jahre lang ab Mai 2000 jeden Monat 200 Euro in ein Pantoffel-Portfolio mit 50 Prozent Aktien-ETFs und 50 Prozent Tagesgeld gesteckt, wären daraus mehr als 77.000 Euro geworden. Mit reinem Tagesgeld hätten Sie es nur auf 52.600 Euro gebracht. Alles in einen ETF auf den MSCI World Index investiert, hätte Ihnen mehr als 100.000 Euro eingebracht – mehr als doppelt so viel wie eingesetzt. Sie hätten aber zwischenzeitlich auch herbere Kursschwankungen erlebt. Ein Pantoffel-Portfolio federt diese Schwankungen ab.

Noch ein wichtiger Hinweis: Wenn Sie sich für einen Pantoffel entschieden haben, erliegen Sie nicht der Versuchung, doch intelligenter als der Markt sein zu wollen. Verlieren Sie nicht die Nerven, wenn es an den Finanzmärkten rappelt. Wer Anteile inmitten eines Crashs verkauft, verliert meist. Sofern sich in Ihrem Leben nichts Wesentliches ändert, prüfen Sie Ihr Portfolio einmal jährlich. Sind die Bausteine bei der routinemäßigen Überprüfung in Ihrem Portfolio aus dem Gleichgewicht geraten, sollten Sie umschichten und Ihre ursprüngliche Gewichtung wiederherstellen. Handeln müssen Sie erst, wenn die Depotbestandteile zehn Prozentpunkte von der geplanten Zusammensetzung abweichen. Ansonsten tun Sie: gar nichts! Genießen Sie einfach die Bequemlichkeit Ihres Pantoffel-Portfolios.


Buchtipp


Brigitte Wallstabe-Watermann et al.:

Anlegen mit ETF, Stiftung Warentest 2020,

176 Seiten, 19,90 Euro