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Rotary Entscheider

„In Krisen ergeben sich Chancen, die wir suchen, finden und nutzen“

Rotary Entscheider - „In Krisen ergeben sich Chancen, die wir suchen, finden und nutzen“
Christoph Kulterer im Werk am Standort Sachsenburg, wo auch Schnittholz und Brettschichtholz produziert werden. © Martin Steinthaler/tinefoto.com

Holz ist zentraler Baustoff der Zukunft, der CO₂ speichert und in der Produktion deutlich weniger Emissionen als Stahl oder Beton verursacht. Christoph Kulterer ist überzeugt, dass Holz dazu beitragen kann, die globalen Klimaziele zu erreichen.

01.03.2025

Mit dem Brand am Stammsitz in Sachsenburg im Jahr 1998 klärt sich auch die Nachfolge bei Hasslacher, Christoph Kulterer steigt in den Familienbetrieb mit damals 90 Mitarbeitern ein. Parallel zur Entscheidung, das Unternehmen in neuer Form wieder aufzubauen, wird die Übernahme des deutlich größeren Mitbewerbers Feltrinelli-Drauland beschlossen. Seither nutzt die mittlerweile global agierende Hasslacher Gruppe mit rund 2000 Mitarbeitern Zeiten von Krisen regelmäßig zur strategischen Neuausrichtung. Übergeordnetes Ziel bleibt, die Wertschöpfungstiefe in der Produktion zu optimieren und innovative Geschäftsfelder zu eröffnen.

Ein global agierender Konzern ist verstärkt von globalen Ereignissen beeinflusst. Kaum im Amt, macht US-Präsident Donald Trump seine Drohung wahr und kündigt Zölle an. Wie werden sich diese protektionistischen Maßnahmen auswirken?

Solche Maßnahmen können Lieferketten unterbrechen und Preise beeinflussen. Für uns als international agierenden Zulieferer für Holzbauprodukte sind die USA ein wichtiger Markt geworden. Unter Einfuhrzöllen würde aber auch die eigene Wirtschaft massiv leiden, denn sie verteuern die Produkte für die US-Kunden. Die USA importieren rund ein Drittel ihres Holzbedarfs, 25 Prozent allein aus Kanada. Langfristig werden damit womöglich wieder Produkte wie Stahl und Beton im Bau forciert, die eine höhere Belastung des Klimas mit sich bringen.

Auch die Ukraine-Krise hat Ihr Unternehmen unmittelbar getroffen. Das Werk in Russland stand vor dem Ausbau, und jetzt ist es Geschichte.

Russland wurde in den 1990er Jahren durch meinen Schwiegervater als Rohstoffquelle erschlossen. Mit der Integration der Leitinger-Gruppe in unser Unternehmen übernahmen wir den Standort in Russland und bauten ihn weiter aus. Der Ausbruch des Ukraine-Kriegs veränderte dann alles. Wir waren dabei, in ein Brettschichtholzwerk zu investieren, und hatten bereits eine 9000 Quadratmeter große Halle gebaut. Die notwendigen Maschinen waren auf dem Weg, als Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine angriff. Wir hatten unglaubliches Glück, denn der Transport stand noch an der Grenze und konnte zurückgerufen werden. In den folgenden Monaten trafen uns nicht nur die internationalen Sanktionen hart. Auch die Lage für ausländische Unternehmen in Russland wurde immer unsicherer, und so entschieden wir, das Werk an eine russische Gruppe zu verkaufen, um einen strukturierten Ausstieg und eine Perspektive für die 300 Mitarbeiter vor Ort zu ermöglichen.

Welche strategischen Entscheidungen wurden dann notwendig?

Wir mussten uns neu ausrichten und entschieden, nach Nordamerika zu expandieren, wo wir den Ingenieurholzbau im Aufwind sehen. Durch unseren Einstieg bei Element 5, einem Produzenten von Brettsperrholzelementen in der Nähe von Toronto, konnten wir die für Russland geplanten Anlagen etwas adaptiert einsetzen. Diese Strategie steht exemplarisch für unsere Philosophie, auch in Krisenzeiten Chancen zu sehen und zu ergreifen. Unsere Vision ist es, langfristig zu denken und Möglichkeiten, die in Krisenzeiten auch entstehen können, für weiteres Wachstum zu nutzen. So wie es uns in den vergangenen zwei Jahrzehnten bereits mehrfach gelungen ist.

Eine mutige Entscheidung war bestimmt auch, dass Sie sich 2018 ein Jahr lang komplett aus dem Unternehmen herausgenommen haben. Wie kam das?

Neben der Verantwortung für das Unternehmen hatte ich über zwei Jahrzehnte hinweg viele öffentliche Funktionen inne. Ich war unter anderem Präsident der Industriellenvereinigung in Kärnten, Fachgruppenobmann der österreichischen Sägeindustrie sowie Pro-Holz-Obmann. Wir hatten gerade zwei Unternehmen gekauft und waren in einer Konsolidierungsphase, und meine Funktionen in den Interessenvertretungen liefen aus. Somit konnte ich vieles abschließen, und wir entschlossen uns als Familie, ein gemeinsames Jahr im Ausland zu verbringen. Die Wahl fiel auf London, wo ich ein Studium an der London Business School absolvierte. In diesem Jahr hat sich mein unternehmerischer Horizont nochmals erweitert.

Holz erlebt eine Renaissance als Baustoff. Welche Rolle kann Holz in der Einhaltung der globalen Klimaziele spielen?

Holz fasziniert mich, weil es ein nachwachsender Rohstoff ist, der unendlich viele Möglichkeiten bietet: Als innovativer, leistungsfähiger Baustoff, als Energieträger für die Erzeugung von Strom und Wärme oder Pellets, als Grundstoff für die Papier- und Holzwerkstoffindustrie oder auch immer mehr in der chemischen Industrie. Holz ist somit ein zentraler Baustoff der sogenannten Circular Economy und ein wichtiger Hebel im Kampf gegen den Klimawandel. Als dauerhafter Baustoff speichert es CO₂ und verursacht in der Produktion deutlich weniger Emissionen als Stahl oder Beton. Wir arbeiten weiter daran, mit unseren Holzbauprodukten aktiv zur Reduktion des globalen CO₂-Fußabdrucks beizutragen.

Wie kann Bauen mit Holz die Städte der Zukunft verändern?

Dank moderner Technologien ist Holz heute ein vielseitiger und sicherer Baustoff und hat das Potenzial, die Art und Weise, wie wir Städte bauen, zu revolutionieren. Hochfeste Leimholzträger ermöglichen den Bau von mehrgeschossigen Gebäuden, während vorgefertigte Holzbauelemente die Bauzeit deutlich verkürzen. Zudem ist Holz überraschend brandbeständig, da massive Holzelemente bei einem Brand nur langsam verkohlen und ihre Stabilität behalten. Das eröffnet neue Möglichkeiten, etwa für urbane Nachverdichtung oder die Erweiterung bestehender Gebäude.

Welche Projekte setzen Sie im Bereich Infrastruktur um?

Wir beschäftigen uns mit innovativen Lösungen wie Windkrafttürmen aus Holz oder vorgefertigten modularen Radwegen. Diese können schnell und nachhaltig gebaut werden, wie etwa bei unserem Partner URB-X in der Schweiz. Auch Brücken aus Holz und Überkopfträger für Autobahnen gehören zu unseren Projekten. Unser Ziel ist es, die vielfältigen Vorteile von Holz in neuen Anwendungen zu etablieren und damit aktiv zum Klimaschutz beizutragen.

Sie liefern das Holz für den Österreich-Pavillon bei der Weltausstellung in Osaka. Was bedeutet es, hier präsent zu sein?

Das ist eine großartige Gelegenheit, Österreich als Innovationsführer im Holzbau zu präsentieren. Der Pavillon bietet uns die Plattform, unsere Vision von Nachhaltigkeit und modernem Holzbau einem internationalen Publikum vorzustellen. Für die Hasslacher Gruppe ist dies nicht nur eine Ehre, sondern auch ein Zeichen dafür, dass wir international als Wegbereiter für die Zukunft des Bauens anerkannt sind.

Welche unternehmerische Vision verfolgen Sie langfristig?

Wir wollen die gesamte Wertschöpfungskette von der nachhaltigen Forstwirtschaft bis zu innovativen Holzprodukten optimieren. Holz hat das Potenzial, in vielen Bereichen fossile Rohstoffe zu ersetzen. Neben dem Bausektor, der unser großes Standbein ist, sehen wir – wie gesagt – auch Chancen in der Infrastruktur und etwa im Bereich der Windkraft. Die Beteiligung an Start-ups zeigt, wie wir Nachhaltigkeit mit Innovation verbinden. Mein Ziel ist es, ein global stabiles und zukunftsfähiges Unternehmen zu führen, das sich zu gewachsenen Werten wie Pioniergeist, Leistung, Innovation und gesellschaftlicher Verantwortung bekennt.

Von der Zukunft nochmals zurück zur Geschichte. Im kommenden Jahr feiern Sie 125 Jahre Hasslacher. Wie haben drei Unternehmergenerationen den Betrieb seit der Gründung 1901 entwickelt?

Mein Urgroßvater Jakob Hasslacher war ein Pionier seiner Zeit und schuf mit steter Erweiterung unserer Waldbestände das Fundament für künftiges Wachstum. Mein Vater Herbert Kulterer modernisierte das Unternehmen und richtete es technologisch neu aus. Unsere große Transformation vom Sägebetrieb zum Zulieferer für den modernen Holzbau begann nach dem verheerenden Brand am Stammsitz in Sachsenburg im Jahr 1998, in den ersten Jahren noch gemeinsam mit meinem Vater, später dann mit meiner Handschrift. Ich habe dabei vor allem die Internationalisierung vorangetrieben und die Erhöhung der Wertschöpfungstiefe bei unseren Produkten. Ich sehe mich so gesehen wieder als Pionier.

Das Gespräch führte Verena Hahn-Oberthaler.


Zur Person:

Christoph Kulterer, RC Spittal/Drau, formte aus einem Kärntner Sägebetrieb die global agierende Hasslacher Gruppe mit 2000 Mitarbeitern. 2018 ging er mit seiner Familie für ein Jahr nach London, um zu studieren und mit neuen Inspirationen zurückzukommen.