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Geldanlagen

Verantwortungsvoll investieren

Geldanlagen sollen nicht nur eine hohe Rendite bringen, sondern müssen auch ethischen und ökologischen Ansprüchen genügen

Cornelia Füllkrug-Weitzel29.12.2015

Der Markt für ethische Geldanlagen boomt. Immer mehr Investoren legen Wert darauf, dass ihre Anlage nicht nur eine ordent­liche Rendite abwirft, sondern auch ökologischen und ethischen Ansprüchen genügt. Im vergangenen Jahr ist in Deutschland das Volumen, das in nachhaltigen Investmentfonds und Mandaten angelegt wurde, um 70 Prozent auf eine Gesamtsumme von mehr als 127 Milliarden Euro gestiegen.

Dennoch beläuft sich der Anteil nachhaltiger Publikumsfonds und Mandate am Gesamtmarkt in Deutschland auf nur 2,2 Prozent. Dabei zahlen sich Investitionen in eine ökologische und faire zukunftsfähige Entwicklung für die Sparer wie für die Unternehmen aus. Wer in einer Zeit, in der der Einstieg in eine Weltwirtschaft mit weniger kohlestoffhaltigen Energieträgern eingeläutet ist, nach wie vor auf Investitionen in Kohle setzt, geht nicht nur fahrlässig um mit den Risiken einer weiteren Erderwärmung und – damit verbunden – mit dem wissenschaftlich anerkannten Risiko, Hunderte Millionen Menschen zur Klimamigration zu zwingen, sondern handelt auch ökonomisch unvernünftig.

Die vor wenigen Wochen von den UN beschlossenen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung setzen einen Rahmen dafür, welchen Weg die wirtschaftliche Entwicklung aller Staaten einschlagen muss, um Wohlstand für alle schaffen zu können, ohne damit die ökolo­gischen Belastungsgrenzen des Planeten zu sprengen. Neben den Kaufentscheidungen der Konsumenten sind es vor allem die Anlageentscheidungen von Finanzinvestoren, die entscheidende Anreize für eine sozial-ökologische Unternehmenspolitik und für eine gerechtere Gestaltung wirtschaftlicher Beziehungen setzen. Daher setzt sich auch Brot für die Welt dafür ein, hohe Standards für ein ökologisches und sozialverantwortliches Verhalten auf den Kapitalmärkten zur Geltung zu bringen. Anlass für unser Engagement in diesem Bereich war die Finanzkrise 2007/2008, durch die viele Menschen in armen Ländern Opfer des unethischen Handels der Akteure in den Finanzmarktzentren wurden: Die Armut nahm dramatisch zu.

Der globale Finanzmarkt kann und muss einer menschlichen Entwicklung und der Realwirtschaft dienen. Dies ist aber nicht nur eine ordnungspolitische Frage. Auch die Erwartungen institutioneller oder privater Geldanleger an ihre Finanzdienstleister, bei Geldanlagen soziale, menschenrechtliche und ökologische Kriterien zu beachten, können das Anlageuniversum verändern und einen Beitrag unter anderem zur Armutsbekämpfung leisten. Brot für die Welt hat daher differenzierte Kriterien für die entwicklungspolitische Bewertung von nachhaltigen Finanzanlagen ausgearbeitet.

Kontrolle des Kapitalverkehrs
Damit Investitionen auch entwicklungspolitisch wirksam werden können, reicht es nicht aus, zu beachten, dass Investitionen keinen Schaden anrichten dürfen. Vielmehr sollte auch sichtbar werden, dass zum Beispiel in Aktien angelegtes Geld entwicklungsfördernd wirksam wird, indem breitenwirksame Einkommen geschaffen, sozial nützliche Produkte erstellt oder einheimische Führungskräfte ausgebildet werden. Der Bedarf an entwicklungsfördernden Investitionen für die Überwindung der Armut und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist riesig. Umso schlimmer, dass viele Investments eher negative Auswirkungen auf Entwicklung, Menschenrechte und Umwelt mit sich bringen. So sind auch deutsche Unternehmen an gravierenden Menschenrechtsverletzungen und einer weiteren Senkung des Lohnniveaus in ohnehin armen Ländern beteiligt. Unfälle in Textilfabriken in Pakistan oder Bangladesch, die Vertreibung von Kleinbauern in Uganda oder Kinderarbeit und Pestizidvergiftungen auf usbekischen Baumwollfeldern sind nur einige Beispiele.

Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, wenn sie auch in nationale Aktionspläne umgesetzt werden, können zur Verankerung unternehmerischer Sorgfaltspflichten beitragen. Aber es braucht auch Regeln bei internationalen Kapitalverkehrskontrollen und in Steuerfragen, um Entwicklungserfolge armer Länder nicht ständig zu unterminieren. Aus den Entwicklungs- und Schwellenländern fließen jährlich mehr als 900 Milliarden US-Dollar an Kapital illegal ab. Diese illegitimen Finanzflüsse tragen wesentlich dazu bei, dass der Süden seit Jahrzehnten netto mehr Geld verliert, als er einnimmt: Jedem Dollar, den diese Länder durch Direkt- und Portfolio-Investitionen, durch Entwicklungshilfe und durch Rücküberweisungen von Migranten erhalten, stehen rund zwei Dollar gegenüber, die wieder abfließen. Dem Abbau des globalen Wohlstandsgefälles, einer wesentlichen Triebkraft für die Migrationsbewegungen unserer Zeit, dient dies gewiss nicht.

Ethische Geldanlagen, die auf entwicklungsförderliche Investitionen zielen, können einen Beitrag dazu leisten, die wirtschaftliche Situation und die Lebensbedingungen in ärmeren Ländern nachhaltig zu verbessern. Nur auf schnelle Gewinne zu setzen und dafür Menschenrechtsverletzungen, Löhne unter dem Überlebensniveau, Vertreibungen, Ressourcenkonflikte, Umweltzerstörung in Kauf zu nehmen, trägt definitiv dazu bei, dass noch mehr Menschen sichgezwungen sehen, in Europa Zuflucht zu suchen.

Cornelia  Füllkrug-Weitzel
Cornelia Füllkrug-Weitzel ist Präsidentin des Hilfswerks Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe. Von 2014 bis Ende Juni 2017 war sie Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung.