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Ein Denkanstoß zur Lösung des Griechenland-Problems

Wir brauchen den Eurobond

Wolfgang Münchau28.06.2011

Es gibt einen inoffiziellen Plan zur Lösung der Griechenland-Krise. Das sind die gerade in Deutschland so verhassten Eurobonds. Es gibt dazu keine wirklichen Alternativen, jedenfalls nicht, wenn man auf einen griechischen Staatsbankrott verzichten will. Natürlich können die Griechen ihrerseits jederzeit selbst entscheiden, die Reißleine zu ziehen und ihre Schulden nicht mehr zu bedienen. Und damit würden sich weitere Debatten erübrigen. Wenn sich die Griechen aber an die Auflagen halten, was dann?

Dann wird das Land weiter vom dem 110 Milliarden Euro Kredit zehren können, und einen weiteren Kredit erhalten, möglicherweise in einer Größenordnung von weiteren 100 Milliarden Euro. Diese Summe muss noch verhandelt werden. Dazu kommt noch das Kaufprogramm der EZB und die griechischen Staatsanleihen, die bei der EZB als Sicherheit hinterlegt werden. Bei einem gesamten Schuldenvolumen von 360 Milliarden Euro, heißt das, dass in wenigen Jahren zwei Drittel aller griechischen Staatsschulden in den Händen staatlicher Akteure liegen werden. Mittlerweile geht kaum noch ein unabhängiger Ökonom davon aus, dass Griechenland seine Schulden langfristig bedienen wird. Irgendwann wird das Land um eine Umschuldung nicht herumkommen. Aus binnenwirtschaftlicher Sicht ist der ideale Zeitpunkt der Moment, wenn das Primärdefizit – der Fehlbetrag ohne Zinszahlungen – ausgeglichen ist. Das wird voraussichtlich frühestens im Jahre 2013 der Fall sein. Dann gibt es drei Möglichkeiten, wie die Mitgliedsstaaten auf eine Umschuldung reagieren könnten. Man könnte die Verluste durch die Zentralbank auffangen. Das wird aber die EZB nicht zulassen. Man könnte die Verluste durch haushaltspolitische Transfers bezahlen. Das werden die Mitgliedsstaaten nicht wollen. Und als dritte Lösung bietet sich die Schaffung eines Eurobonds an. Der europäische Rettungsschirm ESM würde Eurobonds in der Höhe der nominalen Verluste emittieren, die dann von den Mitgliedsstaaten in den darauffolgenden Jahren gemeinsam bedient werden. Man kann sich noch weitere technische Konstruktionen vorstellen, zum Beispiel ein Aufkaufprogramme in Sekundärmärkten, so dass man den Eurobond mit einer Privatsektorbeteiligung kombinieren kann. Mit diesen Programmen wird ein Großteil der griechischen Schulden sozialisiert. Der Euroraum würde damit zwar nicht zu einer zwischenstaatlichen Transferunion, so doch zu einer Fiskalunion. Und wenn man einmal so weit geht und den Eurobond einführt, dann wird man sich unweigerlich fragen: Wie verhindert man, dass nationale Regierungen auf Kosten der Allgemeinheit neue Schulden machen? Man wird also deren Macht formell beschränken wollen. Die Krisenpolitik wird uns mit der Zeit in eine mehr oder weniger befriedigende Fiskalunion führen. Das Ziel einer Fiskalunion ist aber richtig. Ohne sie ist eine Währungsunion nicht von Bestand. Über den Weg kann man sicher streiten.

Wolfgang Münchau
Wolfgang Münchau ist Direktor des Wirtschaftsinformationsdienstes „Eurointelligence.com“ und Associate Editor der „Financial Times“. Er war einer der Gründer der „Financial Times Deutschland“ und von 2001 bis 2003 deren Chefredakteur. eurointelligence.com

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