Rotary Aktuell
Fit für die Zukunft
Mit einer Gewerbeschule gestaltet die Schülerhilfe für Nepal e. V. (SHN) jetzt auch Berufsbildungsstrukturen in einem der ärmsten Länder Asiens.
Eine Berufsschulausbildung, wie wir sie kennen, gibt es in Nepal nicht. Es werden zwar Kurzlehrgänge von sechs bis zwölf Wochen für einzelne Berufszweige angeboten, doch der damit erzielte Standard reicht oft nicht für die berufliche Praxis aus. Gut ausgebildete Fachkräfte werden aber auch in Nepal dringend gesucht, insbesondere für die immer noch andauernden Wiederaufbauarbeiten nach den schweren Erdbeben im Jahr 2015.
Bildung für 3500 Kinder
Die SHN unterstützt seit mehr als zehn Jahren in verschiedenen Projekten das staatliche Bildungssystem in Nepal. Mehr als 1,4 Millionen Euro hat der Verein bisher investiert und neun Schulen für rund 3500 Kinder gebaut – hauptsächlich in ländlich abgelegenen Regionen, um auch hier den Mädchen und Jungen eine Bildungschance zu bieten. Basis für diese erfolgreiche Entwicklung ist die langjährige Freundschaft zwischen dem Vorsitzenden der Schülerhilfe, Jörg Bahr (RC Murnau-Oberammergau), und dem nepalesischen Architekten und Künstler Rabindra Puri (RC Bhaktapur).
Bahr und Puri befassten sich schon seit Längerem mit der Frage, wie der weitere Lebensweg der über die SHN schulisch ausgebildeten Kinder aussehen könnte. Das deutsche Berufsschulsystem gab hierauf eine passende Antwort. Und so entwickelten die Initiatoren in Absprache mit der nepalesischen Regierung ein Konzept für eine staatlich anerkannte Gewerbeschule, die von 2015 bis 2018 in Bhaktapur errichtet wurde. Betreiber dieser „Nepal Vocational Academy“ ist die „Rabindra Puri Foundation for Conservation“, eine von der nepalesischen Regierung als gemeinnützig anerkannte Stiftung. Im Beisein des nepalesischen Bildungsministers Giriraj Mani Pokhrel, des deutschen Botschafters Roland Schäfer sowie von Bahr und einer Gruppe von Projektunterstützern fand die feierliche Eröffnung im April letzten Jahres statt. Seit August 2018 läuft der Lehrbetrieb.
Ausgerichtet am Bedarf des Marktes
Das Konzept sieht vor, möglichst viele Absolventen der SHN-Schulen nach erfolgreichem Schulabschluss an die Gewerbeschule zu vermitteln. So ist es auch für Jugendliche aus armen Familien möglich, einen konkreten Beruf für eine sichere Zukunft zu erlernen. Die Ausbildung dauert zwölf Monate und endet mit einer Prüfung unter Aufsicht des jeweils zuständigen nepalesischen Ministeriums und mit einem staatlich anerkannten Zertifikat. Das Angebot der Lehrberufe orientiert sich dabei an aktuellen Bedarfen des nepalesischen Arbeitsmarktes.
So werden bis Ende dieses Jahres mit der ersten Klasse 15 Schüler zu Tischlern und Holzschnitzern ausgebildet. Als angehende Elektriker und Installateure befinden sich je 20 Schüler aktuell in der Ausbildung. Ab 2020 wird die Zahl der Lehrlinge sukzessive auf 150 erhöht. Hinzu sollen weitere Berufsfelder wie etwa Maurer und Schneider/in kommen. In vier Werkstätten und vier Klassenräumen findet der Unterricht statt. Zeitweise bringen sich auch deutsche Handwerksmeister beratend in die Ausbildungskonzepte mit ein. Die Ausbildungs- und Unterbringungskosten in Höhe von 400 Euro pro Lehrling pro Ausbildungsjahr werden bis auf Weiteres von der SHN übernommen.
Schule Nummer zehn in Planung
Die Gewerbeschule Bhaktapur ist das bisher größte und anspruchsvollste Projekt des Vereins. Die Kosten für Gebäude und Einrichtung mit modernem Lehrmaterial, Schulmöbeln, Werkstätten, einer Kantine und mehr betragen mehr als 500.000 Euro. Finanziert wurde dieses Großprojekt über zwei Global Grants sowie über Spenden von elf deutschen und einem Schweizer Rotary Club sowie 19 Einzelspendern.Bahr bleibt mit seinem Verein SHN weiterhin voll engagiert: „Ab Herbst bauen wir Schule Nummer zehn – wieder mit Unterstützung von Rotary. Wir bewegen was!“
Julia Seifert