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Bayreuth

Emil, Lebensretter auf vier Beinen

Bayreuth - Emil, Lebensretter auf vier Beinen
Emil ist ganz knuffig. Sein Mensch, der kleine Oscar, und dessen Mama, Nicola Schmale, freuen sich, ihn seit dem Winter bei sich zu haben. Mit auf dem Foto ist RC-Präsident Arnold Gloyer. © privat

Die Krankenkasse bezahlt keinen Rettungshund für Oscar. Das übernehmen die Rotarier aus Bayreuth.

29.05.2017

Der Umgang mit diesem Hund ist ungewöhnlich. Man möchte ihn gerne streicheln. Soll aber nicht. Man möchte ihn gerne begrüßen. Muss ihn aber ignorieren. Was schwer fällt. Emil, der junge Golden-Retriever-Rüde, wird der Lebenshelfer von Oscar. Denn der achtjährige Bub ist an Epilepsie erkrankt. Die Ausbildung des Hundes bezahlt der RC Bayreuth. 

Oscar ist ein fröhlicher Kerl. Entwaffnend offen geht er damit um, was sein Leben vor knapp einem Jahr radikal geändert hat. "Ich habe Epilepsie", sagt er. "Und Emil wird mein Begleithund.“. Emil sitzt neben Oscar, Oscars Mutter Nicola Schmale (40) hat Emil an der Leine. Er soll nicht herumtoben. Denn Emil "hat eine Aufgabe". Oscar kuschelt mit Emil, streichelt ihn, Emil stupst ihn an, Oscar kichert. "Emil ist voll in der Pubertät", sagt Nicola Schmale. Aber er ist erstaunlich entspannt für einen so jungen Hund. Weil Nicole Schmale intensiv mit ihm trainiert. "Vier bis fünf Mal am Tag. Seit er 15 Wochen alt ist."

Schicksalsschlag als Auslöser

Der Grund für die Erkrankung Oscars ist unklar. "Epilepsie kann jeden treffen", sagt Nicola Schmale. Als ein möglicher Auslöser jedoch steht der Schicksalsschlag im Raum, der Oscar, seine zwei Schwestern und seine Mutter am 20. November 2012 traf. Michael, der Vater, starb mit 37 Jahren vollkommen unerwartet auf einer Dienstreise für seinen Arbeitgeber Tennet. "Oscar und Michael hatten eine sehr enge Bindung." Oscar wechselt ganz normal vom Kindergarten in die Schule, hat seine Freunde, spielt Fußball, ist mit seinem Roller oder mit dem Rad unterwegs.

"Als die Krankheit 2015 an Ostern ausgebrochen ist, waren plötzlich viele Wege, die er vorher allein gegangen ist, nicht mehr möglich", sagt seine Mutter. Spielen mit anderen Kindern - ging nicht mehr. Allein irgendwo hin laufen - ging nicht mehr. Denn Oscar hat viele Anfälle. Täglich. "Die Grand-Mal-Anfälle - die Krampfanfälle - kommen vor allem in der Nacht. Tagsüber hat er atypische Absencen: Er läuft einfach weiter, ohne dass er merkt, dass er es tut."

Oscar muss die Schule wechseln, weil die vielen Kinder in der Klasse für ihn zu viel sind. Er hat eine Schulbegleiterin. "Die macht das sehr liebevoll. Sie ist in der Schule Oscars Stütze. Als Junge mag man ja nicht überall die Mama dahinter haben." Und seine Mutter recherchiert, wie Oscar sonst noch geholfen werden kann: So kommt der Hund ins Spiel. "Die Idee ist, dass Emil das übernimmt." 

ZWEI JAHRE AUSBILDUNG FÜR DIE HILFE

Emils Ausbildung dauert zwei Jahre und kostet rund 20.000 Euro. Der Ausbilder, Erik Kersting, sitzt in der Nähe von Aachen. Zu ihm fährt Nicola Schmale in regelmäßigen Abständen. Die Kosten übernimmt keine Krankenkasse. "In Belgien ist man weiter. Da wird die Ausbildung gefördert. Bei uns bekommt man keinerlei Unterstützung." Nicola Schmale, die als Grundschullehrerin arbeitet, hätte das Geld selbst aufbringen müssen. Wenn nicht ihre Chefin Hannelore Blüchel Kontakt zum Rotary-Club Bayreuth geknüpft hätte.

Der Präsident des Clubs, Arnold Gloyer, muss nicht lange überzeugt werden. "Uns war schnell klar, das machen wir zu unserem Jahresprojekt. Wir zahlen die Ausbildung. Weil das eine äußerst sinnvolle Sache ist", sagt Gloyer. 15.000 Euro kommen von Rotary, 5000 Euro steuern die Mitarbeiter von Tennet bei, dem Unternehmen, bei dem Michael Schmale gearbeitet hat.

Wenn die Ausbildung beendet ist, soll Emil seinen Freund Oscar überall hin begleiten können. Soll ihn unterstützen, ein normales Leben zu führen. "Wenn Oscar einen Anfall hat, soll er ihn am Hals ablecken. Dort ist Oscar sehr kitzlig, wacht deshalb schneller wieder auf." Liegt Oscar auf dem Rücken, soll Emil vom Kopf beginnend hinter Oscars Rücken kriechen und ihn in der Seitenlage stabilisieren, indem er sich hinter den Rücken legt. Auch das lernt Emil in den Trainingseinheiten. In seinem Geschirr trägt Emil ein Notfall-Medikament. Und: "Er soll lernen, Hilfe zu holen, wenn Oscar nicht aufwacht." Später soll er vor Oscars Bett schlafen, soll eingreifen, wenn "sein Mensch" einen Anfall bekommt.