Gelsenkirchen
Gemeinsam funktionalen Analphabeten helfen
Worte, Sätze oder Texte können für andere Menschen eine Bedrohung sein. Gut sieben Millionen funktionale Analphabeten gibt es in Deutschland. Der RC Gelsenkirchen-Buer will mit Aktionen unter den Titel "Gemeinsam für mehr Spaß am Lesen und Schreiben" positiv auf die Menschen, die Buchstabenstolpersteine im Kopf haben, zugehen.
Jeder der schreiben und lesen kann, macht sich darüber keine Gedanken und liest oder schreibt am Tag viele Worte, Sätze, Texte. Ohne auch nur auf die Idee zu kommen, dass diese Worte, Sätze, Texte für andere Menschen eine Bedrohung seien könnten. Funktionale Analphabeten haben viele Ausreden, um nicht mit ihrem Handicap konfrontiert zu werden. Eine der wichtigsten ist es, dass man seine Brille vergessen habe. Gut sieben Millionen funktionale Analphabeten gibt es in Deutschland. Etwa 20.000 davon wohnen in Gelsenkirchen. Der RC Gelsenkirchen-Buer hat die Jahre 2021 und 2022 unter den Titel: "Gemeinsam für mehr Spaß am Lesen und Schreiben" gestellt und versucht, positiv auf die Menschen, die Buchstabenstolpersteine im Kopf haben, zuzugehen.
Mit einer kleinen Ausstellung in Buer hat die Aktion angefangen. Jetzt waren Juliane Averdung und Agnieszka Jaworska vom ALFA mobil aus Münster zusammen mit Lernbotschafter Oli aus Essen zu Besuch in Gelsenkirchen. Die drei Profis beschäftigen sich seit langem mit dem Thema Analphabetismus. Wenn auch aus unterschiedlicher Perspektive. Denn Oli ist kein Pädagoge, sondern einer von den Millionen Menschen, die Worte weder lesen noch schreiben können. Er ist seit sechs Jahren mit dabei. Und er kann gefragt werden, wie es denn ist, wenn man sich ausgeschlossen fühlt, aus der Welt der Literalität. Die Geschichten, die Oli erzählt, sind frei von Selbstmitleid, aber voller Motivation und Worten wie Kampf. Eine Geschichte ist besonders berührend. Die Geschichte von Olis Hochzeit. Da stand er vor dem Standesbeamten und konnte "Ja" sagen, aber nicht seinen Namen unter die Urkunde setzen. Das war für die ganze Familie eine furchtbare Situation. Aber Oma ließ Oli nicht alleine und verteidigte ihn, nahm ihn in Schutz und stand zu ihrem Enkel. Das motivierte. Und Oli fing an, sich eine neue Welt zu erschließen.
Der RC Gelsenkirchen-Buer, Präsident Peter Lecher und das Alphabetisierungs-Team haben gerade erst angefangen. Zum Paket gehört neben der Ausstellung und der Einladung des ALFA mobils, auch die Kooperation mit der Stadt Gelsenkirchen. Karin Welge ist Schirmherrin der Aktion und sie ist es gern. Bildung ist das Thema der Oberbürgermeisterin. Sie weiß, dass die Menschen in der Stadt die besten Chancen haben, wenn man in die Bildung der Kinder und der jungen Erwachsenen investiert. Im Kooperationspaket sind auch durch den RC Gelsenkirchen-Buer finanzierte VHS-Kurse und Tablets, die den Zugang zur geschriebenen Schrift erleichtern sollen.
Iris Nowacki