Hamburg
Von Iowa in die Welt: die Peace-Pipe-Letters
Die Peace-Pipe-Letters des US-amerikanischen RC Keokuk von 1931 haben nichts an ihrer Aktualität eingebüßt. Zum Geburtstag Rotarys am 23. Februar 1905 erinnerte der aus Flensburg stammende Rotarier Joachim (Yogi) Reppmann an die Briefe und ihre Botschaft.
In unseren Breiten ist "Abwarten und Tee trinken" ein geflügeltes Wort, das der Hoffnung Ausdruck verleiht, dass das Befürchtete schon nicht so schlimm kommen und sich sicherlich noch alles zum Guten wenden wird. Bei den Indianern dagegen ist es seit jeher Brauch, zur Konfliktbewältigung und Überwindung von Ressentiments und friedensgefährdenden Ausweglosikeiten eine Friedenspfeife zu rauchen. Dazu laden sie diejenigen ein, mit denen sie eine friedliche und bestenfalls einvernehmliche Verständigung anstreben.
1931, einem Jahr, das weltweilt von den Folgen der Weltwirtschaftskrise geprägt war und Nationalismen, menschenverachtenden Ideologien und faschistischen Strömungen einen fruchtbaren Boden bot, schickte der RC Keokuk/Iowa 496 Briefe in die unruhige Welt hinaus. Sie gingen als Peace-Pipe-Letters in die (Club-)Geschichte ein. Die Peace-Pipe-Letters schickten die Rotarier an alle damaligen Rotary Clubs. Sie nahmen Bezug auf den indianischen Brauch des Friedenspfeife-Rauchens.
Häuptling Keokuk wollte Frieden
Das kam nicht von ungefähr. Die Stadt Keokuk ist nach dem gleichnamigen Häuptling Keokuk (ca. 1785-1848) der Sauk-Indianer (auch Sac-Indianer) benannt, der ein Befürworter des Friedensschlusses mit den weißen Siedlern war. Er vermochte es, die durch seinen Gegenspieler Black Hawk provozierten Auseinandersetzungen mit der US-Regierung zu befrieden.
88 Jahre später, 2019, wiederholte der RC Keokuk diese Geste mit Blick auf die transatlantischen Beziehungen und schrieb gezielt an die deutschen Freunde, die 88 Jahre zuvor auf die Post aus den USA geantwortet hatten.
Die Peace-Pipe-Letters von 1931/32 und 2019 sind – damals wie heute – ein Zeichen des Friedens, der Freundschaft und der Völkerverständigung. Und vielleicht sind sie auch ein Zeichen der Hoffnung, dass das, was für diese Werte eine Bedrohung darstellt, niemals die Oberhand gewinnen darf, und dass Frieden mehr ist als nur die Abwesenheit von Krieg. Ein jeder von uns ist gefordert, im Kleinen wie im Großen, lokale, regionale, nationale und globale Missstände zu beheben, Wandel zu gestalten und Veränderung durch Mut und Eigeninitiative überall dort keimen zu lassen, wo Gewalt und Verrohung sich auszubreiten und einzurichten drohen.
Die Briefe sind Ausdruck eines Selbstverständnisses, dass Menschen Verantwortung für einander tragen und für das, was sie umgibt. Das gilt vor allem in einer immer abstrakteren, für viele von uns weniger greif- und begreifbaren Zeit. Diese ist digitalisiert, (selbst-)optimierend, schnelllebig und unverbindlicher. Sie führt bei vielen Menschen zu gesellschaftlicher Isolation und Vereinsamung. Daher ist menschliche Nähe von größerer Bedeutung denn je.
Flensburger entdeckte die Antworten
Zu den deutschen Clubs, die 1931/32 auf die Briefe aus Keokuk geantwortet hatten, zählten Berlin, Braunschweig, Magdeburg, Leipzig, Dresden, Aachen, Darmstadt, Mannheim, Nürnberg, Heilbronn, Karlsruhe, Stuttgart, Baden-Baden und München. Aus dem heutigen D1890 war kein Club dabei. Und doch gibt es eine Verbindung, der Rauch der Friedenspfeife zieht auch in unsere Gefilde: Der gebürtige Flensburger Joachim (Yogi) Reppmann, ist jährlich für sechs Monate im RC Northfield/Minnesota und den Rest des Jahres beim RC Flensburg Mitglied. Gemeinsam mit Tony Conn vom RC Keokuk entdeckte er 2016 die wertvollen Antwortbriefe aus dem Jahr 1932 in
einem Banksafe – westlich von Chicago. Kurz vor der World Convention in Hamburg waren alle Schreiben auf 330 Seiten unter dem Titel "Die Peace-Pipe-Briefe 1931/32 & 2019 – Letters to Friends" publiziert.
Seitdem hält Reppmann vielerorts seinen Vortrag "Demokratien unter Druck: Die Peace-Pipe-Briefe, 1931-2021 – Nationalismus damals und jetzt". Erst kürzlich, zeitlich passend zum Geburtstag Rotarys am 23. Februar, begeisterte er damit via Zoom den RC Altes Land Jork. "Auch heute ist die Welt erneut von Unruhe geprägt. Die globale Ordnung der vergangenen Jahrzehnte zeigt Auflösungstendenzen – deshalb ist die Idee der Friedenspfeife aktueller denn je", sagt Yogi Reppmann über seine Motivation mit den Peace-Pipe-Letters auf Lese- und Vortragstour zu gehen. "Alle Rotariererinnen und Rotarier sollten sich vor dem Hintergrund der Friedensbriefe von 1932 ermutigt fühlen, mit ihren rotarischen Freundinnen und Freunden Haltung zu zeigen, um unsere rotarischen Werte zu äußern und gleichzeitig den Feinden der Demokratie zu begegnen."
Juliane von der Wense
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