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Kommerzielles Fundraising

Erlaubt ist, was fair für alle ist

Immer mehr Nichtregierungsorganisationen konkurrieren um Zuwendungen. Deshalb hat sich das Fundraising im gemeinnützigen Sektor stark professionalisiert. Auch Rotary orientiert sich neu und geht strategische Partnerschaften mit Unternehmen ein, von denen beide Seiten profitieren

Gundula Miethke29.08.2011

Tue Gutes und eröffne anderen die Möglichkeit, ihre Kompetenzen mit einzubringen – welche Forderung könnte rotarischer sein? Doch was andere gemeinnützige Organisationen schon länger praktizieren, setzt sich bei Rotary erst allmählich durch. Insbesondere strategische Partnerschaften mit Wirtschaftsunternehmen haben zumindest in der deutschen Rotary-Familie immer noch den Ruf des Anrüchigen. Man will nicht den Eindruck erwecken, der Serviceclub, der sich Integrität und selbstloses Dienen auf die Fahnen geschrieben hat, sei in Wahrheit ein Klüngelverein. Diese Bedenken müssen berücksichtigt werden. Allerdings war Wirtschaft schon immer ein Teil der Gesellschaft und sie wird es zukünftig immer mehr werden. Viele deutsche Bürger erwarten, dass die Wirtschaft auch gesellschaftliche Verantwortung übernimmt. Umgekehrt erkennen Unternehmen zunehmend, dass externe Entwicklungen in ihrem Umfeld als „weiche“ Standortfaktoren für ihr unternehmerisches Handeln an Bedeutung gewinnen. Bereits 68 Prozent der Unternehmen weltweit nutzen das Konzept „Corporate Social Responsibility (CSR)“ als geschäftliche Chance und Wachstumsplattform, gab das IBM Institute for Business Value 2008 bekannt. Und laut Berechnungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) haben von 2006 bis 2008 gut 2,1 Millionen deutsche Mittelständler (58 Prozent) in CSR-Aktivitäten investiert. Insgesamt beliefen sich ihre CSR-Ausgaben auf sechs Milliarden Euro pro Jahr.

Für Rotary am unbedenklichsten sind sicherlich Partnerschaften, bei denen das Unternehmen seine Kernkompetenzen direkt und unterstützt von den Kompetenzen Rotarys als gemeinnütziger Organisation in das jeweilige Projekt einbringt. Wohl deshalb ist die langjährige Kooperation von Rotary, UNICEF, der Weltgesundheitsorganisation, den US Centers for Disease Control and Prevention und einigen Pharmakonzernen im Rahmen der Global Polio Eradication Initiative (GPEI) unumstritten.

Pharmaindustrie als Partner

Als die Initiative 1988 ins Leben gerufen wurde, waren sich die verantwortlichen vier Nichtregierungsorganisationen einig, dass sie nur mit der Unterstützung der Pharmaindustrie erfolgreich sein könnten. „Heute arbeiten wir mit GSK, Panacea, Bio Farma, Novartis und Sanofi Pasteur zusammen, die uns die Impfstoffe zu einem sehr günstigen Preis zur Verfügung stellen. Aktuell liegt er bei ungefähr zwölf US-Cent pro Dosis“, sagt Carol Pandak, PolioPlus Division Manager bei Rotary International. Durch professionelle Partnerschaften dieser Art könne RI viel mehr erreichen und bei Regierungen größere Aufmerksamkeit wecken. Der französische Pharma-Konzern Sanofi Pasteur ist ein GPEI-Partner der ersten Stunde. „Als Impfstoff-Entwickler und als Wirtschaftsunternehmen müssen wir mit unseren Produkten natürlich Gewinne erzielen. Um dennoch auch Menschen in armen Regionen einen Zugang zu unseren Impfstoffen zu gewährleisten, haben wir mit unseren GPEI-Partnern gestaffelte Preise vereinbart, die an die Zahlungskraft der jeweiligen Länder angepasst sind. Das ist unser Beitrag zur globalen Solidarität“, erklärt Julia Jara, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit von Sanofi Pasteur. Eine gesunde Bevölkerung sei eine produktivere Bevölkerung, was der Weltwirtschaft und schließlich auch dem eigenen Unternehmen zugutekomme. Eine weitere für beide Seiten effektive Kooperation im Bereich CSR ist das „Zweckgebundene Marketing“ (Cause Related Marketing). Dabei wird der Verkauf von Produkten und Dienstleistungen unmittelbar mit der Unterstützung eines sozialen Zwecks oder einer gemeinnützigen Organisation verbunden. Der Produktnutzen wird für den Konsumenten also erweitert. Das erste Mal tauchte der Begriff in den USA auf. 1983 warb American Express damit, dass während eines bestimmten Zeitraums für jede Nutzung seiner Kreditkarten ein US-Cent an den Fonds zur Restaurierung der Freiheitsstatue gespendet werden würde. Am Ende flossen insgesamt 1,7 Millionen US-Dollar für den guten Zweck.

Die Rotary MasterCard

Nach demselben Prinzip funktioniert die Rotary MasterCard, die seit diesem Jahr auch deutschen Rotariern zur Verfügung steht (siehe Artikel Heft 7/2011). Past-Direktor RI Ekkehart Pandel (RC Bückeburg) beschreibt den Vorteil für Rotary so: „Jeder Rotarier kann durch Erwerb und Nutzung der Kreditkarte die Deutsche Bank zum Sponsoren der Rotary Foundation machen. Warum sollten wir uns diese Möglichkeit, an zusätzliche Spenden zu kommen, entgehen lassen?“ Past-Gov. Karl Steidle (RC Singen, Hohentwiel), der die Einführung der Karte in Deutschland maßgeblich organisiert hat, betont, dass dieser Rahmenvertrag den rotarischen Nutzern keine persönlichen Vorteile verschafft. Die Jahresgebühren entsprechen den üblichen Preisen. „Obendrein werden die MasterCards mit dem Rotary-Rad den Bekanntheitsgrad unserer Organisation steigern.“

Ähnliches Selbstverständnis

Welchen besonderen Stellenwert Rotary für die Deutsche Bank hat, belegt die Tatsache, dass das vielfältig engagierte Kreditinstitut sonst mit keiner anderen NGO einen solchen Rahmenvertrag vereinbart hat. „Rotary ist eine internationale Organisation wie wir und ist bekannt für seine humanitären Dienste und seinen Einsatz für Völkerverständigung. All das kommt dem Selbstverständnis und den Werten der Deutschen Bank sehr entgegen und bildet eine gute Grundlage für eine Kooperation auf Augenhöhe“, erläutert Kati Krause, die das Produktmanagement Karten für Privat- und Geschäftskunden der Deutschen Bank leitet.

Zum sozialen Engagement des Konzerns gehören zum Beispiel Projekte in den Bereichen Bildung, Kunst und Musik sowie die Unterstützung von freiwilligem Engagement von Mitarbeitern. „Die rotarischen Projekte, die wir nun durch die Rotary MasterCard unterstützen, sehen wir als willkommene Ergänzung unserer eigenen Projekte“, sagt die Pressesprecherin der Deutschen Bank, Anke Veil. Am erfolgreichsten sind CSR-Partnerschaften, bei denen Marke, gemeinnützige Organisation und Projekt zusammenpassen.

Ebenfalls nach dem „Cause Related Marketing“-Modell sind die T-Mobile-Rahmenverträge für Rotary-Mitglieder aufgebaut. Allerdings wurden – wie bei anderen großen Abnehmergruppen sonst auch üblich – Sonderkonditionen gewährt. „Auf meine Anregung hin bekamen Rotarier Businessverträge zu günstigeren Konditionen und einen Rabatt von 20 Prozent auf die Endgeräte. Ich habe als Initiator dieser Partnerschaft natürlich auf meine Provision verzichtet und dafür ausgehandelt, dass die Telekom für jeden Neuvertrag und pro Vertragsverlängerung einen Teil an Rotary spendet zugunsten jeweils zu benennender Projekte“, erklärt Ass.-Gov. Peter Weidert (RC Bonn Süd-Bad Godesberg).

Projektförderung

So kamen 2004 und 2008 jeweils rund 4000 Euro zusammen, die von der Telekom sogar noch auf je 8000 Euro verdoppelt und an die German Rotary Volunteer Doctors (GRVD) beziehungsweise an ein Wasserprojekt des Dis­trikts 1810 in Nigeria gespendet wurden. In einer dritten Aktion wurden die Verträge samt iPhone angeboten. Von jedem iPhone-Vertrag gingen 200 Euro auf das Konto von PolioPlus. Insgesamt waren es 13.600 Euro, die der Telekom-Vorstand auf 18.000 Euro aufstockte. Alles in allem brachte diese Partnerschaft 34.000 Euro für rotarische Projekte ein. „Mein Clubfreund Peter Weidert und ich haben damals überlegt, wie man Rotarier anregen könnte, sich mit moderner Technologie in der Telekommunikation zu beschäftigen, und wie man gleichzeitig rotarische Projekte fördern könnte“, beschreibt Timotheus Höttges (RC Bonn Süd-Bad Godesberg), Finanzvorstand der Deutschen Telekom, die Motivation der Initiatoren. Partnerschaften dieser Art hält Timotheus Höttges für sehr effektiv. Alle Beteiligten gewännen dabei: Rotarier können sich über einen günstigen Tarif freuen, die Projekte werden durch Spenden unterstützt und die Telekom habe neue Kunden gewonnen oder alte Kunden binden können.

Vier-Fragen-Probe als Kontrolle

„Natürlich gab es anfangs Bedenken gegen diese Partnerschaft, weil Rotarier ja auch persönlich davon profitieren. Aber die positiven Stimmen haben dann doch überwogen. Schließlich steht es jedem frei, das, was er durch die Sonderkonditionen gespart hat, selbst wieder an ein Rotary-Projekt zu spenden“, meint Peter Weidert. Er selbst hat übrigens die gesamte Abwicklung der Verträge ehrenamtlich geregelt.

Das Thema CSR-Partnerschaften ist bei Rotary angekommen. Man mag dieser Entwicklung kritisch gegenüberstehen, sollte sich aber dennoch die Zeit nehmen, um die vielfältigen Formen von CSR-Aktivitäten und die Vorteile für rotarische Projekte auszuloten. Wichtig ist, darauf zu achten, dass das Unternehmen, mit dem man eine Partnerschaft anstrebt, vertrauenswürdig ist und eine glaubwürdige und ausgewogene CSR-Strategie verfolgt. Rotary hat das ultimative Kontrollinstrument dafür: die Vier-Fragen-Probe.