https://rotary.de/gesellschaft/coronapandemie-ein-katalysator-fuer-die-clubentwicklung-a-16775.html
Rotary Aktuell

Coronapandemie – ein Katalysator für die Clubentwicklung

Eine Umfrage des Arbeitskreises Werte.Bildung.Beruf gibt interessante Einblicke ins aktuelle Clubleben, zeigt sowohl clubinterne als auch nach außen gerichtete Chancen für den Berufsdienst auf und gibt Hinweise für Transformation.

01.10.2020

2020, coronapandemie, oktober,

Die Reaktionen waren höchst unterschiedlich. Manche Clubs stellten ihre Meetings komplett ein, zumindest kurzfristig. Andere führten sie von jetzt auf gleich online durch oder organisierten Hybrid-Meetings. Vor dem Hintergrund der individuell gemachten Erfahrungen und dem Wunsch nach einem möglichst intensiven, persönlichen Austausch drängt sich für sie alle nun die Frage auf, wie die Entwicklung weitergeht und welche Formen beibehalten werden sollten.

Präsenz-, Hybrid- oder Online-Treff?

Das rotarische Treffen als Präsenz-, Hybrid- oder Online-Meeting ist nur auf den ersten Blick eine Frage der jetzigen Situation und hat nichts mit vorsichtiger oder mutiger Herangehensweise zu tun. Hier werden bekannte Prozesse des Strukturwandels aus der Arbeitswelt abgebildet, in der flache Hierarchien, schnelle Treffen und das Arbeiten in sich stetig wandelnden Arbeitsgruppen schon längst verbreitet sind. Das Arbeiten im Netzwerk bindet vielfältige Erfahrungen ein, dient der gegenseitigen Inspiration und verstärkt die Wirkung. Über 40 Prozent der Befragten haben ein sehr hohes und hohes Interesse an einem Austausch mit anderen Berufsgruppen über die Grenzen des Clubs hinaus. Online- Seminare, Vernetzung und berufsgruppen-übergreifender Erfahrungsaustausch, Vermittlung von Referenten und Austausch über Best-Practice-Modelle werden von über 60 Prozent der Befragten gewünscht.

2020, coronapandemie, oktober,

Das ist eine Rückbesinnung auf das Zentrum der rotarischen Idee – transponiert in die heutige Zeit. Allerdings müssen die entsprechenden Formen und Rahmenbedingungen sich noch entwickeln und eingeübt werden. So werden Informationen über interessante Online-Meetings anderer Clubs, gerne auch in größerer räumlicher Distanz und mit Einwahldaten, gewünscht. „Wir sind ein ‚junger‘ Club – die oberste Sprosse auf der Karriereleiter ist für die meisten noch nicht erreicht; daher sind Treffen von Mitgliedern unterschiedlicher Berufsgruppen und hierarchischer Position hilfreich und interessant“, lautete einer der Kommentare zu der Grafik rechts, bei der nach dem Bedarf an Unterstützung durch den Distrikt gefragt wurde. Dem stehen Clubs mit wenig Spreizung der Alters- und Berufsstruktur als Hemmnis entgegen. Die „Sichtweise jüngerer Freundinnen und Freunde und ihre Erfahrung mit unterschiedlichen Führungsstilen in und außerhalb der Krise“ gilt es zu aktivieren. Nahezu drei Viertel der Clubs wünschen sich engere Kontakte zu Rotaract Clubs, ein Fünftel arbeitet bereits eng mit ihnen zusammen.

Komplexe Ursache-Wirkungs-Konstellationen gilt es durch solche Persönlichkeiten zu sammeln, die an den Eckpfeilern tätig sind. Ihnen zuzuhören und im Team zu schlussfolgern, das weckt Verständnis - für die Nöte der Menschen. Diskussionsgeleitetes Ringen um Lösungen, Verbreitung von Best-Practice-Beispielen, eigene Angebote und fundierte Forderungen an Entscheidungsträger zeigen auf, dass wir  erfinderisch, unternehmerisch und flexibel sind. Dies ist kein Selbstzweck: Es verstärkt das rotarische Wirken, trägt zur Diversifizierung der Mitgliedschaft bei und erhöht gerade für jüngere Erwachsene die Attraktivität der Rotary Clubs. Neue Möglichkeiten für persönliche und berufliche Kontakte werden durch die stärkere Einbindung geschaffen; eine Innovationskultur sorgt für die beständige Bereitschaft zur Veränderung und Verbesserung der Clubs. Nicht nur zufällig erkennt man darin die strategischen Ziele des Aktionsplanes wieder.

Wo finden sich diese Hinweise konkret in der Studie? Das Interesse an der Werte-Frage spiegelt ihre Bedeutung in der heutigen Berufswelt wider und ist gekoppelt an deren normative Kraft. Der Wunsch nach berufsübergreifenden Online-Meetings stellt die Frage der Vernetzung und – auf die rotarische Welt bezogen – des diensteübergreifenden Handelns dar. Ein Blick auf die sieben rotarischen Schwerpunktbereiche verdeutlicht schnell, dass durch das Einbringen der Kompetenzen vieler die Wirksamkeit erhöht werden kann. Dies ist nicht damit zu verwechseln, dass das Wissen, die speziellen Kontakte und die Erfahrung der einzelnen Dienste obsolet werden – im Gegenteil.

Mehr Transfer zwischen Jung und Alt

Findet im Club ein solcher Austausch statt? Teilen die Dienste im Distrikt ihr Wissen und ihre Aktivitäten regelmäßig mit dem gesamten Distriktteam? Wird der Mehrwert dieser Vernetzung erkannt und genutzt? Online-Meetings und -Seminare ermöglichen eine breitere Aufstellung. Beispiele sind das im Distrikt 1850 stattgefundene Seminar zur Führung aus dem Homeoffice und die Online-Teilnahme am MINT-Forum der Distrikte 1810 und 1870. Clubs, die aufgrund ihrer Mitglieder- oder Altersstruktur manche Angebote nicht selbst initiieren können, gewinnen mit einer Öffnung an Attraktivität und können erfolgreich ihren Kreis breiter aufstellen. Kontakte zu jungen Erwachsenen und zu Rotaractern sind so leichter möglich, erweitern den Themenkreis und ermöglichen gemeinsame Aktivitäten – und tragen so durch neue Aufnahmechancen zur Verbesserung der Altersstruktur bei. Transfer und Coaching findet in beide Richtungen gleichermaßen statt.

Hybrid-Meetings sollten nicht als Notlösung betrachtet werden, sondern als zukünftige Normalität. Sie dienen zum besseren Miteinander von Clubs, zur Kommunikation mit bislang Außenstehenden, unterstützen eine berufsgruppenübergreifende Vernetzung und binden junge Erwachsene als Zielgruppe stärker ein. Nicht zu vergessen, dass berufsbedingte Abwesenheit ein häufiges Hemmnis für eine Teilnahme ist und motivierende Präsenzvorträge gerade in ländlichen Clubs nicht immer leicht organisiert werden können. Die Teilnahme im Alter und bei Erkrankung kann so ebenfalls ermöglicht werden. Alles Gedanken, die mit Corona nichts zu tun haben, aber vielleicht jetzt ins Blickfeld rücken.

Bitte nutzen Sie unsere Studie „Rotary und Covid-19 – Bewältigung einer Krise“ zur Weiterentwicklung Ihres Clubs und Distrikts – der Download lohnt sich.

Peter Duryn, Gert George 


Wissenswert

Welche Idee hat zu der Studie geführt?

Peter Duryn (RC Bad Bederkesa):
„Wir betrachten den Berufsdienst nicht nur als Keimzelle, sondern als Kernkompetenz von Rotary. Damit lag es für uns auf der Hand, in einer Bestandsaufnahme die Einstellungen, Anforderungen, aber auch Nöte der Clubs in der aktuellen Situation zu erfassen, um Diskussio- nen anzuregen. Dass die Erkenntnisse aus der Studie weit über die Bewältigung der aktuellen Krise und über Themen des Berufsdienst hinausgehen, hat uns dabei mehr als überrascht.“

Wie viele Clubs haben sich beteiligt?

Gert George (RC Wesel-Dinslaken):
„339 Clubs aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein und Ungarn. Mit fast 500 auswertbaren Fragebögen sehen wir die Studie als einen bislang einzigartigen Querschnitt über die rotarische Clublandschaft an und waren von der Resonanz begeistert. Spannend ist dabei, dass der Fragebogen für einige Clubs sogar Initialzünder und Ideengeber für eine umfassende Diskussion in ihren Meetings war.“

Welche Handlungsempfehlungen lassen sich für die Clubs ableiten?

Gert George: „Ein Club sollte die Ergebnisse der Studie an seiner eigenen Situation spiegeln. Im Rahmen von Gesprä- chen, die den gesamten Club einbezie- hen, lassen sich so nicht nur Ideen für kurzfristige Aktivitäten, sondern auch für die zukünftige Entwicklung des Clubs finden. Wichtig erscheint uns, dies nicht als ‚One-Hit-Wonder‘ zu verstehen, sondern als einen Prozess, der nachhaltig im Club getrieben und verankert wird. Und dafür ist es erforderlich, dass sich Freundinnen und Freunde – auch über die Amtszeit eines Vorstandes hinweg – den Hut dafür aufsetzen.“

Download der Studie unter de.rotary.de/berufsdienst/intern/DLBerufddienstmehr/Berichtsband_COVID-Fragebogen.final.pdf