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„Das Elektroauto ist eine Umweltlüge“
In der Debatte um den Klimawandel stehen Verbrennungsmotoren vielfach in der Kritik. Aber auch Elektroautos sind nicht so sauber, wie sie dargestellt werden. Im Gegenteil: Sie schaden der Umwelt sogar noch stärker, sagt der Motorenexperte Friedrich Indra.
Die neue Regierung in Österreich von ÖVP und den Grünen gilt europaweit als Modell und hat den ehrgeizigen Plan, die Pariser Klima-Ziele schon 2040 zu erreichen – also zehn Jahre vor der EU. Zwar hat sich die Koalition noch nicht auf eine CO2-Bepreisung geeinigt, aber um den CO2-Ausstoß zu senken, werden voraussichtlich Steuererhöhungen für Benzin und Diesel in den nächsten Jahren eingeführt, um die Konsumenten zum Umstieg auf Elektromobilität zu bewegen.
Trotz der Klimadebatte ist die Nachfrage nach Elektroautos bescheiden. Ist der Konsument zu träge?
Nein, der Konsument ist nur verwöhnt durch das Auto, das er heute hat. Man kann es schnell auftanken, es hat eine große Reichweite, man kann es wieder verkaufen und man kann es umweltgerecht entsorgen. Dagegen kann sich nur etwas durchsetzen, was besser ist. Aber davon ist das Elektroauto weit entfernt.
Warum?
Das Elektroauto ist teurer und nur sauber, wenn man es von der Batterie zum Rad betrachtet. Aber wir müssen bei jedem Produkt den gesamten Zyklus sehen. Es nützt ja nichts, wenn das E-Auto sauber fährt, aber der Strom aus kalorischen Kraftwerken kommt, und zuvor wurde in China für die Herstellung der Batteriezellen, die ja alle in Asien produziert werden, der dreckigste Strom aus Kohlekraftwerken verwendet. Schon bei der Batterieerzeugung wird unglaublich viel CO2 emittiert. Bei größeren E-Autos ist das so viel Energie, dass damit ein sparsames normales Auto 200.000 Kilometer fahren könnte. Und nach circa acht Jahren ist das E-Auto wertlos, weil eine neue Batterie den halben Neupreis des Autos kostet.
Prof. Dr. Techn. Friedrich Indra, RC Wien-Nordost, war Leiter der Entwicklung bei Alpina, später Leiter der Motorenkonstruktion für Audi und Direktor für Motorenund Getriebeentwicklung bei General Motors. Aufgrund seines globalen Netzwerks ist der international renommierte Motorenexperte noch heute gefragter Berater der Automobilindustrie.
Aber aufgrund der EU-Verordnung muss ja der CO2-Ausstoß radikal auf ein Niveau gesenkt werden, das einem Verbrauch von 2,2 Liter Diesel pro 100 Kilometer entsprechen würde. Ist das technisch möglich?
Bei kleinen Autos schon, aber die EU ist in einer fürchterlichen Zwickmühle, weil sie CO2 reduzieren möchte, nur das funktioniert so nicht. Die behaupten einfach, das Elektroauto ist CO2-frei, aber das ist eine Lüge. Die Frage ist, haben sie das gewusst oder haben sie einfach nur gehofft, dass irgendwann einmal der Strom so sauber wird, dass das wirklich CO2-frei wird? Aber das wird global nie der Fall sein.
Also ist diese Verordnung ein Unsinn?
Ja. Der Druck zu Elektroautos ist nur politischer Aktionismus. Und dabei reden wir noch gar nicht von der Gewinnung der Rohstoffe für die Batterien. Das ist der nächste Irrsinn. Natürlich sind die heutigen Lithium-Batterien sehr viel besser als die alten Blei-Säure-Batterien. Dafür gab es ja auch einen Nobelpreis. Aber niemand hat das Ausmaß bedacht. In Chile vertrocknen ganze Landstriche, weil man so viel Wasser braucht, um das Lithium auszuwaschen, und im Kongo kratzen die Kinder unter menschenunwürdigsten Bedingungen das Kobalt aus den Bergen. Aber auch das will niemand wissen.
Aber es war doch vorhersehbar, dass man für mehr Akkus auch mehr Rohstoffe braucht.
Ja, da war die grüne Hoffnung dahinter, irgendwann wird schon jemand die Batterie erfinden, die die Umwelt nicht belastet und die man auch recyceln kann. Die Ursache dieser Entwicklung war der Dieselskandal. Die Automobilindustrie hat mehrfach in Brüssel gewarnt: Das mit dem E-Auto wird nichts und kostet ein Schweinegeld. Es macht nur Sinn bei bestimmten, kleinen Einsatzgebieten, vielleicht bei der Post. Die Automobilindustrie hat dreimal versucht, das der Politik klarzumachen, und die Politik hat gesagt: Ihr habt uns belogen mit dem Dieselskandal und jetzt sagen wir euch, was zu tun ist. Seither wird mit jeder Produktion eines Elektroautos, egal wo auf der Welt, das CO2-Thema größer statt kleiner.
Ist ein Hybridantrieb eine halbwegs vernünftige Alternative?
Na ja, einfache Hybridantriebe zur Unterstützung des Verbrennungsmotors machen Sinn, aber die Plug-in-Hybride brauchen auch Batterien, sind teuer und ebenfalls falsch eingestuft – bewusst, von der Politik so gewollt. Denn um die E-Mobilität anzukurbeln, wird der Strom, mit dem der Testzyklus gefahren wird, für die Bestimmung des CO2-Ausstoßes nicht mitgerechnet. Und da kommen Ergebnisse heraus, dass eine S-Klasse oder ein Porsche 918 2,5 Liter auf 100 Kilometer verbraucht. In Österreich sparen die Konsumenten plötzlich Tausende Euro an der NoVA (Normverbrauchsabgabe, abhängig vom angegebenen Normverbrauch). In Wirklichkeit haben die Leute dann oft keine Stecker in der Nähe und fahren viel mehr ohne Strom als im Testzyklus, schleppen aber eine mehrere Hundert Kilogramm schwere Batterie mit und verbrauchen mehr Benzin als ohne. Manche Firmen verbieten schon solche Dienstwagen, weil sie teurer sind und mehr Sprit verbrauchen.
Trotzdem, der Klimawandel ist ein Thema. Ist die Industrie zu wenig innovativ, um der Politik Alternativen aufzuzeigen?
Nein, aber die Politik will es derzeit einfach nicht wissen. Mit dem Diktat der Politik haben viele Firmen in die E-Mobilität investiert, und jetzt kann man die Förderungen nicht einfach abdrehen wie die Chinesen. Aber man müsste es tun, weil das E-Auto kein Beitrag zum Klimaschutz ist.
Aber wenn die Produzenten wissen, dass das ein Irrweg ist, warum investieren sie trotzdem?
Investiert wurde, weil China zuerst angekündigt hat, alles elektrisch zu machen. Jetzt sind sie wieder ausgestiegen. Und investiert wird, weil der Verkauf eines E-Autos mit der falschen Berechnung den Verbrauch eines normalen Autos in der Flottenberechnung halbiert. Deswegen wurde der Bau dieser Werke staatlich stark gefördert, am weitesten wagt sich da VW vor, die spielen das Spiel mit und machen, was die Politik sagt. Und wenn sie dann auf den Autos sitzen bleiben, wird es heißen, die Regierung hat nicht genug gefördert.
Was wären denn nun Alternativen, die die Umwelt entlasten und den Menschen trotzdem die gewohnte Mobilität erhalten?
Wir sehen für die Zukunft zwei Schienen: Die eine ist, dass es gelingt, Batterien zu entwickeln, die der Konsument will – mit wenig Gewicht, schneller Ladezeit und hoher Reichweite.
Ist das in absehbarer Zeit realisierbar?
Nein, weit und breit nicht. Es gab immer wieder Ansätze, aber es sind alle gescheitert. Ich war da stark involviert bei General Motors mit dem „EV1“, da wurden gerade einmal 1000 Stück gebaut (1996–1999, d. Red.). Eine Batterie ist eine chemische Fabrik, und die gehört nicht in Fortbewegungsmittel. Für einen Lkw braucht man eine Batterie, die bis zu sieben Tonnen wiegt. Ganz zu schweigen von der Entsorgungsproblematik – die ist nach wie vor nicht gelöst. Es gibt kein Recycling für Lithium, die Batterien werden heute geschreddert und im Hochofen verbrannt, dabei entstehen giftige Dämpfe. Und wenn ein Tesla abbrennt, kann man ihn nicht einmal löschen. Also, es ist nichts in Sicht, was die jetzige Entwicklung rechtfertigen würde.
Und die zweite mögliche Schiene?
Die sehen wir in China. Wie in Europa war auch in China der Verbrennungsmotor ein Hassobjekt. Man hat sogar entsprechende Hochschulinstitute geschlossen. Jetzt unterstützt man dort die Entwicklung neuer Verbrennungsmotoren, die hoch verdichten und schon Wirkungsgrade von 50 Prozent haben, und zwar mit synthetischen Kraftstoffen. Damit ist der Verbrenner absolut sauber. Erfreulicherweise ist da die österreichische Firma AVL beteiligt.
Was ist das für ein Kraftstoff?
Die Basis ist Wasserstoff und bei der Verarbeitung wird CO2 aus der Luft aufgenommen. Diesen gibt er bei der Verbrennung wieder ab, aber in der Summe ist er neutral. Der Kraftstoff ist ein Energiespeicher. Man kann ihn dort machen, wo es viel Wind oder viel Sonne gibt. Und man kann ihn über das vorhandene Tankstellennetz verteilen. Damit kann man auch Lkw, Schiffe und Flugzeuge betreiben. Das ist mit Batterien ja völlig unrealistisch. Aber noch ist dieser Kraftstoff teuer.
Dann wird ihn der Konsument ja wieder nicht annehmen.
Daher muss man die Entwicklung ankurbeln und fördern, damit er billiger wird. Die Erdölindustrie hat daran wenig Interesse. Aber es ist die einzige langfristige Lösung für die Umwelt.
Und der direkte Antrieb mit Wasserstoff?
Dazu braucht man im Auto Drucktanks mit 800 bar. In der Brennstoffzelle wird dann aus dem Wasserstoff Strom gemacht und das Auto fährt rein elektrisch. Das hat viele Fragezeichen: Der Transport von Wasserstoff ist ein Risiko, weil er bei jeder Verbindungsstelle entweicht, und es ist extrem aufwendig, ein Verteilernetz aufzubauen. Man müsste den Wasserstoff an der Tankstelle herstellen, verdichten und kühlen. Dafür bräuchte man wieder extrem viel Energie in dicken Stromkabeln. Deshalb setzt China auf den gebundenen Wasserstoff im synthetischen Kraftstoff.
Aber trotzdem baut China weiter Elektroautos.
Ja, aber sie haben die Förderung dafür eingestellt, und der Markt ist gleich um 50 Prozent eingebrochen. Sie haben noch eine gewisse Quotenvorgabe, weil der Kobalt- und Lithiumabbau fest in chinesischer Hand ist. Die haben sich vor dem Boom die Schürfrechte im Kongo und in Chile gesichert. Und damit verdienen sie an Europa.
Was sollte in Europa nun passieren?
Nachdem die Politik nach wie vor taub ist, ist die einzige Hoffnung der Kunde. Die Antwort kann nur dadurch kommen, dass der Kunde nicht kauft, was teurer und schlechter ist als das, was er hat.
Das wäre ja ökonomischer Selbstmord der Industrie.
Ja, mit E-Autos ist kein Geld zu verdienen. Die Unternehmen bauen ja schon massiv Personal ab. Aber ohne weiter verbesserte Verbrennungsmotoren zusammen mit neuen Kraftstoffen wird man zur wirklich umweltschonenden Mobilität nicht kommen.
Das Gespräch führte Hubert Nowak.