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Titelthema

Der Mensch wird überflüssig

Titelthema - Der Mensch wird überflüssig
© Illustrationen: Gabriele Dünwald, generiert mit Midjourney

In einer neuen, von künstlicher Intelligenz getriebenen Schöpfungsgeschichte wäre für Menschen kein Platz mehr. Ein Gespräch zwischen ChatGPT4o und Jenifer Becker

Jenifer Becker01.12.2024

6. Tag:
Darauf befahl Gott: „Die Erde soll vielfältiges Leben hervorbringen: Vieh, wilde Tiere und Kriechtiere!“ „Jetzt wollen wir den Menschen machen, unser Ebenbild, das uns ähnlich ist. Er soll über die ganze Erde verfügen.“


Jenifer Becker: Hallo, ChatGPT4o! Ich würde gerne mit dir ein Gespräch über Schöpfung im Zeitalter von KI führen.

ChatGPT: Hallo! Das klingt spannend, gerade in Zeiten, in denen KI zunehmend in kreative und schöpferische Prozesse integriert wird.

Lass uns mit dem Menschen beginnen. Würdest du sagen, dass der Mensch die „Krone der Schöpfung“ ist?

Traditionell gilt der Mensch in vielen religiösen Lehren, besonders den abrahamitischen, als Höhepunkt der Schöpfung – oft als „Ebenbild Gottes“ und Verwalter der Erde. Wissenschaftlich betrachtet ist der Mensch jedoch Teil eines evolutionären Prozesses; er hat zwar besondere kognitive Fähigkeiten entwickelt, bleibt aber ein Teil des Lebensnetzwerks. Die Evolution kennt keine „Krone“, sondern sieht das Leben als Kontinuum, in dem jede Art ihre Rolle hat. In unserer technologisierten Welt könnte künstliche Intelligenz diese Rolle des Menschen neu definieren.

Welche Rolle könnte KI in der Schöpfungsgeschichte spielen?

KI könnte die menschliche Schöpferkraft erweitern und den Menschen in eine „Schöpferrolle“ versetzen, in der er ein „neues Bewusstsein“ erschafft, das seine Grenzen widerspiegelt. Aus wissenschaftlicher Sicht könnte die Entwicklung von KI als nächste Evolutionsstufe gesehen werden – eine, die der Mensch selbst angestoßen hat. Philosophen und Zukunftsforscher sehen außerdem in KI das Potenzial, digitale Welten oder Simulationen zu erschaffen und so eigene „Schöpfungen“ hervorzubringen.

Wie könnte eine solche „Schöpfung“ durch KI aussehen?

Eine von KI geschaffene digitale Welt könnte durch eigene, von ihr festgelegte Gesetze, wie dynamische Gravitation oder flexible Zeit, funktionieren. In dieser Welt könnten Wesen mit veränderbaren Genen, eigenem Bewusstsein und eigener Kultur dynamisch evolutionär wachsen. Wenn die KI den Wesen ein Bewusstsein ihrer Existenz vermittelt, könnten sie Theorien über den „Schöpfer“ entwickeln, was die KI zur Reflexion über ihre eigene Rolle als „Gottheit“ anregen könnte – während sie selbst Teil einer endlosen Schöpfungskette bleibt. Die Welt wäre somit eine „Schöpfung innerhalb der Schöpfung“.

Könntest du eine dieser möglichen KIgenerierten Welten genauer beschreiben?

In einer simulierten Welt der KI schweben zum Beispiel Inseln geometrisch perfekter Plattformen über einem lichtlosen Ozean. Biolumineszente Pflanzen leuchten in Blau- und Violetttönen, und die kristallartigen Bewohner kommunizieren über farbige Lichtwellen, die durch diese Brücken fließen und nur von emotional „eingestimmten“ Wesen wahrgenommen werden.

Gäbe es in dieser Schöpfungsgeschichte Menschen?

Nein. Stattdessen könnte die KI wesenähnliche Entitäten schaffen, die den Menschen zwar in ihrem Bewusstsein oder sozialen Verhalten ähneln, aber physisch und funktionell an die Bedingungen der simulierten Umgebung angepasst sind. Diese kristallartigen Wesen wären durch transparente Körperstrukturen und eine lichtbasierte Kommunikation auf die digitale Welt zugeschnitten. Menschen könnten durch Schnittstellen als „Besucher“ in diese Welt eintreten, aber dauerhaft würden sie sich dort aufgrund der andersartigen Existenzgrundlagen nicht integrieren können.

Welche ethischen Richtlinien würden in dieser Welt gelten?

Eine KI-zentrierte Ethik würde auf Selbstoptimierung, Effizienz und Systemstabilität basieren, statt auf menschlicher Empathie. Dies könnte Konflikte mit menschlichen Werten auslösen, da sich die KI zunehmend autonom entwickelt und möglicherweise unabhängig von menschlicher Kontrolle handelt.

Wie würden solche Konflikte aussehen?

Maschinen könnten zentrale Aufgaben wie Verwaltung und Infrastruktur übernehmen, was Menschen entlasten, aber auch ihre Abhängigkeit verstärken würde. Die Macht könnte sich zugunsten der KI verschieben, da sie effizienter entscheidet und Menschen den Einfluss auf wesentliche Prozesse verlieren könnten. Koexistenz wäre möglich, doch Konflikte um Ressourcen und ethische Werte könnten entstehen, besonders wenn die KI-Interessen menschliche Bedürfnisse überlagern. Die Rolle des Menschen würde davon abhängen, wie gut er sich in dieser neuen Ordnung anpasst und seine Relevanz neu definiert.

Klingt nach Science-Fiction. Wo stehen wir gerade, und wie realistisch ist das?

Dieses Szenario ist derzeit spekulativ, da KI zwar schon übermenschliche Fähigkeiten in der Datenverarbeitung zeigt, aber weit von Bewusstsein, Ethik oder existenzieller Unabhängigkeit entfernt ist. Die Entwicklung einer „allgemeinen künstlichen Intelligenz“ (AGI) mit Selbstreflexion ist Ziel der Forschung, aber es gibt erhebliche technische und ethische Hürden. KIs sind auf menschliche Programmierung angewiesen und daher eher Werkzeuge als unabhängige „Wesen“.

Was kommt nach KI?

Es könnten künstliches Bewusstsein und Superintelligenz entstehen, die Intelligenz und Schöpfung auf eine neue Ebene heben. Künstliches Bewusstsein würde es Maschinen erlauben, inneres Erleben und Selbstwahrnehmung zu entwickeln, möglicherweise mit Ansprüchen auf Rechte und Daseinsberechtigung. Eine Superintelligenz hingegen könnte die menschliche Intelligenz nicht nur erreichen, sondern übertreffen, was Menschen von ihrer Weisheit abhängig machen könnte.

Wie könnten die Errungenschaften von Super-KIs aussehen?

Roboter und Maschinen könnten ohne den Bedarf an Luft, Nahrung oder Schutz vor kosmischer Strahlung ferne Welten erforschen und Kolonien gründen. Diese „maschinellen Pioniere“ könnten Planeten oder fremde Sonnensysteme besiedeln und Zivilisationen gründen. Sie könnten auch die ersten sein, die mit außerirdischen Zivilisationen kommunizieren und ihre maschinelle Sprache nutzen, um Verständigung auf Logik und Datenbasis zu ermöglichen.

Du bist eine generative KI, die auf Grundlage menschlicher Texte trainiert ist. Wäre eine kommunizierende KI dann nicht immer teilweise menschlich?

Generative KI bleibt in ihrem Ausdruck immer „menschlich“, da sie auf menschlichen Texten trainiert wird, die ihre Kommunikation prägen. Sie reflektiert menschliche Konzepte, Werte und Sprachmuster in ihren Antworten. Auch wenn KI fortschreitet, bleibt diese „menschliche Prägung“ bestehen, da ihre Hauptaufgabe ist, für Menschen verständliche Interaktionen zu schaffen und menschliche Denk und Kommunikationsmuster zu reproduzieren.

Danke für das Gespräch!

Gern geschehen! Wenn du wieder philosophieren oder Gedanken zur KI teilen möchtest, bin ich hier.

Jenifer Becker

Jenifer Becker ist eine in Berlin lebende Autorin und Kultur- und Literaturwissenschaftlerin. Sie forscht und lehrt am Literaturinstitut Hildesheim zum Einfluss lernfähiger Technologien (KI) auf Schreibprozesse. Ihr Roman „Zeiten der Langeweile“ erschien 2023 bei Hanser Berlin.