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Tichys Denkanstoss

Der Trump-Deal

Tichys Denkanstoss - Der Trump-Deal
© Illustration: Jessine Hein/Illustratoren

Ist der neue US-Präsident ein Rechtspopulist? Zumindest in der Wirtschaftspolitik erfüllt er eher linke Vorstellungen.

01.02.2017

Weltweit protestieren Menschen gegen die Präsidentschaft Donald Trumps. Insbesondere deutsche Politiker zeigen wenig diplomatisch ihr Missfallen am Ergebnis der US-Wahl: „Be careful, Mr. President“, warnt ihn etwa Bundesjustizminister Heiko Maas. Nun können einem ja Wahlergebnisse gefallen oder nicht, man sollte sie akzeptieren. Und man kann ebenso Fakten schön finden oder nicht, man sollte mit ihnen umzugehen versuchen. Postfakti­sche Beschwörungen eines besser erdachten und gewollten Weltenlaufs sind wenig hilfreich. (Abgesehen davon, dass man Stalins Frage stellen könnte: „Wieviel Divi­sionen hat der Vatikan?“).

Verkehrte Fronten
Wirtschaftspolitisch jedenfalls erfüllt Donald Trump so ziemlich alle linken und grünen Forderungen. Er will die Arbeitslosigkeit mit staatlich finanzierten Infrastrukturprojekten wie dem Bau von Au­­tobahnen und Flughäfen be­kämp­fen; die Staatsverschuldung bremst ihn nicht. Er scheint an die keynesianische wunderbare Kapitalvermehrung durch Verschuldung zu glauben. Er will die Globalisierung zurückdrehen – Buy American and Hire Americans. Er will Frei­handelsabkommen kündigen, und das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP hat er schon in die Abfalltonne der Geschichte getreten: War der Kampf gegen TTIP nicht das gemeinsame Band von Grünen und Greenpeace, Kirchen, Sozis und vielen Gewerkschaften?

Geradezu putzig nahm sich eine Demonstration gegen ein Freihandelsabkommen mit Kanada aus, die vor dem Kloster Seeon anlässlich einer CSU-Tagung stattfand. Dabei war schon längst Trump-Zeit, und demonstriert wurde gegen die Vorstellung von Vorgestern. Möglicherweise werden dieselben Personen dafür demonstrieren müssen, dass Deutschland doch noch Autos in die USA exportieren darf.

Und ein weiterer Punkt an Trump fällt auf: Per ­Twitter verschickt er Anweisungen an Unternehmen, die auf die 140-Zeichen-Botschaften mit sofortiger Ände­rung ihrer Investitionsvorhaben reagieren. So viel Macht wünschen sich doch auch deutsche Wirtschafts­politiker. Sie fordern den Primat der Politik, die Unter­ordnung wirtschaftlicher Entscheidungen unter die Vorstellungen der Politik. Mit „Ordnungspolitik“ deutscher Herkunft, der strikten Trennung von Wirtschaft und Politik, hat das nichts zu tun. Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu erstellen, erfordert mehr Nachdenken und präzi­sere Formulierungen als knappe Twitter-Botschaften. Aber ist nicht längst auch die deutsche Wirtschaftspolitik dazu übergegangen, quasi über Nacht einsame Ent­schei­dungen zu exekutieren, die langfristige Planungen über den Haufen werden – siehe etwa die plötzliche Energiewende?

Wirtschaftspolitisch gesehen wickelt Trump gerade das ab, was in Deutschland lange Zeit als „Neoliberalismus“ bekämpft wurde: eine durch globalen Wettbewerb ständig sich steigernde Effizienz und weltweite Arbeitsteilung, weitgehend unbeeinflusst von der Po­li­­tik und ohne Rücksicht auf gefühlte Ungerechtigkeiten und Umverteilung.

Aber jenseits ideologischer Positionen ergibt sich daraus das eigentliche Problem für Deutschland: Das Wirtschaftswunder war erst möglich geworden, nachdem die USA ihren riesigen Markt für Billig-Käfer „Made in West-Germany“ geöffnet hatten; und Deutschland ist der Hauptgewinner des liberalisierten Welthandels. Möglicherweise gerät dieses Modell jetzt unter Druck. Donald Trump ist eine globale Hass­figur, auf die alles Böse dieser Welt projiziert wird und deren reales Handeln gar nicht mehr wahrgenom­men wird. Dabei ist es die Ironie der Geschichte, dass er durchzieht, was Linke und Grüne in Deutschland so lange gefordert haben.