Rotary Entscheider
„Ehrbarkeit und Anstand haben Zukunft“
Gunter Mengers von der Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg über ethisches Verhalten im modernen Geschäftsleben.
Wer spricht heutzutage schon von Ehre? Gunter Mengers tut es, er erinnert gern an die Synonyme der Ehre, an Würde, Respekt, Anerkennung, Reputation. Für ihn ist Ehre ein rein positiv besetzter Begriff. Seit Beginn dieses Jahres ist Mengers Vorstandsvorsitzender der Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e.V. (VEEK), der größten werteorientierten Wirtschaftsvereinigung Deutschlands mit rund 1100 Mitgliedern. Ziel der Vereinigung ist es, die Grundsätze eines Ehrbaren Kaufmanns in den eigenen Unternehmen zu leben und sie in Wirtschaft und Gesellschaft zu verbreiten. Zur jährlichen Jahresabschlussversammlung in der altehrwürdigen Handelskammer Hamburg ist stets das Who’s who der Hansestadt zu Gast. Gunter Mengers empfängt im Börsen-Zimmer der Handelskammer am Adolphsplatz, in dem alte Schwarz-Weiß-Fotografien aus der Hamburger Börse die Wände zieren.
Das Prinzip des „ehrbaren Kaufmanns“ definiert der Betriebswirtschaftler als ein Leitbild für verantwortliches Handeln in der Wirtschaft. Herr Mengers, wie sehen Sie den „ehrbaren Kaufmann“?
Kaufleute, die sich ehrbar verhalten, halten sich an die Dinge, die sie zusagen. Wort und Handschlag zählen. Es klingt simpel und auch selbstverständlich. Das ist es aber nicht – früher genauso wie heute gibt es Menschen, die nur auf den kurzfristigen Nutzen und eigenen Vorteil bedacht sind. Denken Sie bloß an die jüngsten Skandale in den Vorständen großer Wirtschaftsunternehmen. Bis in höchste Hierarchien fehlt es an ehrlichen und integren Vorbildern.
Wir als Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns werben für ehrbares Verhalten in Geschäftsbeziehungen auf jeder Ebene. Als ehrbare Kaufleute stehen wir für eine Werteorientierung im Hinblick auf Zuverlässigkeit und Stabilität.
Ist eine solche Werteorientierung in Zeiten von kurzfristigen Börsenwerten und schnelllebiger „Industrie 4.0“ zeitgemäß?
Natürlich sehe ich auch den Erfolgsdruck, unter dem die jungen Leute heute stehen. Sie müssen Geschäfte machen, werden an ihren Ergebnissen, an Zahlen gemessen. Man könnte meinen, nur die Leistung zählt. Und nicht nachhaltiges Wirtschaften auch für kommende Generationen. Ich glaube, es besteht nach wie vor die Bereitschaft, sich an ethische Regeln zu halten, auch die jüngeren Generationen sehnen sich nach Zuverlässigkeit.
Ehrbares Verhalten ist also keinesfalls so altmodisch, wie es klingen mag – im Gegenteil. Der ehrbare Kaufmann und die ehrbare Kauffrau sind modern, in ihrer Unternehmensführung spielt Compliance eine immer größere Rolle. Viele Unternehmen, große und kleine, definieren für sich diese eigenen Grundsätze und Leitlinien – am Ende sind das ja gesetzlich verankerte Aufforderungen, sich anständig und verantwortungsvoll gegenüber Mitarbeitern und Geschäftspartnern zu verhalten. Das zeigt mir: Ehrbarkeit und Anstand haben Zukunft!
Wie lässt sich denn ehrbares Verhalten in die eigene Unternehmenskultur etablieren?
Die Geschäftsführung muss als gutes Vorbild vorangehen. Es müssen viele Gespräche geführt, Grundsätze definiert, „Leitplanken“ eingebaut werden. Freiheit ist wichtig, aber innerhalb von gewissen Grenzen. Andernfalls funktioniert Freiheit nicht. Es muss klar kommuniziert werden, Verstöße ebenso konsequent sanktioniert werden. Was im Sport gilt, muss auch für das Privat- und Geschäftsleben gelten: Wer sich auf dem Platz nicht an die Regeln hält, sondern foult, fliegt raus.
Funktioniert das auch in internationalen Geschäftsbeziehungen?
Bei internationalen Geschäften ist es mitunter schon schwieriger, sich selbst und den Ansprüchen der Firma treu zu bleiben. In bestimmten Regionen dieser Welt ist als Kaufmann eine gewisse – nennen wir es – „Flexibilität“ erforderlich. Andererseits wäre es grauenvoll, wenn die Art mancher Global Leader, die Unwahrheit zu sagen, Dinge zu behaupten, für die es keine Beweise gibt und so weiter, in Politik und Wirtschaft als normal betrachtet würde. Ich denke, jeder Einzelne sollte sich den Anstand bewahren, denn es ist immer gut, Vorbild zu sein. Sonst funktioniert es auch international nicht.
Es ist mir wichtig festzustellen, dass die Vorstellung des hanseatischen Händlers als „Pfeffersack“, der vermeintlich den größten Profit für sich selbst rausbekommen will, längst überholt ist. Natürlich wollen Kaufleute Gewinn machen – aber zumindest für uns Hamburger kann ich sagen: Wir lassen andere an unserem Wohlstand teilhaben und übernehmen gesellschaftliche Verantwortung in der Stadt – mit Mäzenatentum, Stiftungen und Vereinigungen im sozialen Bereich. Auch das Gemeinwohl im Blick zu haben ist Teil der Ehrbarkeit. Da sollte sich mancher ein Beispiel nehmen.