Stimmen zur Integrationsdebatte
Ein schwieriges Thema
Wie muss Zuwanderung gestaltet werden, damit sie gelingen kann? Die folgenden Äußerungen von Persönlichkeiten aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft geben einen Teil der breiten Meinungsvielfalt wieder
„Gute Sprachkenntnisse und Bildung sind natürlich Grundbedingungen, für die wir notwendige Voraussetzungen schaffen sollten, zum Beispiel mit Deutschkursen für alle von Anfang an. Wir brauchen aber auch täglich ein sachliches, unaufgeregtes Herangehen und Klarheit, worüber wir jeweils genau sprechen. So löst sich der eine oder andere zum ,Integrationsproblem' stilisierte Sachverhalt einfacher, als man denkt. Ob es um Ausbildungsplätze für Jugendliche geht, um den sozialen Zusammenhalt, aber auch bei Kriminalität: Eine schnell herbeigeredete kulturelle Kategorisierung bringt uns oftmals weg von den eigentlichen Herausforderungen und dadurch weit weg von Lösungen. Teilhabechancen und Aufstiegsmöglichkeiten für alle müssen angestrebte Grundpfeiler unserer Gesellschaft bleiben.“
Staatsministerin Aydan Özoguz, Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration der Bundesregierung, gegenüber dem Rotary Magazin
„Wir wollen also, dass das Thema Ausbildung etwas wird, das ganz selbstverständlich für junge Leute auch mit Migrationshintergrund mit guten Möglichkeiten verbunden ist. Wir müssen da noch besser werden. Ich wurde zum Beispiel heute von jungen Leuten gefragt: Wann ist Integration für Sie geschafft? Ich habe gesagt: Tja, dann, wenn genauso viele junge Menschen mit Migrationshintergrund einen Schulabschluss haben, einen Studienplatz annehmen, eine Facharbeiterausbildung absolvieren wie die, deren Familien schon seit vielen Hundert Jahren in Deutschland leben. Dann haben wir das geschafft und brauchen uns kaum mehr darum zu kümmern.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel (RC Stralsund-Hansestadt) in ihrer Rede zum 7. Integrationsgipfel am 1. Dezember 2014 in Berlin
„Angesichts dieser Verhältnisse sollte nun endlich eine ideologiefreie und nicht vom Streben nach politischer Korrektheit getriebene Debatte über die Migrationspolitik beginnen. So wie die Migration derzeit läuft, läuft sie falsch, weil die Struktur der Migranten durch die künstlichen Anreize des Sozialstaates verzerrt wird. Grundsätzlich gibt es nur drei Möglichkeiten, die Fehler zu korrigieren: Erstens kann man die Freizügigkeit einschränken, zweitens kann man das Prinzip der Inklusion, des Zugangs der Zuwanderer zu den Leistungen des Sozialstaats, einschränken, und drittens kann man den Sozialstaat abbauen. Da man die dritte Option aus vielerlei Gründen nicht wünschen kann und bei der ersten Option das Recht auf freie Wanderung in der EU verletzt, kommt nur die mittlere in Frage.“
Hans-Werner Sinn (RC München), Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, in einem Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 3.1.2015
„Wir im Handwerk haben eine hohe Willkommenskultur. Das Handwerk ist bereit zu helfen, die jungen Leute, die aus Kriegsgebieten kommen, auszubilden. Eine handwerkliche Ausbildung ist die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben. Die Politik muss sicherstellen, dass die jungen Flüchtlinge während ihrer Ausbildung und noch zwei Jahre im Anschluss hier bleiben können. Die Betriebe finden im besten Fall gut ausgebildeten Nachwuchs. Wenn der Auszubildende später wieder in seine Heimat geht, unterstützt er dort als Fachkraft den Wiederaufbau.“
Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des deutschen Handwerks,
gegenüber dem Rotary Magazin
„Es geht ein Riss durch die Gesellschaft: Jeder Zweite befürwortet die wachsende Vielfalt, aber jeder Dritte fordert mehr Mut zu einem stärkeren Nationalgefühl und schließt dabei Eingewanderte aus. Wir brauchen deshalb eine Leitbild-Kommission für das Einwanderungsland, die ein Konzept entwickelt, das die gesamte Gesellschaft einbezieht. Migration und Integration dürfen nicht tagesaktuell verhandelt werden.“
Werner Schiffauer, Vorsitzender des Rates für Migration,
gegenüber dem Rotary Magazin
„Für mich kann Integration gelingen, wenn ein Eingewanderter Offenheit und Neugier mitbringt. Möglichkeiten sucht, die Sprache zu lernen, und sich mit der Kultur des Landes vertraut macht. Wenn der Einreisende/Eingewanderter sich für die Geschichte des Ortes, wo er lebt, interessiert. Nach Kontaktmöglichkeiten mit den Nachbarn sucht. Seinen Kindern, hilft in der neuen Gesellschaft anzukommen.“
Necla Kelek, Sozialwissenschaftlerin und Publizistin, gegenüber dem Rotary Magazin
„Wenn Angela Merkel meint, dass Muslime in Deutschland volle Bürgerrechte genießen sollen und uns dann willkommen sind, wenn sie sich integrieren, ist ihre Aussage richtig, aber auch banal. Wenn die Kanzlerin der Meinung ist, dass der Islam zu Europas Tradition und Kultur gehört, hat sie nicht recht.“
Thilo Sarrazin (RC Berlin-Tiergarten) am 20.1.2015 gegenüber den „Ruhr Nachrichten“
„Eine Gesellschaft muss intervenieren. Eine Gesellschaft kann nicht einfach dasitzen und zugucken – sie muss gestalten. Und das bedeutet auch, klipp und klar zu sagen, wo es in Deutschland, in Mitteleuropa langgeht und welches die allgemeinen Verhaltensregeln sind, auf die wir uns hier verständigt haben. Ich mache keinen Hehl daraus: Ich finde, dass ein Straßenbild mit überwiegend völlig verhüllten Frauen nicht dem entspricht, was ich mir unter allgemeinen Verhaltensregeln für den öffentlichen Raum in Mitteleuropa vorstelle.“
Heinz Buschkowsky, Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, im „Hauptstadtbrief“ 126 vom 17.12.2014