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Standpunkt

Eine Sache des Anstands

Standpunkt - Eine Sache des Anstands
Daniel Marbot © Manuel Fischer/freshpixel.ch

„U. A. w. g.“ – Die Vernachlässigung von An- und Abmeldungen bei Veranstaltungen ist nicht nur unhöflich – sie verletzt rotarische Werte.

Daniel Marbot01.09.2023

Ob Clubmeeting, Ausflug, Präsidentenreise oder Distriktkonferenz: Jeder, der schon mal eine rotarische Veranstaltung egal welchen Umfangs organisiert hat, weiß, dass die Anzahl der Teilnehmenden die Basisinfo für jede weitere Planung bildet. Sie ist ein zentraler Pfeiler für das Gelingen von Zusammenkünften, denn von ihr hängt die Wahl der Location ab, des Transportmittels, des Caterings sowie je nach Art des Events viele weitere Details wie Bestuhlung, Garderobe und Technik. Und natürlich gilt das nicht nur für Veranstaltungen bei Rotary. Als Gastroplaner weiß ich: In unserer Branche kommt es immer häufiger vor, dass Gäste, auch in größeren Gruppen, an mehreren Orten reservieren und dann spontan entscheiden, wo es hingeht, ohne den anderen Restaurants rechtzeitig abzusagen. Diese sogenannten No-Shows sind für viele Restaurants mittlerweile ein ernsthaftes Problem. Aber vielleicht passiert das gar nicht mutwillig, sondern aus Gedankenlosigkeit heraus, weil die Gäste nicht ahnen, mit welchem finanziellen und organisatorischen Aufwand die Auslastungsplanung eines Restaurants verbunden ist?

Übrigens ist der schlecht kalkulierbare Umsatz auch einer der Gründe, warum immer weniger Gastronomen bereit sind, Rotary Clubs zu einem festen Termin einen Raum zu reservieren, denn es ist nicht ungewöhnlich, dass statt angekündigter 21 Teilnehmer nur 13 oder gar drei Freunde kommen. Nachvollziehbarerweise verlangen die Restaurantbetreiber dann entweder eine Raumpauschale oder einen Mindestumsatz, was die Clubschatzmeister dazu zwingt, diesen den Mitgliedern in unterschiedlichen Modellen anteilig zu berechnen.

Unverbindlichkeit ist auf dem Vormarsch

Allerdings scheint eine gewisse Verbindlichkeit nicht erst seit Corona immer unmoderner zu werden. Nur: Was bei Online-Events unproblematisch ist, bereitet in Präsenzveranstaltungen Schwierigkeiten beziehungsweise sorgt für unnötige Kosten. Trend ist, sich interessante Optionen für die Freizeitgestaltung möglichst lange offen zu halten, um ein bestmögliches Erlebnis zu erzielen. Doch diese Praxis ist rücksichtslos und übersieht, dass hinter jeder Veranstaltung ein erheblicher Aufwand an Zeit und Ressourcen steckt. Man gewinnt den Eindruck, dass die Einstellung „Komm‘ ich heut’ nicht, komm‘ ich morgen!“ als persönliche Entscheidungsfreiheit interpretiert wird und nicht als das, was es in Wahrheit ist: unzuverlässig und respektlos.

Eine unklare Anzahl von Gästen ist nicht nur eine logistische Herausforderung. Das Vernachlässigen von An- und Abmeldungen berührt das Herz der Werte, die wir als Rotarier hegen – Anstand, Ehre und Wertschätzung. Diese sind mehr als moralische Wegweiser, sie sind unverzichtbare Instrumente, mit denen wir durch das Leben navigieren. Warum also vernachlässigen einige von uns diese scheinbar einfache Geste? Aus fehlender Einsicht oder fehlender Erfahrung im Organisieren von Veranstaltungen? Die Gründe können vielfältig sein, doch letztlich ist es unsere Aufgabe als Gemeinschaft, ein Umfeld zu fördern, das auf Respekt und Wertschätzung basiert.

Fernab von trivialem Formalismus

Anstand ist keineswegs ein veraltetes Konzept, das in den Annalen der Geschichte verschwunden ist. Es manifestiert sich in einfachen, freundlichen Gesten wie einem „Grüezi“ auf der Straße und dem Türaufhalten für nachfolgende Personen, aber eigentlich geht es um das Bemühen, sich in die Situation anderer hineinzudenken, um ihnen entweder zu helfen, zumindest aber nicht Steine in den Weg zu legen.

Lasst uns das Anmeldeprozedere nicht als trivialen Formalismus betrachten, sondern als einen wesentlichen Teil unserer rotarischen Identität ansehen, als integralen Bestandteil unseres rotarischen Wesens erkennen. Gemeinsam sollten wir uns darum bemühen, diese Praxis konsequent umzusetzen, damit wir Anstand, Ehre und Wertschätzung nicht nur in großen Aktionen, sondern auch in den feinen Nuancen unseres täglichen Handelns demonstrieren.

Als Rotary-Mitglieder spiegeln wir die Gesellschaft wider und können allgemeinen Trends nicht entkommen. Doch unsere Verpflichtung zu hohen ethischen Standards verlangt nach Respekt und Wertschätzung – in allem, was wir tun. Ich fordere alle Rotarier auf, das Bewusstsein für die Bedeutung von An- und Abmeldungen zu schärfen. Lasst uns zusammenarbeiten, um diese Werte zu stärken, und anerkennen, dass jede Geste, so klein sie auch sein mag, einen Unterschied macht.

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