Standpunkt
In anderen Clubs willkommen sein – ein Privileg für Gäste!
Das Recht, als Gast auch an Meetings anderer Clubs teilnehmen zu dürfen, ist im Rotary Code of Policies fest verankert. Manche Clubs „vergessen“ das hin und wieder ...
Die Pflege und das Erleben von Freundschaft ist das erste Ziel von Rotary und essenziell für die lokale und weltweite Zugehörigkeit und Zusammengehörigkeit. Die Freundschaft von Clubmitgliedern und die Zusammenarbeit in lokalen und überregionalen Projekten prägen die rotarische Clubkultur. In den Meetings sitzt man im Freundeskreis zu Tisch, schenkt einander Zeit für das offene Gespräch und hört dem Vortrag eines Mitgliedes oder Gastes aus dessen beruflichem oder anderweitigem Interessenfeld zu.
Gäste müssen willkommen sein
Rotarier*innen sind Mitglieder von Rotary Clubs, die ihrerseits Rotary International (RI), einem Verein amerikanischen Rechts mit Sitz in Evanston/USA, angehören. Ihre Leistungen werden größtenteils auf Clubebene erbracht, für alle gilt weltweit der Ordnungsrahmen und das Regelwerk für Organisation, Funktion, Struktur und Verfahren von Rotary International. Die Clubs sind gehalten, sich an diesen Rotary Code of Policies (RCP) als bindendes (rotarisches) Recht zu halten. Mit der Gründung eines Clubs ist die Willenserklärung verbunden, dass der Club die Verfassung von RI, die Satzung von RI und die Einheitliche Clubverfassung (vgl. Verfass. RI Art. 5 Abs. 4, Satzung RI Art. 2 Abs. 2.030, Einheitl. Clubverfassung eCV Art. 18) anerkennt und einhält. Diese Sicherung läuft durch alle Gesetzeswerke von RI.
Regelmäßiges Zusammentreffen erfordert sowohl Präsenzpflicht als auch Präsenzrecht. Jedes Mitglied soll an den regulären Zusammenkünften seines Clubs teilnehmen und sich bei den Dienstprojekten und anderen Veranstaltungen und Aktivitäten dieses Clubs einbringen können. Die Präsenzregeln der Einheitlichen Clubverfassung (Art. 10 eCV) formulieren deshalb das Recht, andere Clubmitglieder zur Pflege der Freundschaft regelmäßig zu treffen.
Nun kommt es verschiedentlich vor, dass Rotarier*innen durch berufliche oder private Veränderungen nur noch unregelmäßig oder fast gar nicht mehr an den regulären Zusammenkünften ihrer Clubs teilnehmen können. Hier trifft das RCP Vorsorge: Für Mitglieder, die sich mit neuen Lebenssituationen konfrontiert sehen, soll rotarisches Engagement nicht automatisch enden müssen. Insbesondere die Präsenzregeln sehen grundlegend und eindeutig vor, dass ein Rotary-Mitglied bei anderen Rotary Clubs stets als Gast willko men sein muss. Im eCV heißt es ausdrücklich: „Jedes Rotary-Mitglied kann an den regulären Zusammenkünften eines anderen Clubs oder seines Satelliten-Clubs teilnehmen.“ Eine Verweigerung des Gastprivilegs ist mit dem Regelwerk von RI nicht vereinbar.
Gast bei einem anderen Rotary Club sein zu dürfen ist ein hochrangiges Recht. Dieses Privileg ist gängige Praxis und steht in zahlreichen Clubs auch bei häufiger Anwesenheit auswärtiger Gäste nicht infrage. Dennoch gibt es Rotary-Mitglieder, welche Gäste anderer Clubs nicht mögen und in ihrem Club darauf drängen, das Gastrecht fallweise „pragmatisch“ zu beschränken. Beispiele sind „Unsere Muttersprache ist Deutsch, wir können den Mitgliedern nicht zumuten, sich ihretwegen auf Englisch zu unterhalten“, „Heute wollen wir nur Clubinterna besprechen“, „Wir sind ein reiner Herrenclub, sicher würden Sie als Frau sich bei einem anderen Club unserer Stadt wohler fühlen“, „Es gibt interne Gegenstimmen und Widerstände“: Dies wären im Sinne von Absatz 4.070 der RI-Satzung keine RCP-konformen triftigen Gründe.
Clubs in attraktiven Urlaubsregionen können sich vor allem im Sommer vor Gastbesuchen kaum retten, für die meisten Clubs sind Gäste eine schöne Abwechslung. Dementsprechend reicht die Palette rotarischer Gastfreundschaft von knapper Begrüßung bis hin zur Einladung zum Essen, aber eigentlich reichen ein paar freundliche Willkommensworte durchaus.
Jenseits der Clubautonomie
Möglicherweise hängt das beschriebene „Eigenleben“ mancher Clubs damit zusammen, dass deutsche und österreichische Rotarier das Gastprivileg viel zu wenig nutzen. Sogar die Besuche von Mitgliedern benachbarter Clubs scheinen eher Ausnahmefälle zu sein. Vielleicht braucht es manchmal Mut zum Clubbesuch in der Fremde, in der Regel aber werden daraus im auswärtigen Club neue rotarische Freundschaften und Aktivitäten entstehen, die das Clubleben auf diese Weise für alle interessanter und vielfältiger machen. Und: Vielleicht ist der Gast – und potenzielles Neu-Mitglied – ein perfekter Organisator von Benefizveranstaltungen? Oder als Vortragswart geeignet? Mit einem großen Herz für Austauschschüler ausgestattet? Interessiert daran, eine Partnerschaft mit seinem Heimatclub zu vermitteln? Hin und wieder einen Blick in das Regelwerk von RI zu werfen hilft dabei, sich und seinen Club als Teil einer weltumspannenden Organisation zu begreifen – beim Thema „Umgang mit Gastrecht“ endet die hierzulande viel gerühmte Clubautonomie definitiv.
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