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Mit Falke gegen illegale Drohnen
Die Sicherheitslage an deutschen Flughäfen wird immer wieder durch fremde Flugobjekte gefährdet. Ein Forschungsprojekt in Hamburg soll jetzt ein Konzept zur wirksamen Bekämpfung entwickeln.
In den vergangenen Jahren wurden an vielen deutschen und internationalen Flughäfen immer wieder unbemannte Flugobjekte wie zum Beispiel Drohnen identifiziert. Diese sogenannten UAS (Unmanned Air Systems) stellen eine erhebliche Gefährdung des Flugverkehrs dar. Aus diesem Grund ist in Deutschland jeweils um die Flughäfen ein 1,5 Kilometer breiter Luftraum gesperrt worden. Trotzdem werden jährlich offiziell über 100 Gefährdungen des Flugverkehrs durch UAS an deutschen Flughäfen allein nach Luftraumbeobachtungen gemeldet. Die Dunkelziffer ist aufgrund der derzeit noch beschränkten technischen Aufklärungsmöglichkeiten wahrscheinlich wesentlich höher.
Um den Schutz von Flughäfen vor illegalen Drohnen zu erhöhen, fördert das Bundesverkehrsministerium das Hamburger Forschungsprojekt „Falke“. Damit soll erstmals ein technisches und organisatorisches Gesamtkonzept für eine effektive Abwehr von rechtswidrig eingesetzten UAS an Flughäfen entwickelt werden. Falke wird vorhandene Komponenten nutzen, erweitern und zu einem funktional ausgereiften Gesamtsystem zusammenfügen. Ziel ist es, am Ende der Laufzeit von drei Jahren eine Art Blaupause für die internationale Flughafensicherung zur Verfügung zu stellen.
Wirtschaftliche Schäden
Neben der Gefährdung entsteht durch die Störung des Flugverkehrs auch ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden für die beteiligten Unternehmen und nicht zuletzt für die Fluggäste. Und zwar nicht nur am jeweils unmittelbar betroffenen Flughafen, sondern aufgrund der engen internationalen Vernetzung der Flugverbindungen weltweit.
Die rechtliche Bewertung solcher Vorfälle in und an Flugverbotszonen ist derzeit für die Sicherheitskräfte nicht ganz einfach. Das Spektrum der Bedrohung reicht vom verirrten Spielzeug bis zum gefährlichen Eingriff in den Flugverkehr. Die Sicherheitskräfte müssen daher bei der Wahl der zivilen Einsatzmittel stets eine äußerst dynamische Abwägung der Verhältnismäßigkeit durchführen. Die zur Verfügung stehenden technischen und organisatorischen Einsatzmittel scheinen nicht ausgereift zu sein, denn bisher konnten weder Kleinfluggeräte noch deren Piloten ausreichend abgeschreckt werden. Im Augenblick sind nur vereinzelt Komponenten zur Abwehr von Gefährdungen des Flugverkehrs durch UAS an den Flughäfen vorhanden, ein abgestimmtes Gesamtkonzept könnte jedoch die Effektivität entscheidend steigern.
Hier soll das mit knapp 2,1 Millionen Euro geförderte Projekt Falke (Fähigkeit des Abfangens von in gesperrte Lufträume eindringenden Kleinfluggeräten durch zivile Einsatzmittel) Unterstützung durch technische und organisatorische Lösungen bieten, die dem aktuellen technischen Stand entsprechen. Unter der Leitung der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg sind neben der Bundespolizei die Flughafen Hamburg GmbH, die Hensoldt Sensors GmbH, die Euro Avionics GmbH, die Frequentis Comsoft GmbH sowie die Deutsche Flugsicherung GmbH und die Deutsche Lufthansa AG als Partner im Projektkonsortium beteiligt. Als ausländischer Partner ist unter anderem der National Coordinator for Security and Counterterrorism of the Ministry of Justice and Security of the Netherlands (NTCV) assoziiert.
Dieses Projektkonsortium wird ein mit allen Beteiligten abgestimmtes technisches und organisatorisches Gesamtkonzept erstellen, das es allen Verantwortlichen an einem Flughafen ermöglicht, bei Gefährdungslagen durch illegal fliegende UAS Entscheidungen schnellstmöglich basierend auf einer gemeinsamen Lagedarstellung zu treffen und diese dann durchzusetzen.
Im Zweifel vom Himmel holen
Das Gesamtkonzept von Falke setzt sich aus vielen technischen Bausteinen und organisatorischen Abläufen zusammen, die möglichst automatisiert und digitalisiert werden sollen. Das Konzept beginnt beim automatisierten Prozessabschnitt der Erkennung (Detektion) der UAS und deren Klassifizierung in legale beziehungsweise rechtswidrig fliegende UAS durch Abgleich aller am Flughafen eingesetzten Air-Traffic-Management-Systeme. Das Ergebnis dieses Abschnitts ist eine eindeutige Bewertung der Gefährdung des Flugverkehrs durch die Verantwortlichen am Flughafen. Im nächsten Prozessabschnitt wird ein rechtswidrig eingedrungenes UAS durch die Intervention eines CUAS (Counter Unmanned Air System) unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit der Einsatzmittel sicher aus dem Luftraum entfernt. Ein CUAS ist ein Flugobjekt, das ein UAS automatisiert verfolgt und mit einem „Netz“ einfängt, welches geschossen oder geschleppt wird.
Der Einsatz von CUAS wird mit künstlicher Intelligenz gesteuert. Das soll es den Behörden zu jeder Tag- und Nachtzeit ermöglichen, auch einen hochdynamische Abfangvorgang automatisiert durchzuführen. Die Verantwortung bleibt jedoch uneingeschränkt beim leitenden Bundesbeamten vor Ort. Er überwacht permanent den automatisierten Abfangvorgang des CUAS und kann diesen jederzeit kontrolliert abbrechen. Ist die Gefahr gebannt, kann schnellstmöglich in einer gemeinsamen Lageabstimmung zwischen den Verantwortlichen am Flughafen die Wiederaufnahme des Flugverkehrs abgestimmt werden.
Ziel des Projekts ist es, die Sicherheit des Flugverkehrs an den Flughäfen ohne erhebliche Steigerung des Personaleinsatzes zu erhöhen. Des Weiteren sollen auch Kosten dadurch gespart werden, dass die bereits vorhandenen technischen Komponenten zur Abwehr von UAS an Flughäfen in das Gesamtkonzept von Falke integriert werden. Dazu wird das Ergebnis in einem Baukastensystem umgesetzt, in dem die Schnittstellen zwischen den einzelnen Bausteinen definiert und diese somit austauschbar sind.
In drei Jahren soll es losgehen
Das technische und organisatorische Gesamtkonzept soll innerhalb der Laufzeit von Falke realisiert und am Hamburger Helmut-Schmidt-Airport in mehreren Feldtests erprobt werden. Dies ist zeitlich ein sehr ambitioniertes Ziel, aber wenn das Projekt trotz der Einschränkungen durch die Coronakrise planmäßig verläuft, wird ab 2023 ein Modell bereitstehen, das für viele Flughäfen im In- und Ausland interessant sein dürfte.
Dr.-Ing. Ralf Heynicke, RC Ratzeburg, ist seit 2003 wissenschaftlicher Laborleiter an der Professur für Elektrische Messtechnik an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg. In den letzten Jahren wurden dort unterschiedlichste Möglich- keiten zur Abwehr von illegal operierenden UAS erprobt. Er entwickelt derzeit mit einer Arbeitsgruppe eine Künstliche-Intelligenz-Einheit für unterschiedlichste UAS-Applikationen.