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Im Einsatz mit ShelterBox

"Obdach Mangelware"

Julia Schaper aus dem Rotaract Club Heidelberg reiste als ShelterBox-Response-Team-Mitglied (SRT) nach Kenia in ein Flüchtlingslager. Wieder zurück in der Heimat, berichtet sie von ihren Eindrücken.

Julia Schaper15.10.2011

Nach Abschluss meiner Ausbildung zum SRT wollte ich unbedingt so schnell wie möglich in den Einsatz. Am 29. Juli kam dann tatsächlich der Anruf aus England – ich sollte mit nach Kenia ins Flüchtlingscamp Dadaab fliegen. Die Aufregung und Freude darüber musste bald höchster Konzentration beim Packen weichen. So kam ich am 6. August mit meinen Teamkollegen aus Großbritannien in Nairobi an.

ShelterBox ist auf Ersthilfe spezialisiert und somit oftmals die erste beziehungsweise einzige Organisation am Katastrophenort – anders bei diesem Einsatz. Das Flüchtlingscamp in Dadaab besteht bereits seit 20 Jahren. Doch dem nicht abreißenden Strom somalischer Flüchtlinge ist man dort nicht gewachsen. Täglich kommen circa 1300 Hilfesuchende in Dadaab an. So erfuhren wir vor Ort, dass gerade Obdach – also Zelte – Mangelware war und begannen, mithilfe des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM), die 2000 ShelterBox-Zelte aufzubauen, die bereits in Dadaab lagerten. Durch diese Zusammenarbeit dauerte es nur eine Woche, bis fast alle Zelte standen und die ersten Familien einziehen konnten. Am Ende meines Einsatzes konnten wir 7000 Flüchtlingsfamilien ein neues Zuhause auf Zeit geben. Insgesamt wurden 508 der Überlebenskisten aus deutschen Spendengeldern finanziert.

In einer abgezäunten Registrierungsstelle bekommen die neu angekommenen Flüchtlingsfamilien eine Nummer, werden medizinisch untersucht, erhalten eine Ration Wasser und Nahrung und werden anschließend wieder hinaus in die sogenannten „Outskirts“ (nahezu Wüste) geschickt, bis eine Unterkunft in den Campregionen frei wird. Die Einzelschicksale waren erschütternd: Viele Frauen waren allein mit ihren Kindern unterwegs, hatten ihre Männer zu Hause bei den verendeten Tieren gelassen, kamen mit leeren Händen und hungernd. Oft wurden Familienangehörige oder Freunde auf der tagelangen Reise krank oder starben. Trotz allem bewahrten sich viele der Betroffenen etwas Hoffnung auf Hilfe, Nahrung, Obdach und die Rückkehr in ein Leben, in dem sie nicht jeden Tag um den Tod bangen mussten. Ich bin froh, dass ich sehen konnte, wie wichtig und nötig die Arbeit von ShelterBox ist und wie glücklich und dankbar diejenigen sind, denen diese Hilfe zuteil wird. Für mich persönlich war die Reise nach Kenia mehr als nur eine Aufgabe als freiwilliger, humanitärer Helfer. Sie hat mich stärker und wissender gemacht.