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Covid-19-Krise

Resilienz und Management

Covid-19-Krise - Resilienz und Management
Die Corona-Situation meistern oder nicht? - Resilienz ist gefragt. © Pixabay

In den Diskussionen zur Corona-Krisenbewältigung taucht häufiger der Begriff der Resilienz auf. Christoph Freisinge erläutert, was sich dahinter verbirgt und wie man mit dieser Eigenschaft schwierige Situationen meistern kann.

24.07.2020

Unter Resilienz versteht man die Kraft, die Menschen dazu befähigt, Niederlagen, Schicksalsschläge,  Krisen erfolgreich und schnell zu meistern. Das Wort (von lateinisch resilire "zurückspringen, abprallen"  abgeleitet) kommt ursprünglich aus der Physik und kennzeichnet in der Materialforschung hochelastische Werkstoffe,  die nach einer Verformung ihre ursprüngliche Form wieder annehmen.

Aber nicht nur Einzelpersonen zeigen in der Praxis mehr oder minder Resilienz, sondern auch politische Organisationen wie Staaten aber auch Unternehmen jeglicher Größenordnung, Vereine und so weiter. Aber immer sind es die Menschen/Führungskräfte, die die Geschicke der jeweiligen Organisation maßgeblich beeinflussen, die für ein optimales resilientes Verhalten verantwortlich sind. Es ist daher immer wieder die Frage zu beantworten, warum die einen Organisationen Krisen gestärkt und innovativ meistern, während die anderen scheitern.

"Wir verdanken der Forschung rund um die US-amerikanische Entwicklungspsychologin Emmy Werner die Erkenntnis, dass es spezifische mentale Faktoren sind, die widerstandsfähige Menschen von anderen unterscheiden:

  • die uneingeschränkte Akzeptanz der teilweise radikalen Realität,
  • ein tiefer von starken Werten gestützter Glaube, dass das Leben allen Widrigkeiten zum Trotz sinnvoll ist, und
  • eine außerordentliche Fähigkeit, zu improvisieren und innovativ zu denken.

Dieselben Eigenschaften gelten im gleichen Maße für belastbare Organisationen. Diese begegnen der Realität mit Beständigkeit, schöpfen Wert aus der Notlage, anstatt verzweifelt zu verharren, improvisieren und arbeiten schnell an neuen Lösungen". (Zitat: Gastkommentar "Jetzt die richtigen Fragen stellen und Resilienz einüben", K. Janauschek, in: Der Standard, 9./10.5.2020, S.K4)

Mir fallen spontan weitere Führungsverhaltensweisen und Eigenschaften ein, die Mitarbeiter und Führungskräfte aufweisen sollten,  um Krisen rasch und effizient zu meistern wie

  • Teamorientierung, um rasch eine schlagkräftige Gruppe von kompetenten Mitarbeitern zu rekrutieren und zu einer Einheit werden zu lassen,
  • ein hohes Maß an Motivation, um allen Widrigkeiten zu begegnen,
  • Einsatzbereitschaft, geradezu rund um die Uhr, wenn erforderlich,
  • Bereitschaft, die bisherigen Vorgangsweisen, ja sogar zumindest Teile des Geschäftsmodells in Frage zu stellen,
  • ein hohes Maß an Zielorientierung mit den entsprechenden Strategien zur raschen Umsetzung von Veränderungen in die Praxis,
  • offene Kommunikation über geplante Veränderungen mit den betroffenen Mitarbeitern.

Nachdem diverse Krisen uns ständig auch in Zukunft begleiten werden – denken wir nur zum Beispiel an Finanz- und Wirtschaftskrisen, Flüchtlingskrise, Klimakrise - ist es unbedingt erforderlich, Notfallpläne für mögliche krisenhafte Ereignisse zu erarbeiten, die die eigene Organisation betreffen können. Nur dann sind wir im konkreten Fall gewappnet, die Krise erfolgreich sowie rasch zu meistern.

Das Corona-Krisenmanagement, das weltweit die verantwortlichen Politiker        nach wie vor herausfordert, liefert uns ein hervorragendes Anschauungsmaterial, wie mit der Krise umgegangen wurde und nach wie vor wird.

Folgende Fragen gilt es um Beispiel zu stellen:

  • Inwieweit wurde am Anfang der Pandemie die Realität uneingeschränkt akzeptiert oder im Gegenteil deren Existenz sogar in Frage gestellt?
  • Wie rasch wurde ein Team von Entscheidungsträgern zusammengestellt?
  • Inwieweit wurde auf die Expertise von Fachleuten Wert gelegt?
  • Wie rasch wurden die richtigen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt von den verantwortlichen Politikern eingeführt?
  • Scheuten sie nicht davor zurück, unpopuläre Entscheidungen zu treffen?
  • Wie offen wurden die betroffenen Menschen und Organisationen auch über schlechte Neuigkeiten informiert?
  • Ist das Verhalten der Entscheidungsträger vorbildhaft, das heißt: Halten sie sich selbst auch an die von ihnen jeweils getroffenen Maßnahmen/Regeln?
  • Wie professionell erfolgt die Rückkehr zur "neuen Normalität"?

Liebe Freunde, bildet Euch selbst ein Urteil, wie gut die verschiedenen politischen Entscheidungsträger weltweit bei der Bewältigung der Corona Krise einzustufen sind. Die diversen Medien liefern uns genügend Informationen, um die Fragen seriös beantworten zu können.

Zwei kritische Beurteilungen kann ich Euch allerdings nicht vorenthalten:

Barack Obama in einer Videobotschaft  für eine Uni-Abschlussfeier: "Diese Pandemie hat unsere Überzeugung zunichte gemacht, dass die Leute, die in der Verantwortung stehen, wissen, was sie tun". (Zitat aus: Der Standard, 18.5.20,S.10)

Martin Richenhagen, Vorstandsvorsitzender des amerikanischen Landmaschinenkonzerns Agco im Gespräch mit einem Redakteur der FAZ: "Donald Trump hat vollkommen versagt. Es hat sich schnell herausgestellt, dass er der falsche Mann am falschen Platz ist. Er lässt sich nicht beraten, schaut stattdessen sehr intensiv Fernsehen, strickt sich daraus eine Meinung zurecht und schießt sie in die Welt. Dieser Ansatz ist für Krisenmanagement ungeeignet." (aus: FAZ, 14.05.2020, Nr. 112,S.19)

Prof. Dr. Christoph Freilinger
RC Linz-Leonding
Kontakt: chrisfreilinger@kybernetika.at