Brüssel
Rotary in einer sich verändernden Welt

Tag 2 des European-African Summits stand im Zeichen von Polio und rotarischen Werten.
Wie kann Rotary die Zivilgesellschaft mit seinen Werten prägen? Fragen wie diese griff zum Beispiel Dr. Mustapha Balogun von der Universität Lagos aus Nigeria auf, der davon berichtete, wie mehr als 250 Ethnien innerhalb der 260 Millionen starken Bevölkerung zusammenleben. Außerdem gelte es, auch Typen, Religionen, Sprach- und politische sowie geographische Gruppen zu vereinen, ohne Diversity zu verneinen.

Prof. Dr. Françoise Meunier (Royal Academy für Medizin, Belgien) brachte die Geschichten Krebskranker mit, die nach ihrer Erkrankung ständig darauf reduziert werden. Sie plädierte für ein Recht auf Vergessen, wenn der Patient geheilt sei. Gerade junge Menschen würden so nicht mehr stigmatisiert werden. Rotary mit seinem Eintreten für "Diversity, Equity and Inclusion" könnte dabei helfen.
Die zahlreichen geopolitischen Konflikte in der Welt sah dagegen Jean van Wetter als wichtiges Betätigungsfeld für Rotary. Der CEO der Belgischen Agentur für internationale Kooperation ENABEL plädierte dafür, internationale Kooperation zu überdenken und Zivilgesellschaften zu stärken. "Afrika wächst und Europa altert, schon deshalb wird sich in der Zusammenarbeit einiges ändern. Lasst Rotary zu einem der Protagonisten werden, der Brücken baut und Aktionen anstößt."

Finanzen im Blick
In einem weiteren Panel diskutierten Finanzfachleute: Roger Hartmann, RC Luxemburg-Schumann, Chef der European Finance Planning Association, Nicolas Crochet, Vizechef von Funds for Good, und Theopista "Mamma Theo" Sekitto aus dem Women' World Banking Team. Sie diskutierten die Finanzierung von Umweltprojekten ebenso wie sozial-verantwortliche Investments oder Mikrokredite für Frauen.

Mamma Theo berichtete zudem, was Rotary bewirken kann: Ein Projekt zur Müttergesundheit hatte sich darum gekümmert, werdende Mütter rechtzeitig in Krankenhäuser zu befördern. Das hatte die Müttersterblichkeit in der Region auf Null gesetzt. Solche Erfolgsprojekte gelte es auzurollen.Die Panelteilnehmer warben auch für digitales Coaching. Expertise und Wissen sei eine der wichtigsten Ressourcen.
Polio – Rotary weiter in Aktion

Der Nachmittag brachte das Thema Polio optisch und diskussionstechnisch auf den Plan. Nicht nur warben überall riesige bis winzige Poliobären für das Thema. Auch eine ganze Crew zeigte mit roten Shirts Flagge. Darunter der Polio-Zonenbeauftragte Christian Schleuß. Per Video sandte Bill Gates eine Botschaft, die die rotarische Familie weiter motivieren soll, am Ziel einer poliofreien Welt festzuhalten.
In ihren Vorträgen und Diskussionen beleuchteten Prof. Dr. Pierre van Damme vom Center for the Evaluation of Vaccination der Universität Antwerpen, Prof. Heidi Larson von der London School of Hygiene and Tropical Diseases, die aktuelle Situation und vor allem, wie künftige Polio-Ausbrüche verhindert werden können. Von 2024 auf 2025 ist die Zahl der Poliofälle zwar von 40 auf bisher 30 gefallen. Doch in 28 Ländern hat es bereits impfstoffabhängige Poliofälle gegeben. Die Erfahrung so die zeige, dass die frühzeitige Impfung in den dafür vorgesehenen Zeiträumen schütze.
Auch Jamila Louahad, Global Vaccine Research and Development Glaxo Smith Kline, plädierte dafür, stärker an Strukturen zu arbeiten. Der Zugang zu medizinischer Hilfe und ein gestärktes Gesundheitssystem in den betroffenen Ländern müssten das Ziel sein. Zudem zeige sich immer stärker, dass für Polio eingerichtete Systeme auch gegen andere Krankheiten hilreich seien: Malaria, Typhus, Tuberkulose, betonte auch Dr. Jamal Ahmed, WHO-Direktor für Polio. Sein Chef, Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, sandte per Video Grüße und wünscht sich ein weiteres Engagement der Rotarierinnen und Rotarier.
Erfahrungen nutzen

Wie rotarisches Engagement für Polio geht, zeigte Dr. Tunji Fusho, der seit 40 Jahren als Polio-Chair in Club, Distrikt und Rotary-Zone aktiv ist. Inzwischen ist der Kardiologe Mitglied im International PolioPlus Committee und ist froh, dass er die Erfahrungen aus Polio und der Covid-Pandemie nutzen kann – gegen das Ebola-Virus, das in seiner Heimat Nigeria weiter ein Thema ist. Mit Blick auf den fast schon beendeten rotarischen Kampf gegen Polio sagte er: "Jeder muss sich klar sein: Das ist eine olympische Disziplin und wir kämpfen um nicht weniger als die Goldmedaille."
Welche Strategien und Praktiken dabei helfen könnten diskutierten in der Folge Judith Diment, Vize-Chair des Internationalen PolioPlus Committees, Emer Cooke von der European Medicines Agency (EMA) und Prof. Dr. Peter Piot (Professor für Global Health) sowie EU-Direktorin Erica Gerretsen. Letztere forderte, neben der Bereitstellung von Impfstoffen auch die Forschung sicherzustellen und die Effizienz bei der Bekämpfung zu erhöhen. Ob Impfstoffe künftig in Afrika hergestellt werden können, hängt davon ab, wie schnell dort Produktionsstätten etabliert und Fachleute ausgebildet werden können, waren sich die Experten einig.
154 Millionen Kinderleben wurden durch die Polio-Impfung seit Beginn der rotarischen Kampagne geschützt, so die WHO. "Wir müssen weitermachen – bis die Krankheit ausgerottet ist!"

Zum Abschluss des Tages lernten die Konferenzteilnehmer noch den Brüsseler Bürgermeister kennen, der es sich nicht nehmen lassen wollte, die Rotarier persönlich in seiner Stadt zu begrüßen.
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