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Aktuell

Spannungen zwischen Zentralvorstand und rotarischer Basis?

Aktuell - Spannungen zwischen Zentralvorstand und rotarischer Basis?
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Bericht über wichtige Beschlüsse des Council on Resolutions 2020

20.11.2020

Im vierten Jahr seiner Existenz hat der jährliche Council on Resolutions (CoR) an Routine, aber auch an Selbstbewusstsein gegenüber dem Zentralvorstand in Evanston, gewonnen. 30 Resolutionen und ein eiliger Gesetzesantrag sind den 523 CoL-/CoR-Delegierten aus der ganzen Welt zur Entscheidung vorgelegt worden. Um diese Zahl scheint sich die Zahl der jährlichen Anträge einzupendeln. Hans-Hermann Kasten, der Koordinator der deutsch-sprachigen Delegierten, stellte mit Freude fest, dass unsere Distrikte wieder mit mehreren Anträgen dabei waren und damit die Zukunft von Rotary mitgestalten wollen.

Zum ersten Mal hat der Zentralvorstand, das Board of Directors, sein neues Recht wahrgenommen, einen Dringlichkeitsantrag zu einer Gesetzesänderung online einzubringen. Änderungen der Statuten konnten nämlich bisher nur im Rahmen eines Council on Legislation (CoL) erreicht werden. Mit Dringlichkeit wird ein Teilnahmerecht der Direktoren am CoL angestrebt. Beim letzten CoL 2019 in Chicago hatten die Delegierten die aus ihren Augen überzogenen Versuche moniert, Möglichkeiten des CoL zu beschneiden. Sie beantworteten dies mit einer Ausladung der Past-Weltpräsidenten und der meisten Vorstandsmitglieder für den nächsten CoL. Auch wenn es bei der Ausladung der Ex-Präsidenten aus Kostengründen bleibt, wurde nun beschlossen, den Vorstandsmitgliedern weiterhin den Zugang zum CoL zu ermöglichen. Damit soll die Möglichkeit der vertrauensvollen Abstimmung der Delegierten mit den Direktoren vor Ort erhalten werden.

Nur elf der 30 Resolutions-Anträge wurden angenommen. Dabei werden eindringliche Appelle an Zentralvorstand und die Trustees der Foundation formuliert, die sich unter dem Schlagwort "good governance" zusammenfassen lassen.

Schwerpunkt Berufsdienst aufwerten

Ein wichtiges Signal betrifft die Wertschätzung des Berufsdienstes. Nachdem der Zentralvorstand den Berufsdienst 2018 aus der Liste der obligatorischen Beiratsfunktionen der Distrikte gestrichen hatte, wird hier von der rotarischen Basis ausdrücklich die Gegenposition bezogen und ein Berufsdienst-Komitee auf Distriktebene ausdrücklich verlangt. Dazu passt, dass auch die Förderung der beruflichen Weiterentwicklung der Mitglieder als ein Ziel herausgehoben wird.

Der letzte CoL hatte Rotaract vom Status eines rotarischen Projektes in einen vollwertigen Teil von Rotary verändert. Zu diesem Thema vermissten die Distrikte die weitere Ausgestaltung der Konsequenzen. Fast 90 Prozent Zustimmung zu einem entsprechenden Schweizer Antrag zeigen den Handlungsdruck. Hier wird zu klären sein, ob nicht auch die Regelungskompetenz zu Rotaract vom Weltvorstand auf den CoL übergehen muss.

Der CoR möchte die Zusammenarbeit aller rotarischen Ebenen mit dem Zentralvorstand fair weiterentwickeln, was insbesondere gleichberechtigte Eingabefristen und Informationsfristen betrifft. In die gleiche Kerbe schlägt die Forderung, die regionalen Rotary Koordinatoren über gemeinsame Komitees mit den Distrikten zu nominieren, anstatt sie wie bisher allein durch Evanston zu bestimmen.

Den spektakulären Höhepunkt der Auseinandersetzung mit Evanston bildet vielleicht die Forderung, die Amtszeit des Generalsekretärs auf zehn Jahre zu beschränken. Nachdem dieser sich im letzten CoL gerade das Recht gesichert hatte, als "Chief Executive Officer" (CEO) von Rotary zu firmieren, spiegelt sich hier wohl ein Unwohlsein der Delegierten mit der Rollenentwicklung.

Änderungen bei Grants

Eine Vielzahl von Anträgen richtet sich an das Board of Trustees der Rotary Foundation. Zahlreiche Distrikte fordern hier mehr Flexibilität in den Grant-Regeln ein. Eine Mehrheit der Stimmen haben aber nur zwei Anträge gefunden. Ein Schweizer Antrag fordert die Mitfinanzierung von Maßnahmen zur Prävention und Elimination von Plastik-Rückständen durch die Foundation. Dies ist inzwischen schon weitgehend auf den Weg gebracht. Zum anderen wünschen sich die Distrikte mehr Freiheiten bei der Verwendung von Großspenden, die explizit zugunsten eines Distriktes geleistet werden.

Welche Anträge hatten weniger Chancen? Alle Versuche, politische Fragestellungen mehr in den Focus von Rotary zu rücken, wurden abgelehnt. Auf Zurückhaltung sind auch alle Versuche gestoßen, die Komplexität der rotarischen Regeln oder Strukturen zu erhöhen (zum Beispiel durch Einführung einer Kinderorganisation unterhalb der Altersgruppe von Interact).

Die Resolutionen gelten als Handlungsaufforderungen an den Zentralvorstand. Im vergangenen Jahr gab es einige Enttäuschungen, weil – auch mit großer Mehrheit – vom CoR verabschiedete Resolutionen vom Zentralvorstand und den Trustees nicht beachtet wurden. Der diesjährige CoR ist geprägt vom Optimismus, über die Resolutionen doch etwas bewirken zu können. Das Board ist nun am Zug.

Hans-Hermann Kasten
Council-on-Legislation/Resolution-Beauftragter des Deutschen Governorrates