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Von Versorgern und Trophäenjägern

Titelthema - Von Versorgern und Trophäenjägern
Joan Wulff, die „First Lady des Fliegenfischens“, mit 81 Jahren beim Auswerfen in Florida. Welcher Anglertyp sie wohl ist? © Jeffery Salter 2008 / redux / laif

Es gibt viele Motive, die zum Angeln verleiten. Die meisten Petrijünger möchten Fische fangen, aber nicht alle. Klingt komisch, ist aber so. Eine kleine Anglertypologie

Robert Arlinghaus01.08.2020

Warum geht man angeln? Und wie wichtig ist dabei das Fangerlebnis? Seit den 1960er Jahren wurde in vielen Studien beschrieben, dass der Fischfang nicht das Hauptmotiv für die meisten Angler ist. Stattdessen seien Erholung und Entspannung am Wasser sowie das Naturerlebnis wesentliche Triebfedern. Wenn Fischfangen also nebensächlich ist, warum gehen dann Vereinsmitglieder auf die Barrikaden, wenn nicht genügend besetzt wird? Und warum sind dann Angelzeitungen voll von Fangberichten und Fangfotos? Wie kann man diese scheinbare Widersprüchlichkeit auflösen?

Meist wurde in früheren Studien erhoben, welche Faktoren ganz allgemein für die Ausübung des Angelns als Hobby bedeutsam sind. Natürlich werden dann Aspekte wie Erholung und Naturerlebnis genannt – handelt es sich doch beim Hobbyfischen um eine Freizeitaktivität, deren Ausübung nicht unbedingt vom Fischfang abhängig ist. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass der Fischfang für Angler keine Rolle spielt. Außerdem sagen allgemeine Anglermotive nichts darüber aus, was ganz konkret an einem bestimmten Gewässer von Anglern erwartet wird.

Fünf Anglertypen

Zusammen mit einem Doktoranden haben wir über 1000 Angler in Mecklenburg-Vorpommern zu ihren ganz konkreten Angelmotiven beim Angeln auf bestimmte Zielarten und in bestimmten Gewässern befragt. Darüber hinaus kamen Angeltagebücher zum Einsatz. So konnten wir jeden Angler in einer Nachbefragung mit einem ganz konkreten Angeltag konfrontieren und fragen, was an diesem Gewässer das zentrale Angelmotiv war. In der Sonne dösen? Mit Freunden ein Bierchen zischen? Einen Fisch fürs Abendessen fangen? Oder gar das Trophäenfoto? Im Ergebnis konnten wir fünf Anglertypen identifizieren, die sich in ihren Hauptmotiven unterscheiden. Viele dieser Angler betonten die Wichtigkeit von mit dem Fischfang zusammenhängenden Aspekten.

Der Versorgungstyp

13 Prozent aller Angler zählen zum Versorgungstyp. Ihre Angelfreude liegt primär darin, für ein gemeinsames Essen mit Freunden und Familie einen leckeren Fisch zu fangen. Den Versorgern ist es wichtig, viele Fische zu fangen, um auch für angelfreie Zeiten einen Überschuss im Tiefkühler zu haben. Im Schnitt gehören zu dieser Gruppe die ältesten (50 Jahre) und erfahrensten Angler – sie angeln im Schnitt seit 26 Jahren. Der Versorgungstyp fängt den frischen Fisch am liebsten in der Nähe seines Wohnorts. Zum Versorgungsangler gehört aber auch der Norwegenurlauber, der mit Kühltruhe und Filetiermesser bewaffnet den Kampf ums Dorschfilet antritt. Auch der Forellenteichangler dürfte vor allem an Versorgung interessiert sein.

Der Trophäenjäger

Die Hauptbeweggründe zum Angeln sieht der Trophäenjäger, wie der Name schon sagt, in dem Fang von kapitalen Fischen. Ganze 21 Prozent der Angler Mecklenburg-Vorpommerns gehören dieser Gruppe an, die ähnlich wie die Versorgungsangler ihre kapitalen Exemplare am liebsten in der Nähe ihres Wohnortes an den Haken bekommen. Auch unter den Vielreisenden gibt es ausgewiesene Großfischjäger – man denke an den weit reisenden Karpfenangler oder den Big-Game-Fish-Touristen, der wie Hemingway auf Marlin ansitzt.

Der „Challenge Man“

Der Herausforderungen-Sucher (25 Prozent der Angler) hat kein klares Hauptmotiv. Dieser Typ angelt am liebsten alleine und benötigt anspruchsvolle Techniken wie das Fliegenfischen, um sein Glück im Hobby auszuleben. Weiterhin möchte er möglichst viele Fische fangen, sie mit List an die Schnur bringen und ab und an auch kapitale Brocken fangen, die einen anspruchsvollen Drill liefern. Um dies zu erleben, ist er auch einem Angelurlaub außerhalb seiner Heimat nicht abgeneigt.

Der soziale Typ

Für den sozialen Typen ist es das größte Angelglück, gemeinsam mit Familie und Freunden einen Tag am Gewässer zu verbringen. Besonderes Glück verspricht der Fang von Fischen. Denn dann kann man auch noch das Gemeinschaftsangeln gewinnen oder einfach nur zeigen, dass man der größte Hecht ist. Interessanterweise gehören dieser Gruppe (14 Prozent aller Angler) die jüngsten Angler an, die im Durchschnitt 40 Jahre alt sind und die mit durchschnittlich 17 Jahren die geringste Angelerfahrung besitzen. Dafür ist der soziale Typ im Vergleich zu allen anderen Petrijüngern am agilsten: Er legt innerhalb seines Bundeslandes die größten Strecken zurück, um mit Familie und Freunden zusammen zu sein, und fährt auch gerne in den Angelurlaub.

Naturorientierter Angler

Obwohl nicht für alle Petrijünger die Natur der Hauptbeweggrund zum Angeln ist, bilden die naturorientierten Angler mit 27 Prozent die größte Gruppe. Dieser Typ findet im Naturerlebnis und im Erholungseffekt am Gewässer sein Glück. Für ihn ist Fischefangen tatsächlich nebensächlich, ja fast schon Ruhestörung.

Die fünf Anglertypen sind Prototypen und sollten nicht als strikte Einordnung verstanden werden. Die Motive schwanken bei vielen Anglern von Angeltag zu Angeltag und sind auch vom Gewässer abhängig. Ein Angler kann an einem Tag ein begeisterter Trophäenjäger am Angelteich sein, an einem anderen Tag zum Versorgungsangler mutieren, der frischen Fisch für sich und seine Familie am Fluss fängt. Die Eingruppierung in die fünf Anglertypen basiert in unserer Studie lediglich auf den Hauptbeweggründen für das Angelglück. Und das zeigt entgegen früheren Studien deutlich, dass die Angelfreuden von drei der fünf Hauptgruppen entscheidend vom Fischfang abhängig sind. Für diese drei Anglertypen ist Angeln ohne Fischfang ungefähr so wie Fußballgucken ohne Tore – kann auch mal Spaß machen, aber so richtig rund wird es erst, wenn der Fisch im Kescher beziehungsweise der Ball im Netz zappelt.

Robert Arlinghaus

Prof. Dr. Robert Arlinghaus arbeitet am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei und leitet den Fachbereich Sozialwissenschaftliche Dimension und Bio-Ökonomie der Angelfischerei an der Humboldt-Universität zu Berlin. Darüber hinaus befasst er sich mit der Ökologie und Evolution von Fischbeständen.

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