Aktuell
Großes Polio-Event in Chemnitz
Fast 10.000 km legte der Jordanier Bashar Asfour auf seiner End-Polio-Now-Tour durch Europa zurück. Er warb mit jedem Kilometer Spenden für die rotarische Polio-Kampagne ein. Finale war nun in Chemnitz.
Der Erfolg ist riesig: Nicht nur, dass Bashar Asfour – selbst an Polio erkrankt – in Hunderten Clubs und Foren für den Kampf gegen Polio war und so zusammen mit den Clubs an seiner Tourstrecke die rotarische Kampagne bekannter machte. Er warb über fast 10.000 km hinweg mit seinem auffällig gestalteten Auto für Impfungen gegen die Krankheit. Denn noch ist Polio nicht besiegt. Jeder einzelne Fall kann einen neuen Polio-Ausbruch bedeuten.
Und dann sammelte Bashar auch weit mehr als 200.000 Euro an Unterstützung für die rotarische Kampagne ein. Weitere Spenden sind avisiert, da sie zum Beispiel in Deutschland über RDG eingereicht werden müssen und sich zeitlich verzögern. Doch letztlich wollte kein Club an der Tourstrecke zurückstehen: Viele trafen sich mit Bashar zu Spendenevents und -aktionen, zu Charity-Abenden und Info-Veranstaltungen.
Der 65-Jährige sieht nach der gut sechswöchigen Tour geschafft aus, strahlt aber, wenn er von den Bemühungen der Clubs, sein Spendenziel zu unterstützen, erzählt. Auch die vielen Freundschaften, die er auf der Reise schloss, lassen ihn wieder agil wirken. Und er hat eine ganze Reihe bekannte Gesichter getroffen, darunter in Rom Gordon McInally, RI-Präsident.
Und er hat viel erlebt: der emotionale Start am Brandenburger Tor, Meeting auf dem Weindorf in Stuttgart, Multi-Wimpel-Übergabe in Monza, das Institute in Rom, eine Motorrad-Eskorte in der Türkei, in Bayern das Spezialbier zur End-Polio-Tour, das Jazz-Charity-Event in Österreich ....
Auf der Schlussetappe von Prag nach Chemnitz war es vielleicht etwas ruhiger, im Ziel dafür trubeliger: Dort wurde Bashar von Rotariern und Rotarierinnen, Rotaractern und Rotaracterinnen, rotarischen Fellows und einer ganzen Reihe Unterstützern erwartet. Auf dem Markt in Chemnitz warben sie gemeinsam für das große Ziel: End Polio Now. Und "Wir sind so knapp dran" ließ sich den Passanten gut erklären. Mit Flyern und Engagement warb die gesamte rotarische Familie um Unterstützung und Aufmerksamkeit.
Neben dem Public Event verständigten sich auch die Polio-Verantwortlichen der Distrikte über das weitere Vorgehen, über Aktionen und News aus der Medizin zur Kinderlähmung. Zulassungsfragen über einen neuen Impfstoff wurden ebenso diskutiert wie Übertragungswege, die das Polio-Virus inzwischen nimmt. Dabei kam auch zur Sprache, dass PDG Hans-Jürgen Leuchs in Kürze als Vertreter Rotarys bei der WHO in Genf die Verwendung von Spendengeldern in einem Auditing prüfen wird.
Die Kommunikationsbeauftragten der Distrikte stellten vor allem in den Fokus, wie Clubs ihre Projekte überzeugender darstellen und auch öffentlich präsentieren können. Ebenso wurden die sinkenden Mitgliederzahlen und Werbemöglichkeiten diskutiert. Zudem ging es darum, ab sofort jeden Rotarier und jede Rotarierin zum Botschafter für die Organisation zu machen – und welche Informationen es dafür braucht. Das Thema Vorbereitungen für den European Summit wird den Ausschuss bis nächsten Sommer begleiten.
Symposium mit rotarischen Gästen
Am Nachmittag traf sich die rotarische Familie unter anderem mit Mike McGovern, der bei Rotary für das Thema Polio Eradication zuständig ist, mit Aidan O'Leary, als WHO-Direktor mit Polio-Themen ständig befasst, und Past-RI-Präsident Holger Knaack. Die Gesundheitsdezernentin der Stadt Chemnitz, Katja Uhlemann, würdigte die Leistungen der rotarischen Familie: "Was Sie bereits erreicht haben, verdient sehr großen Respekt." Gleichzeitig wünschte sie sich weiteren Einsatz der Rotarier und Rotarierinnen in Sachen Prävention.
Hans-Iko Huppertz, nicht nur Poliobeauftragter in D1850, sondern auch Vorsitzender der Nationalen Kommission für Polioeradikation in Deutschland, pochte erneut darauf, für mehr Impfungen auch hierzulande zu werben. 90 Prozent Durchimpfungsrate seien nicht genug. Zudem seien in Afrika impfabgeleitete Fälle aufgetreten, dies sollte zur Vorsicht mahnen, sagte er. Auch wenn Typ 2 und 3 des Polio-Virus' schon ausgerottet seien, müsse man vorsichtig bleiben. Eine Verschleppung in bereits poliofreie Regionen sei schnell möglich.
Mike McGovern erinnerte daran, dass eigentlich das Ziel "poliofrei" bereits im Jahr 2000 erreicht werden sollte. Bashar Asfours Tour habe erneut gezeigt, dass die Passion und Zielstrebigkeit der rotarischen Familie im Kampf gegen Polio nicht nachgelassen habe. Dennoch zeige sich eine leichte Müdigkeit und die landläufige Meinung: "Eigentlich ist es doch schon geschafft." Dagegen müssten die Polio-Bekämpfer andiskutieren. 2,7 Mrd. US-Dollar habe die rotarische Gemeinschaft in diesem Kampf bereits aufgebracht, 6 Mrd. Dollar habe die Gates-Stiftung beigesteuert. Doch für die letzten Meter gelte: "We are not giving up", sagte er.
Gastgeberin Sabina Gärtner-Nitsche berichtete, dass sie bereits bei rotarischen Impfaktionen dabei war. Sie habe dabei einige "Frontworkerinnen" kennengelernt. Deren Arbeit sei nicht hoch genug einzuschätzen, da sie in Afghanistan und Pakistan von Tür zu Tür gingen, Familien überzeugten und die Impfrate hochtrieben. Leider kam der Kontakt per Zoom mit einer von ihnen – Tabayya Gul – wegen technischer Schwierigkeiten ebenso wenig zustande wie die Schalte zu Dr. Tunji Funsho in Nigeria. Letzterer steht für den Slogan "Keep Polio @ zero" in Afrika. Bisher ist der große Kontinent schon 84 Monate ohne eine neue Ansteckung mit dem Wildpolio-Virus.
WHO-Direktor Aidan O'Leary verwies auf das Independent Monitoring Board. Dessen Zahlen und weitere Informationen zeigen, dass sich das Virus bisher nur noch in einer abgelegenen Bergregion nachweisen lässt. Angesichts der schwierigen Lebensbedingungen in Afghanistan und Pakistan seien die – nur – sechs Fälle in der Region ein Riesen-Erfolg. Sobald die Impfmöglichkeiten sich weiter verbesserten, solle auch die Überwachung verstärkt werden. "Es wird noch eine Fahrt über einen holprige Straße", meinte er.
Bashars erfolgreiche Tour
Einer der Höhepunkte der Veranstaltung: der Rückblick von Bashar Asfour auf seine Tour. "Every station had its own beauty", war sein Resümee. Viele Passanten hätten über sein Auto gestaunt, ebenso über sein Engagement und die Daumen nach oben gereckt, um ihm ihre Sympathie zu zeigen. Insgesamt habe er so viel erlebt, dass er noch einige Tage erzählen könne... Die Tour sei ein großer Erfolg gewesen, habe ihn in Kontakt mit unglaublich vielen Freunden gebracht, bei denen er sich willkommen und zuhause gefühlt habe.
Bis Weihnachten will er noch weiter um Spenden werben und so das ursprüngliche Ziel von 250.000 US-Dollar noch aufstocken. Das Spendenkonto bleibt demnach noch weiter offen, Erlöse von Polio-Aktionen können weiter über RDG gespendet werden.
Die spendenfreudigsten Clubs je Distrikt (im vergangenen rotarischen Jahr) wurden ausgezeichnet:
- D1800: RC Göttingen-Sternwarte
- D1810: RC Bornheim
- D1820: RC Usingen
- D1830: RC Ebingen-Zollernalb
- D1841: RC Memmingen-Allgäuer Tor
- D1842: RC Gauting-Würmtal
- D1850: RC Hümmling zu Sögel
- D1860: RC Wendel-Stadt
- D1870: RC Lüdinghausen
- D1880: RC Marienberg
- D1890: RC Hamburg-Elbe
- D1900: RC Selm-Kaiser Barbarossa
- D1930: RC Singen/Hohentwiel
- D1940: RC Berlin-Funkturm
- D1950: RC Meiningen
- D1980 (Schweiz): RC Allschwil-Regio Basel
- D1990 (Schweiz): RC Echallons-Gros-de-Vaud
- D2000 (Schweiz): RC Uster
Sabina Gärtner-Nitsche, Governor im Distrikt 1880, rief zum Schluss noch eine Challenge aus. Die rotarische Familie solle DDF-Mittel, Distriktmittel und Foundation-Matches besser nutzen, um mit der Gates-Förderung zum Beispiel aus 500 Euro letztlich 7500 Euro zu machen. Sie werde in ihrem Governorjahr die Clubs dahingehend unterstützen.
Das Event zum Polio-Tag 2024 wird der Distrikt 1870 ausrichten.
Sie wollen mehr Eindrücke? – Bildergalerie: rotary.de/fotostrecke/468
Sie wollen den neuen Polio-Newsletter regelmäßig lesen? - Melden Sie sich hier an.