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Kunstfilmdebüt mit Lockdown-Kunst

 - Kunstfilmdebüt mit Lockdown-Kunst
© www.come-closer.org (alle Fotos)

In „Come Closer“ verschmelzen Klaviermusik, zeitgenössischer Tanz und Filmkunst.

25.06.2020

Eine internationale Künstlergruppe inszeniert auf einer nächtlichen Flugzeug-Landebahn eine zeitgenössische Tanzproduktion trotz und wegen Corona. Das Ergebnis wird ab 25. Juni 2020 als Kurzfilm veröffentlicht.

Nachdem das Ballett- und Konzertleben im Corona-Lockdown zum Erliegen gekommen ist, sind die Weh-Rufe der Kulturschaffenden weithin zu vernehmen. Nach dem Motto "dann kommt eben die Kunst zum Publikum" inszenierte eine internationale Künstlergruppe um den Wörthseer Komponisten Axel Werner (RC Wörthsee) im Mai das zeitgenössisches Tanzvideo "Come Closer". Dabei wurden alle Corona-Auflagen eingehalten und vielleicht ist gerade deshalb Erstaunliches entstanden. Ursprünglich als Bühnenproduktion geplant, verschmelzen in dem Kurzvideo Klaviermusik und zeitgenössischer Tanz zu einem Format der Filmkunst, das ab 25. Juni 2020 auf www.come-closer.org besucht werden kann.

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Der nächtliche Fliegerhorst Landsberg bot eine spannende Kulisse.

Der Dreiminutenfilm verarbeitet das erste Werk der "Blue Hour Suite", einer Folge von zehn Klavierstücken, die Axel Werner für modernes Ballett und Ausdruckstanz komponiert hat. Das filigrane Piano-Solo vermischt romantisch-balladeske Figuren mit jazzigen Wendungen und mündet in einen lyrischen Stil zwischen Eric Satie und George Gershwin. "Ich schreibe Filmmusik für’s Kopfkino. Meine Klavierstücke sollen zum Schmunzeln und Träumen anregen und der bewegten Seele eine Wohltat bereiten", so der Wörthseer Komponist.

Die Musik war für den Choreographen Maged Mohamed eine willkommene Herausforderung. Wird üblicherweise zunächst der Tanz choreographiert und anschließend die Musik komponiert, war es bei "Come Closer" umgekehrt: "Den Flow des Klavierstücks haben wir in eine emotionale Körpersprache übersetzt und dabei das aktuelle Social Distancing aus der Sicht zweier Liebenden interpretiert. Nähe und Nicht-Berührung werden zu einer eigenen Symbolsprache", erläutert der ägyptische Münchener. Im Film träumt ein junger Mann von seiner entfernten Geliebten. Alle Versuche, die körperliche Distanz zu überwinden, scheitern. Schließlich verlässt er seinen geschützten Raum und folgt ihr in die Weite der Nacht. In der magischen Blue Hour wird schließlich das Unmögliche wahr.

Die Besonderheit dabei: die beiden Tänzer sind auch im wirklichen Leben ein Paar. Die Belgierin Amelie Lambrichts war zuvor vom Rotterdamer Scapino-Ensemble nach München zu ihrem Freund David Valencia zurückgekehrt. Der Kolumbianer ist Solist in der Kompanie des Gärtnerplatztheaters. Dass beide unter einem Dach leben, erleichterte das Proben ungemein. "Das ganze Projektteam entwickelte einen begeisterten Spirit. Vielleicht gerade, weil das Corona-Verhaltenskorsett für kreative Menschen anregend wirkt", meint Lambrichts und Valencia ergänzt: "Kunst ist immer auch Gegenwartsreflexion. Wir haben einfach die schöne Musik tänzerisch gedeutet und ihr unseren ehrlichen, aktuellen Ausdruck gegeben."

Dabei hat sich die Gruppe über verschiedene Videokonferenzen und Projektmessenger organisiert. Geprobt wurde in der Küche und in Münchens Englischem Garten. Gedreht wurde auf dem verlassenen Flughafen des Fliegerhorsts Landsberg in Penzing sowie im Wörthseer Studio.

"Ein Flughafen bei Nacht ist ein faszinierendes Setting", erzählt Frank Meyer, der die Regie und Kamera führte. "Unser Ziel war es, dem Zuschauer durch die Linse ästhetische Tanzdetails zu vermitteln, die er bei einer Bühnenaufführung von seinem Sessel aus nie sehen würde. Im verlassenen Flugzeug-Shelter und umgeben von der nächtlichen Weite der Landebahn entstanden sehr bewegende Aufnahmen." Peter Mang, der die Produktion realisierte, achtete auch in der Nachbearbeitung auf Klarheit: "Dem intimen Stil von Musik und Choreographie folgend, verzichten wir auf jedes Blendwerk an Visual Effects und lassen die Schönheit nur aus sich selbst heraus strahlen."

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Komponist Axel Werner legte mit seiner Komposition die Basis.

"Das Projekt war ein großes Abenteuer. Und wir wollen noch viel mehr erreichen", meint Werner. Es ist die Mission des Initiators, weitere Förderer und Sponsoren zu gewinnen, die sich durch 
Künstler- und Technikpatenschaften finanziell an den geplanten neun Musiktanz-Produktionen beteiligen.

Ab heute ist der Kurzfilm „Come Closer“ auf der Projektseite www.come-closer.org zu sehen.
Die Künstler freuen sich über Feedback und Unterstützer.