Magische Momente ...

Keine zweite Konstellation in der Musik gewährt mehr Emotionalität, Verdichtung, symbiotische Tiefe, spannungsgesättigten Austausch und magisch-entgrenzte Momente als das Duo. Selbst Polaritäten, Schmerz und Abgründe vermögen den Dialog auf Augenhöhe noch in kreative Ekstasen und Höhenflüge zu wenden. Im Klassik-Segment stehen insbesondere die einschlägigen Werke für Violine und Klavier exemplarisch für die Potenziale klanglich-struktureller Differenzierung.

Kaum verwundert, dass mit Clara und Robert Schumann und Johannes Brahms drei der Komponisten-Protagonisten des 19. Jahrhunderts zu gleichermaßen komplexen, feinschattierten wie emotional aufgeladenen Werken fanden. Dabei repräsentierte ihre Musik nicht nur die Kernidee der „Romantik“, sondern verhandelte zugleich Aspekte intimer Paar-Dynamik. Vorliegende Aufnahme der Französinnen Fanny Robilliard und Paloma Kouider präsentiert das nuancengesättigte Material in vorbildlicher Balance von luzider Stimmführung, Clarté, koloristischer Stufung und Affinität zu Details und Zwischentönen. Stupendes Handwerk und erlesenes Interplay runden die Referenz-Einspielung zu einem diskografischen Solitär.

Die künstlerischen Lebenswege der Geschwister Fanny und Felix Mendelssohn hätten nicht konträrer ausfallen können. Gesegnet beide mit originärer kompositorischer Expertise und exzellenter instrumentaler Spieltechnik, vermochte zunächst allein Felix vor der europäischen Öffentlichkeit zu reüssieren, während Fannys Schaffen eher in häuslich-familiärem Umfeld und im Rahmen kleinerer Veranstaltungen angemessene Resonanz erfuhr. Jörg Handsteins kurzweilige Hör-Biografie zeichnet nicht nur die Lebensläufe der beiden nach, sondern stellt die biografischen Stationen in Kontext mit den Lebenswirklichkeiten der Epoche und dem musikalischen Umfeld. Im Wechselspiel aus erzähltem Leben, Zitaten – mustergültig in Szene gesetzt von Sprechern wie Martina Gedeck, Udo Wachtveitl und Sabin Tambrea u. a. – und sinnstiftend programmierten Musikbeispielen ersteht ein lebendiges und kraftvolles Porträt.

Brot und Bier bilden seit jeher ein beliebtes wie archaisches „Genuss-Doppel“. Beide Lebensmittel erfuhren in den vergangenen Jahrzehnten gesteigerte Aufmerksamkeit. Neue Geschmacksrichtungen- und Zubereitungsformen rückten ebenso in den Mittelpunkt, wie Versuche einer grundsätzlichen „philosophischen“ Neubewertung unternommen wurden. Vor diesem Hintergrund bemüht der annoncierte Band weniger den Mythos „Brot und Bier“, als er akribisch und vielperspektivisch deren Kulturgeschichte auffaltet. Dazu gehören Exkurse zur Technik des Brauens und Backens und zum Getreide gleichermaßen wie zahllose Rezepte und ein Katalog der wichtigsten Brotsorten zwischen „Grissini“ und „Speckbrot“. Der sorgfältig edierte, inhaltlich konsistente und brillant formulierte Band steht für wahrhaftigen Genuss und bedient die Sehnsucht nach dem Ursprünglichen.

„Romeo und Julia“: Mit der von Shakespeares Drama inspirierten Ballettmusik schuf Sergei Prokofjew 1935 eines der wegweisenden Werke der Gattung. Entlang der tragischen Geschichte der Liebenden kreiierte der russische Komponist klangmächtige, reich kolorierte, zwischen zarter Einlassung und rhythmischer Zuspitzung oszillierende Tableaus, die Orchester wie Tänzern das Äußerste abverlangen. Christian Spucks energetische Choreografie versöhnt traditionelle Tanzformen mit modernen Elementen, das emphatisch und präzise agierende Ensemble vermag bis in die Nebenrollen zu überzeugen, während die von Michail Jurowski idiomsicher und straff geführte Philharmonia Zürich sich beispielhaft zwischen Lyrismen und brutalen Kontrasten zu bewegen weiss. Ein Lob am Ende der geglückten, suggestiven Bildregie. Das Unglück: Ein Fest!

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1. Paloma Kouider, Fanny Robilliard, Brahms Schumann, Evidence Classics, EVCD 066, CD
   
   
2. Fanny & Felix Mendelssohn, Zwei Leben für die Musik, von Jörg Handstein, BR Klassik, Hörbiografie
   
   
3. Ilse Fischer/Alex Picker (Hg.), Brot & Bier, Tradition mit Genuss, Servus, 128 S., 14 Euro
   
   
4. Sergei Prokofiev, Romeo and Juliet – A ballet by Christian Spuck, Ballett Zürich, Philharmonia Zürich, Michail Jurowski, conductor, Accentus Music, DVD