https://rotary.de/kultur/viel-ehre-dem-meere-a-20331.html
Hoffmeisters Fundstücke

Viel Ehre dem Meere

Hoffmeisters Fundstücke - Viel Ehre dem Meere
© Jessine Hein/Illustratoren

Meere, ihre Bewohner und Küstenlandschaften haben schon immer die Vorstellungskraft von Literaten, Musikern und bildenden Künstlern beflügelt.

Martin Hoffmeister01.07.2022

Spitzbergen, der rund 60.000 Quadratkilometer umfassende norwegische Archipel im Nordatlantik, gehört zu den entlegensten bewohnten Regionen der Welt. Situiert auf etwa halber Strecke zwischen dem Nordende Norwegens und dem Nordpol wird der Inselkosmos dominiert von Gletschern, schroffen Fels- und Bergformationen, von Schären und Meer. Magische Panoramen und surreale Naturphänomene wie Mitternachtssonne oder Nordlichter bilden den Rahmen für das beschwerliche Leben am „Ende der Welt“. Begleitet vom versierten Entree der Journalistin Martina Wimmer nimmt Fotograf Paolo Verzone Landschaften, Menschen und Bauten Spitzbergens in den Blick. Dabei zielen seine künstlerischen Botschaften nicht auf Romantisierung von Abgeschiedenheit, Kälte und menschenfeindlichen Bedingungen, sondern feiern Kraft und Intensität unbedingter Abstraktion. Eher Strukturen, subtilen Farbschattierungen, Reduktion und Minimalismus verpflichtet, lässt sich Verzones Bildsprache auch als Transzendierung von Gegenständlichkeit begreifen, während seine Personenporträts von Forschern, Fischern, Schiffspersonal oder Minenarbeitern ihre Suggestivpotenziale aus Schärfe, Kantigkeit und enigmatisch aufgeladener Statik beziehen. Verzones Bildband ist eine Hommage an Archaik, Stille und erhabene, unversehrte Landschaften ebenso wie an Menschen, die in Einsamkeit, Kargheit und Kälte zur eigentlichen Bestimmung gefunden haben.

Das Meer befeuert die Vorstellungskraft. Unzählige Literaturklassiker, Hauptwerke der bildenden Kunst und der Musik entlehnten dem Mythos ihre Sujets. Insbesondere der französische Autor Jules Verne (1828–1905) zeigte sich eingenommen von den poetisch-fantastischen Potenzialen der Meere. Denn wo, wenn nicht auf und in den Ozeanen, ließen sich veritablere Abenteuer kreieren? Vorliegendes, nach sämtlichen Regeln der Gattungskunst inszeniertes Hörspiel von Holger Teschke präsentiert den Roman Vernes um das Abenteuer einer Suchexpedition im Nordpazifik und aufreibende Unterwasserepisoden an Bord des mysteriösen U-Bootes „Nautilus“ in anschaulicher Form. Sprecherlegenden wie Matthias Habich und Otto Mellies, dramaturgisches Raffinement und stilsicher integrierte Sounds runden ein Projekt exemplarischen Zuschnitts ab.

Unter dem Eindruck traumatischer Erfahrungen während einer zweiwöchigen Passage auf stürmischer See und der Sage vom „Fliegenden Holländer“ schuf Richard Wagner seine gleichnamige, 1843 in Dresden uraufgeführte „romantische Oper“. Für die 2021er-Inszenierung der Bayreuther Festspiele stand mit Oksana Lyniv erstmals eine Frau am Pult des Festspielorchesters. Im Verein mit hochkarätigen Solisten wie Asmik Grigorian (Senta), John Lundgren (Der Holländer) und Georg Zeppenfeld (Daland) sowie der avancierten Regiearbeit von Dmitri Tcherniakov verdichtete die ukrainische Dirigentin das Werk zu einer hochenergetischen Lesart der Superlative. Auch auf DVD staunenswert.

Die Reise ans Meer gilt als Versprechen: Suchen die einen an den Küsten eher Bekanntschaft, quirliges Strandleben, Sonnenbad und Schnorcheln, bedeuten sie anderen letzte Zuflucht vor Weltenlärm und den Zumutungen des Alltags. Ruhe, Kontemplation, insbesondere Abstand zeitigen allenthalben Werte, die nicht eben im Fokus des Mainstream-Tourismus stehen. Ostsee-Affinen beispielsweise, die die Ferne zum Betrieb favorisieren, bleiben entsprechend wenige Zieloptionen. Unweit von Lübeck und Travemünde, am Rande der mecklenburgischen Gemeinde Kalkhorst, erstrecken sich Park und Gebäude von Schlossgut Gross Schwansee. Wer sich dem Anwesen von der „Bucht“ über eine Linden allee nähert, trifft zunächst auf das 1745 ursprünglich im Barockstil errichtete, später mit klassizistischer Fassade versehene Herrenhaus. Um ein breiter gefächertes Beherbergungsangebot gewährleisten zu können, wurde das Anwesen Anfang der 2000er Jahre um die „Parkresidenz“ erweitert. Gehobene Kulinarik in zwei Restaurants, zeitlos elegante Zimmer, zugewandter Service, gepflegtes Ambiente, Wellness und perfekte Anbindung an Wander- und Fahrradwege machen das Kleinod zum idealtypischen Refugium für die kultivierte Auszeit.


  1. Paolo Verzone, Spitzbergen, Texte von Martina Wimmer, Mare Verlag, 132 S., 58 Euro, Buch
  2. Jules Verne, 20.000 Meilen unter dem Meer, Hörspiel von Holger Teschke, Der Audio Verlag, 44 Min., 12 Euro
  3. Richard Wagner, Der Fliegende Holländer, Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele, Oksana Lyniv, Deutsche Grammophon, DVD
  4. Schlossgut Gross Schwansee, Am Park, 23942 Kalkhorst, schwansee.de

 

Martin Hoffmeister

Martin Hoffmeister publiziert regelmäßig in nationalen und internationalen Magazinen und Zeitungen. Als Redakteur im Kulturressort des MDR-Hörfunk beobachtet er die Musik- und Literaturszene seit mittlerweile drei Jahrzehnten. Im Rotary Magazin empfiehlt er Neuerscheinungen aus dem Kulturleben und Fundstücke von seinen Reisen.

mdr.de