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Poträt

Der große Vernetzer

Poträt - Der große Vernetzer
Auch ein Herz für Ziegen: Juliet und Ian Riseley füttern ihre Ziege Lulu, die sie einst gerettet und bei sich aufgenommen haben. © Rotary International (alle Fotos Monika Lozinska)

Ian Riseley hat in seinem Berufsleben viele Freunde, Kollegen und Rotarier mit einander vernetzt. Dieses Talent, Menschen zusammenzubringen, setzt er nun auch bei seiner Arbeit als Präsident von Rotary International ein.

01.07.2017

„Üblicherweise zahle ich den Kaffee“, behauptet Ian H.S. Riseley mit einer so ernsthaften Miene, dass man ihm einfach glauben muss. Zumindest bis sein Freund Kevin Harrison schallend zu lachen beginnt. Wer denn nun wirklich den Kaffee zahlt, erfahren wir nicht. Doch dieses herzliche Scherzen setzt den Ton für unseren Spaziergang entlang des Ufers des Patterson-Flusses in den Vororten von Melbourne, Australien.

Hochkonzentriert

In den letzten fünf Jahren sind diese Spaziergänge für eine kleine Gruppe rotarischer Freunde zur zweimal wöchentlichen Routine geworden. Auf diese Weise „verbinden wir dringend nötige körperliche Bewegung mit der Gelegenheit, die Probleme der Welt zu lösen“, sagt Harrison.

Wer an einem der Tage gerade Zeit hat – Richard Garner, John Williams, Nick und Maree Vinocuroff –, läuft mit und kann dabei eigene Ideen mit den anderen besprechen. Und natürlich will jeder wissen, was Ian dazu meint. „Erst hört er sich die Idee an“, sagt Harrison, „und über eine Zeitraum von fünf bis sechs Spaziergängen kommt dann ein Projekt heraus.“

An einem schönen Dezembermorgen sind die Themen der Gesprächsrunde breit gefächert. Die Freunde diskutieren über die Nachrichtenlage einschließlich eines kürzlichen Erdbebens in Neuseeland und interne Angelegenheiten in ihren Rotary Clubs Sandringham, Hampton, Noble Park-Keysborough und Chelsea.

Während die Gruppe sich unterhält, hört Riseley zu. Sein ganzes Leben lang hat er Menschen zusammengebracht, Ideen weiterentwickelt und Menschen mit praktischen Verbesserungsvorschlägen beraten. Der neue Präsident von Rotary geht dabei mit so lässigem Charme und selbstironischem Witz vor, dass man anfangs gar nicht bemerkt, wie hoch konzentriert er ist.

Riseleys erste Begegnung mit Rotary gleicht der vieler Rotary-Neulinge: Er war sich nicht sicher, was er davon halten sollte. Er war Eigentümer einer Wirtschaftsprüfungsfirma, als ihn 1977 einer seiner Mandanten einlud, einen Vortrag beim  Rotary Club Cheltenham zu halten. „Meine erste Frage war: ‚Worüber denn?‘“, erinnert sich Riseley. Seine zweite: „Was ist ein Rotary Club?“ 

Riseley, RI-Präsident, RI President, RC Sandringham, RC Hampton
Riseley (rechts) sammelt Spenden auf dem Bayside Bauernmarkt, der von den RCs Hampton und Sandringham gesponsert wird.

Er hielt einen Vortrag über Einkommenssteuer. „Nette Leute. Lachten an den richtigen Stellen, blieben die ganze Zeit wach“, scherzt er. Ein paar Wochen später rief sein Mandant wieder an, um ihn zu einem Planungstreffen für einen neuen Club in Sandringham einzuladen.

„Ich sagte: ‚Mir ist nicht ganz klar, was Rotary eigentlich tut, aber ich komme gern vorbei‘“, sagt Riseley. „Um ehrlich zu sein, verpasste ich das erste Treffen, aber ich erhielt einen weiteren Anruf und bin dann das nächste Mal hingegangen. Ich traf dort auf lauter Macher-Persönlichkeiten, und ich dachte mir, bei dieser Gruppe möchte ich mitmachen.“

Bevor er dem Club beitrat, beriet er sich mit seiner Frau Juliet. Viele von Ians Freunden waren auch Wirtschaftsprüfer; deshalb sah sie mit Rotary für ihn die Chance, Menschen außerhalb seines Berufsumfeldes kennenzulernen. So wurde er 1978 Gründungsmitglied beim Rotary Club Sandringham.

Riseley steht voll und ganz hinter dem Konzept, dass man bei Rotary berufliche Kontakte knüpfen und gleichzeitig Gutes in der Welt tun kann. „Ich würde ja gern sagen, dass mich die Projekte und das Engagement von Rotary überzeugt haben, aber das stimmt nicht“, stellt er fest. „Für mich war ausschlaggebend, dass ich hier Menschen kennenlerne, die offensichtlich zur absoluten Wirtschaftselite der Region gehören.“

Rotary als Lebensmittelpunkt

Sobald er bei Rotary eingestiegen war, wurde es zu seinem und Juliets Lebensmittelpunkt. „Vielleicht werde ich in 15 Jahren darüber nachdenken, meinen Magister-Abschluss zu machen“, sagt er. „Ich fragte Juliet: ‚Was meinst du dazu?‘, und sie antwortete: ‚Tja, du wirst dann wieder viele neue Menschen kennenlernen. Wir haben ohnehin zu viele Freunde, die Rotarier sind.‘ Die gleiche rationale Überlegung hatte mich ursprünglich zu Rotary geführt – zu viele Freunde aus der Wirtschaftsprüfung. So ist Rotary eben. Rotary packt einen einfach. Unsere Tochter nennt unser Engagement Rotarama. Sie sagt: ‚Rotarama hat euch ganz in seinen Bann gezogen‘, und sie hat Recht. Ich glaube, so ergeht es den meisten von uns.“

Der Rotarama-Effekt

Trotz des Rotarama-Effektes hat sich Riseleys Engagement nicht nur auf Rotary beschränkt. Er hat auch Zeit und Energie für die Sea Scouts aufgebracht, sich in Sportverbänden und Schulräten sowie im örtlichen Gemeinderat engagiert. 2006 verlieh ihm die australische Regierung in Anerkennung seines weitreichenden Einsatzes für das Gemeinwesen den australischen Verdienstorden.