Newsletter DEI
Privileg
Welche Rolle spielen Privilegien, wenn es um die Gleichberechtigung und Integration von Menschen, um Inklusion geht? Dazu der DEI-Beauftragte
Rotarische Gefährtinnen und Gefährten!
Privilegien sind Vor-Rechte gegenüber anderen. Bei solchen Vor-Rechten hängt es stark davon ab, wie und wozu sie genützt werden. Am Beispiel von Rotary:
Es ist ein Privileg, Mitglied in einem Rotary Club zu sein – einige, die wir als Mitglieder wollen wollen selbst nicht, aber sehr, sehr vielen Menschen bleibt die Mitgliedschaft verwehrt. Wer sich des eigenen Privilegs bewußt ist, ein Mitglied in/von Rotary zu sein, kann dieses Privileg zum Wohle anderer Menschen nützen. Denn noch einmal: es ist ein Privileg, daß wir über unseren Beruf und unsere Persönlichkeit Mitglied in Rotary sind. Aber in Rotary wollen wir dieses Privileg dazu nützen, Service above Self – Fremdnutz vor Eigennutz – zu leisten und gemeinsam dauerhafte Veränderungen in der Welt, unseren Gemeinschaften und in uns selbst zu bewirken. Das heißt wir sind uns des Privilegs bewußt, Mitglied von Rotary zu sein und bekennen uns zur Sonnenseite dieses Privilegs.
Wenn es eine Sonnenseite gibt, so kann die Schattseite nicht weit sein: Ein genützes Vor-Recht begünstigt den Privilegierten gegenüber anderen – das widerspricht dem auch in unserer Rechtsordnung hochgehaltenen Prinzip der Gleichheit. Privilegien sind somit in unseren Rechtsordnungen problembehaftet, vor allem dann, wenn sie nicht rechtlich verbindlich, aus- und abgewogen sowie verbindlich formuliert sind. Am Beispiel von Rotary: Im Verfahrenshandbuch finden sich meines Erachtens ab- und ausgewogene Formulierungen, die durchaus als verbindlich interpretiert werden können. Aber es fehlt die Rechtsverbindlichkeit: so gibt es keinerlei Sanktionen bei Mißachtung der Pflichten, die mit den rotarischen Vorrechten einhergehen. Daher gilt leider auch rotarisch wie in der weiten Welt:
Die meisten Privilegien hat man, ja man nimmt sie sich, weil es halt so ist, schon immer so war, oder „weil es einem zusteht“. Oder auch weil man im eigenen Licht die Bedürfnisse anderer nicht wahr-nimmt. Denn Privilegien können dazu führen, daß Menschen geblendet vom eigenen Licht die Pflicht gegenüber grundsätzlicher Rechte anderer Menschen nicht achten. Im Extremfall wird dann „über Leichen gegangen“. Zuerst wird im eigenen Privileg das Recht anderer verweigert, daher die Hilfe des Privilegierten verweigert, und dann „darf“ man im eigenen Licht eben über Leichen steigen – der eigene Erfolg soll all das rechtfertigen und wie dieses Jahr auf einem 8000er mehrfach geschehen!
Gewiß, das sind Extreme – doch nicht-extrem in unserem Alltag: wo mißachten auch wir geblendet von unseren Privilegien die Rechte anderer Menschen?
Das blendende Privileg der Akademiker gegenüber dem Recht von Nicht-Akademikern auf Mitgliedschaft? Das blendende Privileg des mittleren Alters gegenüber anderen Altersgruppen auf Mitgliedschaft? Das blendende Privileg der Männer gegenüber dem Recht der Nicht-Männer auf Mitgliedschaft? Kurzum, warum ist die Mitgliedervielfalt gemäß 4.070 der RI-Satzung so bescheiden umgesetzt?
Warum, warum, warum?
Weil wir geblendet sind von unseren Privilegien, so geblendet, daß wir sie in Selbstschutz verneinen. Stets sind es die Privilegien und die damit verbundene Benachteiligung anderer.
Nützen wir doch die Sonnenseite unserer Privilegien, auch und gerade unseres rotarischen Privilegs, mehr Licht in unsere so schattenreiche Welt, Gemeinschaften und in die Schatten unserer selbst zu bringen!
Ihr/Eure DEI-Chair D1920
Schorsch Scheurecker