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Rotary Entscheider

„Ich teile nicht den Pessimismus einiger Experten“

Rotary Entscheider - „Ich teile nicht den Pessimismus einiger Experten“
Eckhard Forst, RC Meerbusch-Büderich © NRW-Bank/Christian Lord Otto

Interview mit Eckhard Forst, Vorstand der NRW-Bank, über Fördertöpfe, findige Firmen und neue Freunde in fremden Städten

29.09.2024

Die NRW-Bank unterstützt seit mehr als 20 Jahren Unternehmen, Wohnraumschaffende und Kommunen in Nordrhein-Westfalen bei ihren Investitionsvorhaben und bei der Liquiditätssicherung. Die Bank kann unter anderem günstige Darlehen vergeben und Unternehmen mit Eigenkapital stärken. Im Fokus stehen insbesondere die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Mit einer Bilanzsumme von über 160 Milliarden Euro ist das Finanzinstitut die größte Landesförderbank.

Herr Forst, die NRW-Bank ist die Förderbank für Nordrhein-Westfalen. Was ist Ihr konkreter Auftrag?

Wir unterstützen Unternehmen, Kommunen und Menschen in Nordrhein-Westfalen mit günstigen Finanzierungen, Zuschüssen und Beratung und helfen so dabei, Nordrhein-Westfalen zukunftsfähig zu machen. Die großen Transformationsthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung stehen dabei klar im Fokus – über alle Förderfelder hinweg. In der Wohnraumförderung ist die Nachfrage aktuell besonders hoch – wir erleben sozusagen eine Renaissance des öffentlichen Wohnungsbaus. Wir haben hier im vergangenen Jahr Fördermittel in Höhe von 3,8 Milliarden Euro herausgereicht. Das sind fast 30 Prozent mehr als 2022. Bei den Projekten, die wir unterstützen, geht es zum Teil um Neubauten, um den Kauf von Immobilien, aber etwa auch um Sanierungen und Modernisierungen. Energieeffizienz und Barrierefreiheit sind dabei wichtige Themen. Zusätzlich fördern wir denkmalgeschützte Bausubstanz. Das Feld ist weit.

Wie sieht es im Bereich der Förderung mittelständischer Unternehmen aus? Braucht die deutsche Wirtschaft mehr Hilfe und Unterstützung?

Ich teile nicht den Pessimismus einiger Experten in Bezug auf die deutsche Wirtschaft und den Standort Deutschland. Wir haben hierzulande auch viele gute Unternehmen, die innovativ sind und hier weiter investieren wollen und werden, wenn sie für sich Wachstums- und Renditechancen erkennen. Förderbanken wie wir können sie dabei unterstützen. Davon profitieren dann nicht nur die Unternehmen, sondern auch die jeweiligen Länder. Durch die Schaffung oder Erhaltung von Arbeitsplätzen und die Stärkung der zukünftigen Steuerkraft.

Kommen Sie mit Ihrer Förderung nicht den Geschäftsbanken ins Gehege?

Nein, denn wir arbeiten mit allen Banken und Sparkassen in NordrheinWestfalen wettbewerbsneutral zusammen. Einen Großteil unserer Kredite vergeben wir im Hausbankenverfahren, das bedeutet, der Kunde beantragt das Förderdarlehen direkt bei seiner Hausbank, die den Antrag dann an uns weiterleitet.

Woher kommt das Geld für die Förderung?

Im Unterschied zu vielen anderen Landesförderbanken können wir weitgehend unabhängig vom Landeshaushalt agieren. Dank der guten Bonität unseres Eigentümers, des Landes Nordrhein-Westfalen, können wir uns sehr günstig am Kapitalmarkt refinanzieren. Die günstigen Konditionen geben wir dann an unsere Kundinnen und Kunden weiter.

Um günstige Kredite zu bekommen, waren vor dem Jahr 2022 nicht unbedingt Förderbanken nötig. Denn die Zinsen waren lange Zeit sehr niedrig. Hat das Ihren Auftrag erschwert?

Zinsverbilligung ist nur eines von vielen Instrumenten der Förderung. Noch wichtiger ist aber, dass wir in der Lage sind, die niedrigen Zinsen langfristig festzuschreiben. Bei unserem Wohneigentumsprogramm beispielsweise bis zu 30 Jahre, bei unserem Universalkredit für Unternehmen und Gründungen bis zu 20 Jahre. Ansonsten sorgen wir in vielen Fällen dafür, dass der Kunde überhaupt erst einen Kredit bekommt – beispielsweise durch Haftungsfreistellungen zugunsten der Hausbank. Zusätzlich vergeben wir Eigenkapital und beraten auch bei Bedarf. Unser Geschäftsmodell ist also vielschichtig. Die reine Zinsverbilligung ist natürlich attraktiver, je höher der Marktzins ist. Die Nachfrage nach Förderung hängt aber von sehr viel mehr Faktoren ab. Insofern ist der Schluss, dass in Zeiten hoher Zinsen per se mehr Förderung vergeben wird, nicht zutreffend.

Gibt es ausreichend viele Erfolgsgeschichten? Wie schätzen Sie insgesamt die Gründerszene in Deutschland ein?

In Deutschland gibt es eine enorme Breite an jungen Unternehmen, die mit Innovationen und guten Geschäftsideen zu überzeugen wissen. Und auch in Hochschulen wie der RWTH Aachen oder der Ruhr-Universität Bochum entstehen immer wieder vielversprechende Ausgründungen. Wir haben unser Ohr an solchen Entwicklungen und unterstützen Projekte, die es wert sind und wo es sinnvoll erscheint, beispielsweise über Venture Capital. Gute Ideen dürfen nicht an der Finanzierung scheitern. Das ist unsere Überzeugung.

Eine Idee und eine Anschubfinanzierung auf den Weg zu bringen, ist das eine. Etwas anderes ist der Sprung, zu wachsen und international erfolgreich zu sein. Gerade im Bereich neuerer Technologien spielen deutsche Unternehmen kaum eine Rolle. Hier dominieren US-Firmen und mittlerweile auch chinesische Unternehmen den Markt. Was läuft dort besser als hier?

Von „besser“ würde ich nicht reden. Die USA und China haben sehr unterschiedliche Ansätze, wie Start-ups dort gefördert und finanziert werden. In den USA spielt Venture Capital eine viel größere Rolle als hierzulande. In Europa haben wir bisher noch zu wenige wirklich große Venture-Capital- und Growth-Fonds, die in ein Start-up in einer Finanzierungsrunde auch mal 50 Millionen Euro oder mehr investieren können. Allerdings haben wir hier in Deutschland und NRW durchaus spannende Firmen im Bereich neuer Technologien. Denn diese großen Finanzierungsrunden finden inzwischen auch bei uns statt – nur wird das Kapital aktuell noch oft durch außereuropäische Fonds gegeben, vorwiegend aus den USA. In China mischt der Staat mit, der ganz klar die Entwicklung bestimmter Technologiesegmente promotet. Dort werden mit massiver Unterstützung und Steuerung durch den Staat Industrien bis zur globalen Dominanz aufgebaut und geschützt. Das funktioniert in unserem – dem freien und fairen Welthandel verpflichteten – europäischen System nicht, und da wollen wir auch nicht hin.

Kann Deutschland trotzdem von den USA und China etwas lernen?

Für deutsche Gründer sind insbesondere die zweiten und dritten Finanzierungsrunden herausfordernd. Wenn es darum geht, größere Summen für Unternehmenswachstum und Marketing aufzubringen. Wir sind mit unserem Venture-Fonds zwar bisher vorwiegend in den Start- und frühen Phasen unterwegs, arbeiten aber auch an der Ausweitung unserer VC-Angebote bis in die Wachstumsphase. Zudem liegt es nicht immer nur am Geld, wenn sich ein Start-up langfristig durchsetzt und zum Marktführer aufsteigt. Hier braucht man erfahrene und mutige Unternehmerinnen und Unternehmer, die auch global und in der Eroberung großer Märkte und der Etablierung starker Marken denken können. Hier können wir uns insbesondere von den USA immer noch etwas abschauen – werden aber auch in Deutschland immer besser.

Was bedeutet Ihnen Rotary?

Rotary ist eine exzellente Gemeinschaft, die mich schon mein gesamtes Berufsleben begleitet. Das meine ich durchaus wörtlich. Von Meerbusch, wo ich das erste Mal einem Rotary Club beigetreten bin, über Stationen wie Paris, Bielefeld und Hannover bis schließlich heute wieder in Meerbusch-Büderich bin ich jedes Mal freundlich aufgenommen worden. Wenn man neu in eine Stadt kommt, ist Rotary eine Anlaufstelle, die es einem ermöglicht, auf Gleichgesinnte zu treffen, mit offenen Armen empfangen und dann auch leichter heimisch zu werden. Dabei fasziniert mich immer wieder, welchen wirklich interessanten Leuten man begegnen kann. Das hat mein Leben bisher sehr bereichert.

Das Gespräch führte Matthias von Arnim.


Zur Person

Eckhard Forst, RC Meerbusch-Büderich ,ist seit November 2016 Vorsitzender des Vorstands der NRW-Bank und verantwortet die Bereiche Personal, Unternehmensentwicklung, Recht und Revision. Im Mai 2019 wurde er zum Präsidenten des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) in Berlin ernannt.