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Friedrich der Grosse und seine Schlösser

Der König als Bauherr

Hartmut Dorgerloh04.01.2012

Am 24. Januar 2012 feiert nicht nur die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg den 300. Geburtstag Friedrichs des Großen. Erst seit 1991 ruht er dort, wo er schon nach seinem Tod 1786 begraben werden wollte: in der Gruft auf der Terrasse von Schloss Sanssouci. Die große Jubiläumsausstellung „Friederisiko“ findet aber nicht in seinem Lieblingsschloss, sondern vom 28. April bis zum 28. Oktober im Neuen Palais im Park von Sanssouci statt. Von Friedrich dem Großen als Gästeschloss und Siegeszeichen errichtet steht es zu Unrecht etwas im Schatten des weltberühmten Weinbergschlösschens. Dabei verdient es unbedingt größere Aufmerksamkeit und Würdigung. Friedrich der Große war auch ein großer Bauherr und nicht nur in Berlin und Potsdam haben sich viele seiner Bauten erhalten: Stadttore und Bürgerhäuser, Kirchen, neue Stadtquartiere und Plätze. Im Mittelpunkt seiner Bauleidenschaft standen aber immer seine eigenen Schlösser und Gartenanlagen. Am Beginn des Lebens Friedrichs des Großen stand, wie auch bei den meisten seiner Ahnen, das Berliner Schloss. Hier wurde er 1712 geboren. Friedrichs Großvater, Friedrich I., hatte das alte Renaissanceschloss der brandenburgischen Kurfürsten als Zeichen seiner neu errungenen Königswürde mit einer modernen – barocken Fassade von dem Architekten und Bildhauer Andreas Schlüter ummanteln lassen. Auch wenn man mit ihm hauptsächlich die Schlösser in Potsdam verbindet, hat er immer wieder im Berliner Schloss gewohnt und es für zeremonielle Anlässe genutzt. Friedrich ließ sich eine Wohnung im Berliner Schloss einrichten, deren Ausstattung im Stil des friderizianischen Rokoko dem Anspruch der Hauptresidenz der Könige von Preußen und denen des jungen Königs entsprach.

 

Das erste architektonische Projekt Friedrichs entstand in Neuruppin: 1732 legte er dort den „Amalthea“-Garten an und ließ einen hölzernen Apollo-Tempel errichten. Das zweite, weitaus größere und bekanntere Projekt der Kronprinzenzeit ist Schloss Rheinsberg. Dem Wunsch des Vaters folgend, heiratete Friedrich 1733 Elisabeth Christine von Braunschweig-Bevern. Dass junge Paar zog mit eigenem Hof nach Rheinsberg. Das dort vorgefundene Schloss ließ der Kronprinz, zunächst nach Plänen Jo.hann Gottfried Kemmeters, umbauen. Dafür wurde das alte Renaissanceschloss zu einer Dreiflügelanlage erweitert und Wohnungen für das Kronprinzenpaar eingerichtet. 1736 waren die Arbeiten soweit vorange.schritten, dass das Paar seine neue Residenz beziehen konnte. Die Leitung der Baumaßnahmen hatte inzwischen Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff übernommen, der kurz zuvor von seiner – vom Kronprinzen geförderten – Italienreise zurückgekehrt war. Er er.richtete u.a. die Kolonnade, die das Schloss zum Wasser hin abschließt. Im Schloss Rheinsberg verbrach.te der Kronprinz seine glücklichsten Jahre bis zur Thronbesteigung 1740. Schloss Rheinsberg schenkte er seinem jüngeren Bruder Heinrich.

 

Als junger König begann Friedrich sofort mit eigenen Bauvorhaben in Berlin. Neben der Königlichen Oper Unter den Linden war ihm besonders die Er.weiterung von Schloss Charlottenburg wichtig, dem Schloss seiner Großmutter Sophie Charlotte. Ihr Gatte, König Friedrich I., hatte ihr das Dorf Lietzow als Sommerresidenz geschenkt. Zunächst wurde nach den Plänen Johann Arnold Nerings ein kleines Gartenschloss errichtet, das dann in der Folge durch Johann Friedrich Eosander zu einer großzügigen und repräsentativen Sommerresidenz ausgebaut wurde. Bereits 1740 beauftragte Friedrich den Bau des östlich gelegenen „Neuen Flügels“ als Pedant zu der Orangerie im Westen der Anlage. Der Architekt war Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, den der König aus Rheinsberg mitgebracht hatte und dem er die Leitung aller königlichen Bauten übertrug. In dem langgestreckten Gebäude wurden neben der Ersten und Zweiten Wohnung für den König selbst und einer Wohnung für Elisabeth Christine repräsentative Festsäle wie die Goldene Galerie und der Weiße Saal eingerichtet. Gegen Ende des 2. Schlesischen Krieges erlosch jedoch das Interesse des Königs an Charlottenburg und er wendete sich neuen Projekten in Pots.dam als seiner bevorzugten Residenz zu.

 

Potsdam war schon immer ein bevorzugter Aufenthaltsort der brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Könige. Friedrich II. ließ ab 1744 das Potsdamer Stadtschloss durch Knobelsdorff tiefgreifend umbauen. Die Fassaden wurden vollkommen neu gestaltet, im Inneren eine Wohnung für den König ein.gerichtet und ein neues Treppenhaus angebaut. Bei der Umgestaltung des zentralen Marmorsaales respektierte er hingegen in Teilen die vorherige Gestaltung von Andreas Schlüter, der dort Genien am Ge.sims vom Ruhm Brandenburg-Preußens künden ließ.

LIEBLINGSRESIDENZ

Zeitgleich kaufte der König den sogenannten „Wüsten Berg“ am Rande von Potsdam und ordnete an, diesen zur Anlage eines Weinbergs zu terrassieren und dort eine Gruft für ihn anzulegen. Wenig später, 1745, folgte die Order zum Bau eines Lusthauses. Noch einmal ist Knobelsdorff der Architekt des neuen Schlosses, dessen Aussehen und Struktur allerdings weitgehend vom König selbst bestimmt wurde. Überhaupt hatte der Monarch selbst sehr konkrete und detaillierte Vorstellungen von seinen Bauprojekten, den Bauzeiten und Baukosten und griff regelmäßig höchstpersönlich in das Baugeschehen ein. Das führte immer wieder zu heftigen Konflikten mit seinem Architekten, und daran zerbrach auch schließlich das enge Verhältnis zu Knobelsdorff.

 

Nach nur zweijähriger Bauzeit konnte Schloss Sanssouci 1747 eingeweiht werden, obwohl sich die Arbeiten am Marmorsaal noch bis 1748 hinzogen. Das kleine Schloss war kostbar ausgestattet und bot Raum für ein königliches Appartement, einen Gartensaal, Galerien und Gästezimmer. Während er die Winter zumeist im Potsdamer Stadtschloss verbrachte, wohnte der König von da an bis zu seinem Tod regelmäßig in den Sommermonaten in Sanssouci – aus.genommen nur die Jahre des Siebenjährigen Krieges. Auch seinem Garten widmete Friedrich größte Aufmerksamkeit, sowohl der Anlage selbst als auch sei.ner Ausstattung mit Marmorskulpturen, Vasen und Repliken antiker Büsten. Zwischen 1755 und 1763 entstand östlich des Schlosses die Bildergalerie zur Aufnahme der neuerworbenen Gemäldesammlung des Königs. Das auf der westlichen Seite gelegene, zu.nächst als Orangerie errichtete Gebäude, wurde zwi.schen 1771 bis 1775 zum Gästeschloss – den Neuen Kammern – umgebaut.

PREUSSISCHES ARKADIEN

Sanssouci hatte sich schon bald als zu klein für die vielen Gäste und Freunde des Königs erwiesen. Auch im weitläufigen Park entstanden immer weite.re Bauten: die heute nicht mehr erhaltene Marmor.kolonnade, 1751 die Neptungrotte und 1754-1757 das Chinesische Haus von Johann Gottfried Büring. Der Mode der Chinoiserie, durch Porzellankabinet.te in den preußischen Schlössern sehr verbreitet, ent.sprach ebenfalls das Drachenhaus von Carl von Gon.tard (1770), in der Form einer Pagode errichtet. Auf demselben Höhenzug wurde wegen der guten Aus.sicht auf den Park, seine Bauten und die umgebende Landschaft 1770 das Belvedere auf dem Klausberg er.richtet. Eng nach den Vorgaben des Königs plante der Architekt Georg Christian Unger den Aussichtspunkt nach dem Vorbild des Kaiserpalastes auf dem Pala.tin im antiken Rom nach der Idee des Archäologen Francesco Bianchini. Friedrich kannte diesen Rekon.struktionsentwurf aus dessen 1738 veröffentlichtem Prachtband „Del Palazzo de´ Cesari“, den er in seiner Bibliothek hatte. Ganz offensichtlich wird hier Fried.richs enge Beziehung zur Antike und den römischen Kaisern. Bereits sehr früh erwarb er die umfangreiche Sammlung antiker Büsten und Skulpturen des fran.zösischen Kardinals Polignac, die er in seinen Parkan.lagen und Schlossbauten nach dekorativen und pro.grammatischen Gesichtspunkten aufstellte.

 

Am Ende der Regierungszeit Friedrichs des Gro.ßen steht das Neue Palais am westlichen Ende der Hauptallee des Parks von Sanssouci. Als man 1763, unmittelbar nach dem Ende des verlustreichen Sie.benjährigen Krieges, mit dem Bau begann, ging es Friedrich vor allem um eine politische Aussage und Zeichensetzung. Er demonstrierte mit dem riesigen Schloss, dass sein Land zu einer so monumentalen Aufgabe wirtschaftlich noch in der Lage war und do.kumentierte damit den Sieg Preußens und seine neue Bedeutung in Europa. Das Ergebnis dieser Kraftan.strengung bildet 2012 den prunkvollen und authen.tischen Rahmen für die Friederisiko-Ausstellung. Das Neue Palais ist mit seiner Architektur und Innenaus.stattung dabei das Hauptexponat und soll so die ihm zustehende Würdigung erfahren.


Hartmut Dorgerloh
Professor Dr. Hartmut Dorgerloh ist  deutscher Kunsthistoriker und seit 2004 Honorarprofeessor an der Humboldt-Universität Berlin und seit 2018 Generalintendant des Humboldt-Forums in Berlin.  Zuletzt veröffentlichte er "Das Berliner Schloss – Stellenwert und Bedeutungswandel in der brandenburgisch-preußischen Residenzlandschaft" in: Kulturgeschichte Preußens, Colloquien (5), 2017. www.spsg.de