Astronomie
Trampolinspringen im Universum
Die erstmals wahrgenommenen Gravitationswellen eröffnen den Forschern neue Einblicke ins All. Was sie jetzt sehen können.
Der 14. September 2015 geht in die Wissenschaftsgeschichte ein. An diesem Tag empfingen Forscher erstmals Gravitationswellen – 100 Jahre, nachdem Albert Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie veröffentlicht hatte, die solche Rippel in der Raumzeit vorhersagt. Es war 11.51 Uhr Mitteleuropäische Sommerzeit, als die Wellen durch die beiden Detektoren des Observatoriums Advanced LIGO in den USA rauschten und erstmals am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Hannover bemerkt wurden. Sie stammten von zwei verschmelzenden schwarzen Löchern in ungefähr 1,3 Milliarden Lichtjahren Entfernung. Den Astronomen eröffnet die Entdeckung ein neues Beobachtungsfenster ins dunkle Universum.
Nach der Allgemeinen Relativitätstheorie leben wir in einem Gewebe aus Raum und Zeit. Es ist nicht starr. Eine Masse dellt es ein wie ein Schlafender eine Matratze. Und die beschleunigte Bewegung einer Masse führt zu Störungen, die lichtschnell durch den Raum rasen: Gravitationswellen. Wer auf einem Trampolin auf und ab hüpft, verliert Energie und schlägt in der Raumzeit solche Wellen. Nun besitzt ein Mensch eine geringe Masse und hüpft vergleichsweise langsam. Daher sind die von ihm ausgesandten Gravitationswellen unmessbar klein. Im All dagegen findet man große Massen – und eben die Raumzeit als Trampolin. Darin ist alles in Bewegung, weil kein einziger Himmelskörper in Ruhe an einem Ort verharrt. So beult die Erde bei ihrem Umlauf um die Sonne den Raum aus und strahlt dabei Gravitationswellen mit einer Leistung von 200 Watt ab. Aber auch diese Wellen sind noch viel zu schwach, um sie mit einem Detektor aufzuspüren.
ENERGIE VON 1045 WATT
Doch im Universum gibt es extrem heftige Erschütterungen der Raumzeit: Wenn zwei Neutronensterne oder zwei schwarze Löcher extrem schnell umeinander laufen oder gar mit - einander kollidieren. Oder wenn ein massereicher Stern am Ende seines Lebens als Supernova explodiert. Solche kosmischen Ereignisse erzeugen Gravitationswellen mit einer Energie von rund 1045 Watt. Dabei dehnen und stauchen sie den Raum senkrecht zu ihrer Ausbreitungsrichtung. Träfen Gravitationswellen auf einen runden Ballon, würden sie ihn zunächst zu einem Ei verformen und dann zu einer Wurst auseinanderziehen. Eine solche Verzerrung der vier Kilometer langen Messstrecken haben die Detektoren am 14. September 2015 registriert. Die Störung lag in der Größenordnung eines zehntausendstel Atomkerndurchmessers.