Ein europäisch-rotarisches Leben

Leopold Decloedt kam in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre als junger Student der Germanistik nach Wien. Geboren und aufgewachsen in Ostende, hatte er von der ersten Deutschstunde an gewusst, die deutsche Sprache wird die Liebe seines Lebens. Gesagt, getan. Von den drei für Auslandssemester in Frage kommenden Ländern entschied er sich dank eines Stipendiums für Wien. Dieses hatte ihm der Rotary Club Belgien nach einstündiger Anhörung gewährt. Mit der von dem legendären Germanisten Schmidt-Dengler betreuten Dissertation unter dem Arm zurück in Gent, erreichte ihn dort 1992 der Ruf der Universität Wien. Also kam er flugs an die Donau, wurde Lehrbeauftragter an der Universität Wien für Niederländisch und deutsche Literatur, gründete mit seiner Frau – einer Dolmetscherin – eine mehrsprachige Familie und beruflich die Unternehmensgruppe Connect Translations.

 

In Wien erzählte er einem neuen Bekannten von seinem Lebensweg. Der Bekannte erwies sich – ähnlich seinem Hausarzt in der Heimat, der ihn damals für das Stipendium vorgeschlagen hatte – als Rotarier. Im Jahr 2013 wurde Decloedt beim RC Wien-Mozart aufgenommen, 2017/2018 war er dessen Präsident. Naheliegend, dass die Clubreise im Mai 2018 eine große Runde des RC Wien-Mozart nach Gent, Brügge und Antwerpen führte. Dort fiel der Entschluss, die freundschaftlichen Beziehungen mittels eines Länderausschusses fester zu knüpfen.

 

Im Geiste von Karl V.

 

Von belgischer Seite kam Claude Hamilius, ein in Belgien lebender Luxemburger, zu Gesprächen mit Decloedt nach Wien. Hamilius erwies sich als Mitglied im RC Gistel, dem Club, dem der Hausarzt von Decloedt angehört hatte. Die Freude über die neue Begegnunge war groß, denn einige der Kindheits- und Schulfreunde Decloedts waren inzwischen Mitglieder im RC Gistel.

 

Hamilius und Decloedt arbeiteten am Projekt ICC Austria-Belux, investierten Stunden und Kilometer, ehe sie alle Unterschriften für die Charterurkunde gesammelt hatten. Am 24. Februar 2021 wurde in einer virtuellen Charterzeremonie der Länderausschuss Österreich-Belgien-Luxemburg aus der Taufe gehoben. Das große Ziel ist es, durch gemeinsame Aktionen die Jugend zu fördern und die rotarischen Kontakte zu vertiefen. Das Datum 24. Februar wurde, wie dieses rotarische Projekt, im Geiste Europas gewählt: Dieser Tag des Jahres 1500 ist der Geburtstag von Karl V., geboren in Gent, Angehöriger des Herrscherhauses Habsburg. Er war Graf von Luxemburg, hatte das Erzherzogtum Österreich geerbt, war Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Und er sah sich als Bewahrer des Friedens in Europa.