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Karl Ernst Laage, RC Husum

Der Dichter und sein Redakteur

27.07.2011

Sein Lebensthema – Theodor Storm – fand Karl Ernst Laage nicht in der Schule und auch nicht im Bücherschrank der Eltern, sondern in Russland: Als Kriegsgefangener stieß der Germanistikstudent im Rang eines Oberleutnants in einer Moskauer Bibliothek auf Iwan Turgenjews Novelle „Frühlingswogen“, die merkwürdige Parallelen zu Storms „Immensee“ aufweist: Der Forscherehrgeiz war geweckt.
Doch zunächst galt es zu überleben, nach harten Kriegsjahren in Russland noch fünf Jahre Zwangsarbeit in einem Bau-Bataillon. Als er 1950 heimkehrt, hat er nicht nur die Literatur entdeckt, sondern auch die russische Volksseele. Und die war ganz anders, als es den Soldaten die NS-Propaganda eingebläut hatte. Von nun an wird er für eine differenzierte Betrachtung Russlands und seiner Menschen werben, ein Appell, der bis heute gilt: „Unser Russlandbild ist immer noch zu sehr von Negativem geprägt“, ist Laage überzeugt.
Lehre aus Leidenschaft Zurück im Seminar setzte der 30-Jährige das unterbrochene  Lehramtsstudium für Deutsch und Latein fort und trat 1956 als Studienassessor ins Altsprachliche Gymnasium in Husum ein. 1985 ging er von hier aus als Oberstudiendirektor in Pension. Dies ist die erste berufliche Bestimmung des Karl Ernst Laage, des „leidenschaftlichen Lehrers“, wie er sagt. So einer geht nicht einfach in den Ruhestand. Weitere zehn Jahre lehrte er als Honorarprofessor an der Universität Kiel und selbst heute noch lädt er regelmäßig zum Literaturkurs in die Volkshochschule.   

Zu Storm verhalf – noch einmal – der Zufall: Das Turgenjew-Thema war zwar nicht vergessen, doch für Forschung blieb zunächst keine Zeit. Inzwischen jedoch war sein Vater Sekretär der jungen Storm-Gesellschaft geworden, der seinen cand. phil. gern zu Fachfragen hinzuzog. So wurde der junge Laage allmählich zum Experten: 1966 folgt er dem Vater auf den Sekretärsposten, kann 1967 die grundlegende Studie zu Storm und Turgenjew publizieren und steht auch gleich international im Blickpunkt: 1967 jährte sich des Dichters Geburtstag zum 150. Male, das Husumer Symposium dazu wird zur Feuertaufe des neuen Sekretärs. Im Laufe dieser 25-jährigen Tätigkeit wächst die Gesellschaft von 200 auf 1500 Mitglieder, erwirbt Storms Wohnhaus und baut es zu Museum und Forschungsarchiv aus.

Dabei kamen Laage die guten Kontakte zu den Enkeln des Dichters zunutze, besonders zu Elisabeth Spethmann. Das unscheinbare Manuskript, das sie ihm eines Tages aushändigte, wurde unter seiner Redaktion zum spektakulären jüngsten Beitrag zur Storm-Forschung – ein Gespensterbuch! Wie die Brüder Grimm ihre Märchen hatte der junge Dichter seit 1843 Spukgeschichten aus dem Volk, von Freunden und Kollegen für ein Buch gesammelt. Die Veröffentlichung scheiterte in den Wirren des Befreiungskampfes um Schleswig-Holstein, in dessen Verlauf Storm nach Potsdam fliehen musste. Das Manuskript geriet in Vergessenheit.

Nun liegt es doch noch vor, das „Neue Gespensterbuch“ (Boyens Verlag, Heide 2011), eines von 20 Büchern, die Laage über „seinen“ Dichter veröffentlicht hat, doch keineswegs das letzte. 2012, zum 40. Gründungstag des Storm-Hauses, will er die Geschichte von Wohnhaus und Museum erzählen. Und dann? „Der Mensch Theodor Storm müsste weiter erforscht werden. Das war ein ganz schwieriger Charakter“, skizziert Laage weitere Pläne. Er ist übrigens das letzte Gründungsmitglied des Rotary Club Husum und beim Meeting immer präsent, wenn ihm seine Geschäfte denn Zeit dazu lassen.