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Porträt

Mit jedem war er bekannt

Porträt - Mit jedem war er bekannt
Kunstsammler Jörn Clamors in seinem Wohnsalon © Tom Flügge

Jörn Clamors ist Kunstsammler. Er besitzt nur Werke von Künstlern, die er persönlich kennt – nahezu jeder große Name der Leipziger Schule ist dabei.

Michael Hametner01.03.2025

Ich brauche mehr Zeit als geplant, um Blomberg über die Bundesstraße 1 zu erreichen. Die kleine Stadt liegt nahe Detmold an den südlichen Ausläufern des Lippischen Berglands. Ich treffe mit dem letzten Licht im Haus von Petra und Jörn Clamors ein. Das Innere der Räume ist hell erleuchtet. Die Clamors sind Kunstsammler. Kunst zu betrachten und mit Kunst Umgang zu haben, ist auch meine Leidenschaft, weshalb ich mich gern von Jörn Clamors durch seine Sammlung führen lasse.

Jörn Clamors, Jahrgang 1942, war 34 Jahre lang, bis 2006, Zahnarzt in Blomberg. Er folgte damals seinem Vater, jetzt sind seine beiden Söhne Björn und Sören Zahnärzte hier. Der Beruf hat es mit sich gebracht, dass die Clamors in Blomberg tief verwurzelt sind. Deshalb lag es für meinen Gastgeber nicht aus der Welt, einen Rotary Club zu gründen und die erste Präsidentschaft zu übernehmen. 1977 war das.

Keine Wand ohne Bild

Ich sitze dem Kunstsammler gegenüber. Das heißt, eigentlich stehe ich und gehe mit ihm durch den großen Wohnsalon und die angrenzenden Räume. Heute, einige Tage später, kann ich mich an keine Wand erinnern, an der kein Bild hing. Wann er angefangen hat, diese Sammlung aufzubauen, möchte ich wissen. Es sollte eigentlich keine Sammlung werden, sagt er. Eigentlich. Mir fällt der Vergleich mit dem Wald ein: Wie viel Bäume hat ein Wald, damit er ein Wald ist?

Begonnen hat er mit dem Sammeln in den 1980er Jahren. Zuerst musste die Ausbildung der drei Kinder finanziell im Trockenen sein. Alles begann mit Bildern der Schwalenberger Künstlerkolonie, danach begeisterte sich Clamors für Magnus Zeller, der einige Jahre in Blomberg gelebt hatte. Als ihm damals ein Kunsthändler ins Haus schneite und ihm ein Bild des großen Expressionisten Carl Hofer anbot, konnte er nicht Nein sagen. Eigentlich schon mit den Bildern von Magnus Zeller, auf jeden Fall aber mit Hofers Bild war das Schmücken des Wohnzimmers überschritten. Und als sich Deutschland dann 1990 wiedervereinigte, entdeckte Clamors die ostdeutschen Maler, von denen Günter Grass gesagt hatte, dass sie deutscher malen als die Abstrakten im Westen.

Gr0ße Namen der Leipziger Schule

Jörn Clamors’ Grundsatz ist es, nur Bilder von Künstlern zu erwerben, die er vorher in ihren Ateliers kennengelernt hat. Er präsentiert mir Bilder nahezu aller großer Namen der Leipziger Schule: Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer, Werner Tübke, Sighard Gille, Arno Rink. Mitjedem war er bekannt. Den Weg zum 2017 verstorbenen Arno Rink hat der Umstand geebnet, dass Clamors’ Frau Petra wie Rink aus dem thüringischen Schlotheim stammt. Er hat aus den Begegnungen Anregungen geschöpft, sagt er mir, die er an seine Rotary-Familie weitergeben möchte.

Die Mitglieder des RC Detmold-Blomberg treffen sich jeden Donnerstag. Wenn die Reihe an ihm ist, bestreitet er den Vortrag, der erwartet wird, zumeist mit Kunst. Bernhard Heisigs Lithografien zu Brechts Mutter Courage waren einmal Thema. Oder die Blätter von Johannes Heisig, des Sohns vom alten Heisig, die er zum irischen Blues-Sänger Van Morrison gemacht hat. Zwölf Blätter, die Clamors zur Freude der Pastorin im Turm der Kirche ausgestellt hat. Alles, was an Einnahmen und Spenden zusammenkam, konnte der Club in sein Inklusionsprogramm für behinderte Kinder und Jugendliche stecken.

Horizonterweiterung durch Rotary

Rotary-Arbeit, sagt der inzwischen 82-Jährige und schaut dabei verschmitzt in meine Kamera, bringt mir den Kontakt zu anderen und verbindet sich fast immer mit einem sozialen Anliegen. Hier hat der Rotary Club die Leasing-Kosten für den Van des Heimatvereins aufgebracht, da 3000 Euro für ein Projekt in Afrika gespendet. In einer 15.000-Einwohner-Stadt wie Blomberg ist der Tellerrand schneller erreicht als in einer Großstadt. Mit dem Rotary Club weitet sich der Horizont, sagt er mir. Deshalb ist er, der bald 50 Jahre Mitglied ist, immer noch aktiv dabei.


Zur Person:

Jörn Clamors (RC Detmold-Blomberg) hat den Beruf des Zahnarztes 1972 vom Vater übernommen und ihn 2006 an seine beiden Söhne weitergegeben. Er lebt in Blomberg in Ostwestfalen im Kreis Lippe. Seine Leidenschaft sind das Sammeln von Kunst und Rotary. 1977 wurde er Gründungspräsident seines Clubs und ist bis heute aktives Mitglied.