Länderausschüsse im Blick – Frankreich
Ein gut verzweigtes Netzwerk
"Frieden ohne Grenzen“, so lautete das Leitmotiv unter das Präsident RI Sakuji Tanaka das Global Peace Forum in Berlin gestellt hatte. In diesem Forum sollte aufgezeigt werden, wo heute bereits die Projekte von Rotary den Frieden unterstützen und es sollte herausgearbeitet werden, wo jeder einzelne Rotarier seinen Beitrag zum Frieden leisten kann, ganz im Sinne des Jahresmottos „Frieden durch Einsatz“.
Soll der Friede der völkerrechtlichen Verträge – der Friede „von oben“ – nachhaltig sein, dann muss er von den Menschen über die Grenzen hinweg gelebt werde, als Frieden „von unten“. Das heißt:
- Wahrnehmung der Nachbarn im direkten Kontakt
- Verstehen der Unterschiede zwischen den Ländern und
- Schaffung von Empathie, um mit den Unterschieden leben zu können.
Dies war eine Steilvorlage für die Länderausschüsse, deren Mitglieder in der Überwindung der Grenzen nicht zuerst Import/Export-Chancen sehen, die sich vielmehr zur Aufgabe gestellt haben, die unmittelbare Begegnung zwischen Rotariern unterschiedlicher Länder und die Realisierung gemeinsamer Projekte zwischen Clubs unterschiedlicher Nationalitäten zu verwirklichen.
Ein besonders schönes Beispiel dafür liefern Geschichte und Aktion des deutsch-französischen Länderausschusses. 1952 gegründet, hat er seine Wurzel im „Petit Comité pour le rapprochement Franco-Allemand“, das 1931 von deutschen und französischen Rotariern ins Leben gerufen worden war. Damals waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich auf einem Tiefpunkt, geprägt von Misstrauen, Revanchegelüsten und Auseinandersetzungen über die Reparationsleistungen des Versailler Vertrages. Dennoch haben Rotarier aus Deutschland und Frankreich den Mut gefasst, eine rotarische Brücke zu bauen.
Jedes Jahr traf sich eine stets größer werdende Zahl von Rotariern im Rahmen dieses Petit Comité. Das letzte Treffen fand 1937 am Rande der Weltkonferenz in Nizza statt, wo Maurice Duperrey (RC Paris) auf Vorschlag der deutschen Delegation zum ersten französischen RI-Präsidenten gewählt wurde. Wenig später löste sich Rotary Deutschland auf und 1940 wurde, nach der deutschen Besetzung, Rotary auch in Frankreich untersagt.
Kontaktclubidee
Es waren französische Mitglieder des „Petit Comité“, die bereits 1950 den Faden nach Deutschland wieder aufnahmen, allen voran Félix Rollet aus Lyon, der wenige Jahre zuvor noch in der Résistance gegen die deutsche Besatzung gekämpft hatte. Bereits 1951 kam es zur Gründung des allerersten Kontaktclubverhältnisses zwischen dem RC Lyon und dem RC Stuttgart und 1952 wurde der deutsch-französische Länderausschuss ins Leben gerufen. Dieser setzte sich zum Ziel, möglichst viele Rotarier diesseits und jenseits des Rheins miteinander in Kontakt zu bringen. Inzwischen gibt es 322 Partnerschaftsverhältnisse zwischen deutschen und französischen Clubs, die sich in der Tradition des „Petit Comité“ mindestens einmal im Jahr treffen und häufig diese Treffen zum Anlass nehmen, Gemeindienstprojekte zu realisieren. Daneben hat der deutsch-französische Länderausschuss Schüler-, Studenten- und Praktikantenaustausch gefördert und er hat den Clubs Anregungen für Gemeindienstprojekte vorzugsweise in Ländern der Dritten Welt gegeben.
Im Laufe der Jahre haben die deutschen und französischen Clubs die Kontaktclubidee über die eigenen Grenzen hinausgetragen und mit Rotary Clubs weiterer Länder Verbindungen geknüpft. So haben beispielsweise der RC Lyon und der RC Stuttgart den RC Lausanne, den RC Turin-Dora und den RC Barcelona-Diagonal in ihre Partnerschaft aufgenommen. Viele andere Clubs sind diesem Beispiel gefolgt. Damit ist ein Netz von Rotariern entstanden, das ganz Europa umfasst: Rotarier, die sich wahrnehmen, verstehen und oft zu Freunden werden, ein Beispiel für gelebten Frieden, Frieden von unten.
Das Gobal Peace Forum und die Anerkennung, die die Länderausschüsse dort erfahren haben, hat deutlich gemacht, dass dieser europäische Beitrag zur rotarischen Idee nun auch von RI voll rezipiert worden ist.
Dies ist Ermutigung und Motivation zugleich, unseren Weg fortzusetzen.
Hans-Joachim Kay
RC Stuttgart
Vorsitzender der deutschen Sektion des Länderausschusses Deutschland-Frankreich
Weitere Informationen
Die Wurzeln des deutsch-französischen Länderausschusses bildet das „Petit Comité pour le rapprochement Franco-Allemand“, das 1931 gegründet wurde und sein letztes Treffen 1937 zu verzeichnen hat. 1952 wurde der deutsch-französische Länderausschuss ins Leben gerufen, nachdem bereits 1951 ein erstes Kontaktclubverhältnis zwischen dem RC Lyon und dem RC Stuttgart gegründet wurde. Heute gibt es 322 Partnerschaftsverhältnisse. Leitdistrikt in Deutschland ist der Distrikt?1860.
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