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Standpunkt

Am besten bleibt alles so, wie es noch nie war!

Standpunkt - Am besten bleibt alles so, wie es noch nie war!
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Changemanagement im Rotary Club – so geht’s

Bernhard Fischer01.03.2020

Mein Club ist der RC Sonne. Das wärmt mich und erfreut mein Herz. Der Nachbarclub ist ein anderes Sonnensystem, unerreichbar und uninteressant. Mein RC Sonne war schon immer super. Immer wenn wir über alte Zeiten reden, wird es noch schöner. Mitspielen darf aber nur, wer die Vergangenheit gut kennt. Jung geht gar nicht. Weiblich nach zähem Widerstand – zur Not. Öffentlichkeitsarbeit? Njet! Neue Mitglieder? No, außer Professoren und CEOs! Soziale Medien? Non, ging früher auch ohne! Neue Projekte? Ha noi, mir ham scho so viel gmacht! Kommt Ihnen das bekannt vor? Gleicht Ihr Club dem RC Sonne? Nein, ich habe das nicht erfunden, nur überspitzt. Diese Aussagen treffe ich oft bei Rotary. Und da ich mich beruflich intensiv mit Veränderung auseinandersetze, macht mich das sehr nachdenklich.

Jeder Club hat das Recht, sich nicht zu verändern!

Ja, das sehe ich wirklich so. Jeder Club ist eigenständig, und wenn alle Mitglieder zufrieden sind, warum dann etwas ändern? Man braucht auch niemanden aufzunehmen. Was ist die Konsequenz daraus? Alle fühlen sich doch wohl! Leider werden es dann immer weniger Mitglieder bis hin zur Auflösung des Clubs. Schlimm? Für die Freunde nicht, für Rotary schon. Aber das ist die Entscheidung des Clubs. Also hören wir doch auf, andere zum Glück zwingen zu wollen.

Gibt es diese Einigkeit im Club wirklich?

Bei Klagen über den eigenen Club höre ich zu oft, dass es mehrere Parteien gibt. Die Jungen und die Alten, die Offenen und die Abschotter, die Satzungsveränderer und die Satzungsbewahrer ... Ich bin überzeugt, dass bei genauem Betrachten die Einigkeit schwindet. Deshalb müssen Sie im Club genau hinschauen und dann konstruktiv diskutieren. Die Frage lautet: Worin sind wir uns einig? Diese Punkte bilden Ihre positive Ausgangslage.

Vor der Zukunft steht die Vergangenheit!

Bei Veränderungen fühlen die Betroffenen sich oft schlecht, weil sie das Neue als Kritik an der Vergangenheit erleben. Doch nur weil Zeiten sich ändern und heute anders gearbeitet wird, heißt es noch lange nicht, dass davor alles falsch war. Lassen Sie alle ihre Geschichten erzählen. Wie war es denn früher? Was hast du erlebt, als du den Club gegründet hast? Was waren die Höhepunkte? Lassen Sie sie ihre Erlebnisse erzählen. Das schweißt zusammen.

Zukunft passiert nicht einfach so

Wir gestalten die Zukunft durch unsere Entscheidungen in der Gegenwart. Nichts zu tun ist auch eine Entscheidung, allerdings eine unbewusste. Wenn Sie die Zukunft auf die Tagesordnung bringen, setzt sich jeder aktiv mit ihr auseinander. Sie können dann immer noch entscheiden, nichts zu verändern. Aber dann ist das eine klare Entscheidung und geschieht nicht einfach bloß so.

Diese Fragen sind zentral:
1. Gibt es Rotary noch in 20 Jahren?
2. Gibt es unseren Club noch in 20 Jahren?
3. Wenn ja, wie sehen unsere Meetings dann aus?
Tragen Sie das einfach mal zusammen. Und lassen Sie sich überraschen, was passiert.

Umgang mit Nörglern

Vorsicht, sie sind wertvolle Mitglieder. Denn wer nörgelt, bringt sich immerhin ein. Das Nörgeln ist nur der Tonfall, wenn man sich unverstanden fühlt. Also fragen Sie so lange nach, bis Sie verstehen, was dieser nörgelnde Freund Ihnen sagen will. Ohne zu rechtfertigen, nur fragen. Irgendwann ist es gesagt, und dann können Sie konstruktiv damit umgehen. Wenn das Nörgeln kein Lebensmotto des Freundes ist, dann holen Sie ihn in Ihr Change-Team. Er hat Freunde, die seine Meinung teilen, und mit ihm schaffen Sie es, alle zu berücksichtigen.

Die „Früher war alles besser“-Haltung

Früher war alles besser. Was genau? Der Krieg? Die Kindersterblichkeit? Die Lebenserwartung? Mal ernsthaft: Was genau war früher besser? Das ist die Frage aller Fragen, und sicherlich findet sich das eine oder andere Thema. Alles war sicher nicht besser.

Ihre konkrete Aufgabe

Wenn Sie nicht wollen, dass alles bleibt, wie es nie war, dann gehen Sie es an. Stellen Sie Fragen, gehen Sie in den Dialog. Ändern Sie das Meetingformat von frontal auf Kleingruppen. Tragen Sie die Ergebnisse für alle sichtbar zusammen. So verändert sich der Club entlang von bewusst gestalteten Themen. Ihr Job ist nicht die Veränderung an sich, sondern deren Moderation. Das ist eine spannende Aufgabe, und ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei.

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