Tichys Denkanstoss
Auf dem Weg zur Beute-Wirtschaft
Wer gelegentlich mit der Bahn fährt weiß: Der Betrieb eines dürftigen Bord-Bistros ist offensichtlich komplizierter als der jahrzehntelange Flug einer Sonde zu Mars oder Venus. Die Antwort auf die sich ständig verschärfende
Krise des staatseigenen Unternehmens: Noch mehr direkter Staatseinfluss, rückwärts zur Beamtenbahn.
Der Berliner Flughafen, gebaut in Eigenregie von der Hauptstadt und dem Land Brandenburg, ist längst als Desaster gestartet und als Lachnummer abgestürzt. Die staatlich verordnete und staatlich im Detail umgesetzte Energiewende: in allen Zielen gescheitert – die Atomgefahr nicht gebannt; der Ausstoß von Klimagasen steigt, verheerende Überschwemmungen infolge großflächigen Anbaus von Mais-Monokulturen, Gift im Boden, wachsende Unsicherheit der Versorgung, explodierende Kosten und Preise. Die Antwort des Gesetzgebers: 50,5 neue Planstellen in der Bundesnetzagentur, um neue Reformen zu kontrollieren, die die Lage weiter verschlimmbessern.
Manche Zyniker haben ja befürchtet, mit dem Untergang der DDR entfalle das Referenzsystem, das die Überlegenheit der Marktwirtschaft über die Planwirtschaft zeige. Dabei sind wir jetzt sogar auf einem schlimmeren Weg: nicht Markt-, auch nicht Staatswirtschaft, sondern hin zu einer Art Beute-Wirtschaft, in der Lobbys ihren Einfluss auf die in die Alltagswirtschaft eingreifende Gesetzgebung ausnutzen, um ihren gierigen Auftraggebern Profite zulasten von Gesellschaft, Konsumenten und Umwelt zu verschaffen. Beispiel gefällig? Fünf Milliarden Euro zur Förderung von Elektro-Autos – ist deren Entwicklung nicht Aufgabe einer Industrie, die ohnehin glänzend verdient?
In der Beute-Wirtschaft subventionieren wir Windräder in windarmen Gebieten und bezahlen Strom, der mangels Kabel niemals an die Steckdose gelangt. Es geht lustig so weiter: Steuerbegünstigt drängen Kommunen vor Ort Unternehmen aus dem Markt. In ihren intransparenten, riesigen Bauchläden verschwinden Gewinne und werden zu Verlusten verdaut, die dann als Steuererhöhungen und Leistungseinschränkungen an die Bürger zurückgegeben werden.
Dabei ist Deutschland durch „Ordnungspolitik“ bekannt geworden – der Staat soll Rahmenbedingungen setzen, scharfe Wettbewerbsgesetze erzwingen und strikte Leitplanken setzen, aber nicht Unternehmer spielen. Denn das geht immer schief und verschlimmert sich zur Beute-Wirtschaft, wenn die Parlamente detaillierte Eingriffe in Preise und Mengen vornehmen, wie jüngst ein Abgeordneter der Grünen vorschlug: Mindestpreise für Koteletts. Kommt dann nach der in Berlin schon tätigen Wohnblock-Polizei, die mögliche Untervermietung an Feriengäste kontrolliert, eine Kotelett-Polizei? Was genau prüft sie? Ich sehe schon vor meinem geistigen Auge die Bundesfettrand-Mindestverordnung für Schnitzel, eine ertragreiche Angelegenheit für Bürokraten. Leider nicht für die Verbraucher.