Die Spendenwelt von Rotary

Was ist The Rotary Foundation (TRF)? – Gründung und Meilensteine

"It seems eminently proper that we should accept endowments for the purpose of doing good in the world, in charitable, educational or other avenues of community progress …" – "Es scheint mehr als angemessen, dass wir Spenden/Schenkungen entgegennehmen, um in der Welt Gutes zu tun, sei es im karitativen Bereich, im Bildungswesen oder auf anderen Gebieten, die dem Fortschritt der Gemeinschaft dienen.“ Mit diesen Worten erläuterte der 1917 amtierende sechste RI Präsident Arch C. Klumph seine Beweggründe, TRF ins Leben zu rufen. Noch im Gründungsjahr ging die erste Spende in Höhe von 26,50 Dollar vom RC Kansas City ein und dabei sollte es nicht bleiben. Doch wie und für welche Zwecke sollten die Gelder konkret eingesetzt werden?

1927 sahen wir den ersten Foundation Grant, in den 1930er-Jahren die ersten Friedensprogramme, 1947 erste Stipendien. 1965 folgten als nächste Meilensteine der Group Study Exchange (GSE), die Matching Grants und 1978 die 3-H-Grant-Projekte in den drei Bereichen Hunger, Health, Humanity. 1985 beziehungsweise 1988 wurde dann einer der bis heute gewichtigsten Meilensteine gesetzt: PolioPlus wurde aus der Taufe gehoben und mündete 1988 in die Global Polio Eradication Initiative. Auch Völkerverständigung und Friedensbildung sind untrennbar mit Rotary verbunden, dazu passt der Aufbau von Rotary Peace Centers ab dem Jahr 2002: Inzwischen können an sechs Partner-Universitäten Master- und an zwei weiteren Partner-Unis Bachelor-Studiengänge absolviert werden.

Die Fonds

Die Gelder der Rotary Foundation verteilen sich auf verschiedene Fonds, in die auch gezielt eingezahlt werden kann. Größter Fonds ist der Annual Fund (Jahresfonds), aus diesem heraus die Grant-Projekte und die Rotary-Programme finanziert werden. Im letzten rotarischen Jahr wurden hier 139,4 Mio. US-Dollar an Spenden verbucht. Dicht gefolgt wird er vom Polio-Fonds,  der im selben Zeitraum 133,2 Mio. US-Dollar an Zuwendungen verzeichnen konnte. Mit diesen werden ausschließlich Polio-Impfungen und Polio-Kampagnen finanziert. Dem Stiftungsfonds (Endowment Fund) flossen 32,6 Mio. US-Dollar zu, wobei hier lediglich die daraus generierten Investitionserträge an Projekte und Programme gehen. Auf die Verwendung der Gelder kann der Stifter Einfluss nehmen. Weitere Spenden in geringerem Umfang flossen unter anderem an den Disaster Response Fund (Fonds für Katastrophenhilfe) und den Donor Advised Fund.

Die Spendenverwendung – Beispiele

Was passiert nun mit dem Geld, das TRF anvertraut wird, insbesondere mit den Geldern des Jahresfonds? Die Spenden an den Annual Fund fließen nach drei Jahren zu 50 Prozent in Form von DDF-Mitteln (District Designated Funds) an den Distrikt zurück, der sie generiert hat. Es ist der Fond, aus dem ein Teil der Zuschüsse für Global und District Grants finanziert werden. Aufgrund des deutschen Spendenrechts ist die Verwendung der EREY/Annual Fund Spenden hierzulande etwas anders, da Spendengelder innerhalb von zwei Jahren ausgegeben werden müssen. Im rotarischen Jahr 2020/21 wurden 2.066 Global Grants mit einem Budget von 143,5 Mio. US-Dollar genehmigt und 490 District Grants mit einem Budget von 33,6 Mio. US-Dollar. Um Fördermittel nicht planlos und nach einem Gießkannenprinzip zu verteilen, wurden im Laufe der Zeit sieben Schwerpunktthemen (Areas of Focus) – definiert, für die Global Grants beantragt werden können: Frieden und Konfliktprävention, Krankheitsvorsorge und -behandlung, Wasser und Hygiene, Gesundheit von Mutter und Kind, Bildung, Wirtschafts- und Kommunalentwicklung – und seit 2020 Umwelt.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass anders als gemeinhin angenommen (und anders als in einigen deutschen Distrikten praktiziert), deutsche Clubs auch Global und/oder District Grants in Deutschland, in ihrem eigenen Distrikt auf den Weg bringen können. So gelang es den Rotary Clubs in Mainz und Ingelheim, zusammen mit internationalen Partnern ein Global-Grant-Projekt in Mainz zu realisieren: eine ambulante Palliativversorgung für junge Patienten und deren Familien. Dieses Projekt begann übrigens mit einer 100.000-US-Dollar-Spende eines ehemaligen Jugendcamp-Teilnehmers.

Und damit sind wir bei der Verwendung der zweiten Hälfte der Annual-Fund-Mittel: Sie dienen der Finanzierung der Foundation-Programme. Die eingangs erwähnten Programme wie Ambassadorial Scholarship oder GSE wurden inzwischen terminiert. Neu hinzugekommen sind unter anderem die Rotary Peace Fellowships (jährlich 130 Stipendien für das Studium an Rotary Peace Centers) und die VTT (Vocational Training Teams). Nicht zuletzt die Teilnahme an Austauschprogrammen oder der Erhalt von Stipendien prägt das persönliche und berufliche Leben der Absolventen äußerst positiv, wie mir auch persönlich berichtet wurde. Hinzu kommt, dass auf diese Weise junge Menschen vielleicht erstmals mit Rotary in Kontakt kommen – und sich später unter Umständen in unserer Serviceorganisation engagieren. Alles Gründe, um auch in Zukunft vielen jungen Leuten mit unseren Spenden solche Erfahrungen zu ermöglichen!

Ohne Zweifel ein Leuchtturmprojekt Rotarys ist End Polio Now – und damit der Polio-Fonds. Im Jahr 1988 waren 350.000 Menschen in über 125 Ländern an Poliomyelitis erkrankt. 2021, also 33 Jahre später, wurden nur noch fünf Fälle (der Wildvariante) in zwei Ländern registriert. Es wurde in 2021 auch ein Fall in Afrika gemeldet, aber das war ein aus Pakistan importierter Fall. Afrika behält deshalb den Status als vom wilden Polio-Virus befreit. Rotary hatte in dieser Zeitspanne über 1,5 Mrd. US-Dollar an Spendengeldern aufgebracht und damit Impfstoff für 2,5 Milliarden Kinder finanziert.

Ein weiteres Highlight bildet der Disaster Response Fund, der Sofortmittel für Unterstützungsmaßnahmen bei Katastrophen bereitstellt. Natürlich ist hier die Ukraine das derzeitige Schwerpunktthema!

Zuwendungsarten

Geldbörse auf, Scheck ausgestellt, Überweisung getätigt – man möchte denken, Geld zu spenden, wäre ganz einfach. Doch selbst wir Rotarier haben uns das Spenden verkompliziert. Wobei, eigentlich ist es doch ganz einfach, wenn erst einmal geklärt ist, welchem Zweck das Geld dienen, in welcher Höhe, wann, einmalig oder regelmäßig gespendet werden soll! Welche Möglichkeiten bietet also TRF?

Da wäre als erstes Every Rotarian Every Year (EREY) zu nennen. EREY, eingeführt vor ca. 20 Jahren, steht für eine 100-US-Dollar-Spende, die möglichst jeder Rotarier möglichst jedes Jahr tätigen soll: eben Every Rotarian Every Year. In Deutschland ist es vielfältige Praxis, dass die Clubs die bei ihnen eingesammelten EREY- Spendengelder an RDG (Rotary Gemeindienst Deutschland e.V.) überweisen, also nicht jedes Mitglied direkt die EREY-Spende abführt.  RDG meldet die eingegangenen Gelder aus diversen Gründen (zum Beispiel Datenschutz, außerdem möchte nicht jeder Rotarier genannt werden, PHF soll eine Ehrung für besonderes Engangement bleiben etc.) als Clubspenden und nicht als individuelle Spenden an TRF. Die EREY-Gelder fließen in den Annual Fund, der, wie oben erläutert, unter anderem die District und Global Grants finanziert. Will nun ein Rotarier nachverfolgen, wie seine Spendenhistorie ist, kann er dies unter seinem Profil bei My Rotary tun. Dort ist genau aufgeführt, wann, wieviel und wofür gespendet wurde. Wenn also EREY-Gelder als Clubspenden verbucht wurden, findet der Rotarier dies in der Spendenhistorie seines Clubs in My Rotary.

Persönliches

Die zweite Zuwendungsart sind die persönlichen Spenden. Hierbei fließen die Zuwendungen direkt vom Spender an RDG oder TRF. Handelt es sich um Spenden zugunsten des Annual Fund, des Polio Fund, an genehmigte Foundation-Projekte oder Rotary Peace Center, kann RDG hierfür  Spendenbescheinigungen ausstellen. Voraussetzung für eine persönliche Spende an RDG ist, dass im Verwendungszweck angegeben wird, dass es sich um eine persönliche Spende handelt und für welches der Rotary Projekte gespendet wird.

Selbstverständlich können auch an den Stiftungsfonds und den Disaster Response Fund Zuwendungen erfolgen, allerdings aufgrund deutscher finanzrechtlicher Bestimmungen nur ohne Spendenbescheinigung.

Apropos Großspenden: Diese bilden eine sehr wichtige Finanzierungsquelle für The Rotary Foundation. Nach den jetzigen Regeln haben Großspender vielfältige Möglichkeiten, die Verwendung ihrer Spende nach Schwerpunktgebiet, Region oder Distrikt zu beeinflussen. Vielleicht ist dies eine zusätzliche Motivation für potenzielle (Groß-)Spender. Ihr Geld muss nicht zwingend an Auslandsprojekte gehen, sondern kann auch im eigenen Distrikt segensreich wirken.

Übrigens beläuft sich die durchschnittliche Spende (EREY + persönliche Spenden) eines deutschen Rotary-Mitglieds an TRF auf 86 US-Dollar pro Jahr, damit liegt Deutschland sogar hinter Ländern wie Nigeria (104 US-Dollar) oder Mexiko (107 US-Dollar), ganz zu schweigen von beispielsweise Singapur (383 US-Dollar) oder Südkorea und Hongkong (je 275 US-Dollar).

Und im wahrsten Sinne last but not  least: Auch nach dem eigenen Tod lässt sich via TRF gutes Tun, wenn TRF mit einem Legat bedacht wurde. Das Vermächtnis fließt dabei in den Stiftungsfonds (Endowment Fund) von TRF (siehe oben, Fonds). Auf die Verwendung kann Einfluss genommen werden: von nicht zweckgebunden bis hin zur Auswahl eines TRF-Schwerpunktthemas.

Rotary beziehungsweise . The Rotary Foundation bedankt sich bei den Spendern mit der seit 1957 bestehenden Paul-Harris-Anerkennung (Paul Harris Fellow/PHF), benannt nach dem Rotary-Gründer Paul Harris (1868–1947). Diese Ehrung ist eigentlich das offizielle Dankeschön der Foundation. Die Aufnahme in die Paul Harris Society (ab 1.000 US-Dollar/Jahr erfolgt auf Antrag: https://www.rdg-rotary.de/rdg/dokumente/PHSFormularDeutschland.pdf), die Aufnahme in die Bequest Society erfolgt bei Zusagen über 10.000 US-Dollar/Jahr. Bei einem akkumuliertem Spendenvolumen von 10.000 US-Dollar verleiht TRF die Anerkennung als Major Donor. Ab einem Spendenvolumen von 250.000 US-Dollar erfolgt im Rahmen einer förmlichen Zeremonie während einer Rotary Convention oder in Evanston die Aufnahme in die Arch Klumph Society (AKS). Bei testamentarischen Verfügungen wird man sofort zum Benefactor und abhängig von der Höhe des Vermächtnisses posthum zum Major Donor oder AKS-Mitglied.

Spenden leicht gemacht – eine kleine Anleitung

Der weitaus einfachste Weg ist eine Spende ohne deutsche Spendenbescheinigung. Dafür loggt man sich auf seinem eigenen Profil unter My Rotary ein, wo mit Kreditkarte eine direkte Spendenzahlung möglich ist: my.rotary.org/de/donate.

Falls eine in Deutschland gültige Spendenbescheinigung gewünscht wird, muss die persönliche Spende über RDG laufen: Rotary Deutschland Gemeindienst e.V., Deutsche Bank AG, IBAN: DE80 3007 0010 0394 1200 00, BIC: DEUTDEDD;  Verwendungszweck = Name + Rotary ID des Spendenden + PHS (Paul Harris Society) oder Major Donor (MD) +  Annual Fund oder  Polio. Directed Gifts (Spenden für ein bestimmtes Projekt) können nach Absprache mit TRF ebenfalls an RDG angewiesen werden (mit Spendenbescheinigung).

Schlusswort

Wir alle sind Rotarier, und wir alle haben gesehen, wie viel Positives Spenden an unsere rotarische Stiftung bewirken können. Das Schöne ist: TRF bietet die Möglichkeit, die Verwendung der eigenen Spende – zumindest in gewissem Maß – zu steuern. Wer auch als Club zum Beispiel nicht unbedingt Global Grants unterstützen/realisieren möchte, fördert vielleicht das rotarische Polio-Programm oder die Rotary Peace Centers etc. Öffnet Eure Herzen (und Portemonnaies) und spendet an die Stiftung aller Rotarier!

Carl-Ludwig Dörwald

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Carl-Ludwig Dörwald

Rotarier seit 2000 in Beijing (Beijing, VR China), dann ab 2015 in Worpswede, Ehrenmitglied RC Beijing

Charter President RC Beijing 2005/06; Chairman of RI Programmes in Rotary China District 52 im Jahr 2006/09, Governor Distrikt 1850 im Jahr 2018/19, Personal Aid Incoming Chair TRF auf der RI Convention in Hamburg 2019

Paul Harris Fellow, Major Donor, Mitglied Paul Harris Society, Avenue of Services Citation durch RI President 2007/08