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Kunst als alternative Anlageklasse

Forum - Kunst als alternative Anlageklasse
Ein Besuchermagnet der diesjährigen TEFAF in Maastricht war die zeitgenössische Kunst von Peter Halley, darunter sein Werk „Force of Nature“ © Maruani Mercier Galerie

Wie in keiner anderen Branche lassen sich am Kunstmarkt Ästhetik und Gewinnmaximierung zu einem Mehrwert vereinen, der sowohl für Unternehmen als auch für Privatanleger interessant ist.

Franziska Ida Neumann01.10.2020

Kunst ist ein Versprechen. Das Versprechen von ästhetischem sowie kulturellem Genuss und der verlockenden Möglichkeit, einen der begehrtesten sozialen Mehrwerte unserer Zeit zu generieren: den Prestigegewinn. Sie fungiert als Spiegel der Gesellschaft und ist doch weit mehr als ein ästhetisches Moment. Im Rahmen der jährlich im März stattfindenden TEFAF (The European Fine Art Fair), der international bedeutendsten Messe für Antiquitäten, Schmuck und Kunst von Altmeistergemälden bis hin zu zeitgenössischen Arbeiten, landen auf dem Regionalflughafen in Maastricht im Durchschnitt 275 Privatjets in drei Tagen. Kunst ist als Prestigeobjekt längst in den gut situierten Kreisen angekommen. Seit einigen Jahren ist das Sammeln und Investieren in Kunst aber auch zu einer attraktiven Anlageklasse geworden, die zunehmend in den Fokus der Finanzwelt rückt.

Hohe Wertsteigerungen möglich

Der Kunstmarkt bietet grundsätzlich attraktive Renditechancen sowie Möglichkeiten zur Portfoliodiversifikation und Risikostreuung für private Kapitalanleger, Unternehmen und Family Offices. Kunst ist als Asset neben Oldtimern, Uhren, Juwelen, Immobilien, Aktien und festverzinslichen Wertpapieren ein Anlageobjekt, welches bislang nur einem kleineren Kreis von Anlegern vertraut war. 2019 wurden weltweit 64,1 Milliarden US-Dollar mit dem Handel von Kunst und Antiquitäten umgesetzt. Allein auf der jährlich stattfindenden Messe Art Basel werden Kunstwerke im Wert von drei Milliarden Euro angeboten.

Die Preise auf dem Kunstmarkt entwickeln sich unabhängig von anderen Assetklassen und reagieren nur schwach auf den steigenden oder fallenden Rohstoff- und Ölpreis sowie die Vorgänge am Finanzmarkt und sind somit als alternatives Investment interessant. Die höchsten Wertsteigerungen sind seit Anfang der 2000er Jahre im Bereich der Contemporary Art zu verzeichnen. Die überdurchschnittliche Wertsteigerung findet nicht länger am Markt von Altmeistergemälden und Klassischer Moderne statt, sondern im Sektor der zeitgenössischen Kunst. Das Augenmerk des Kunstmarktes liegt heute auf China, den USA und Großbritannien. New York City ist noch vor London das Zentrum des Handels mit zeitgenössischer Kunst.

Interessierte Anleger haben mehrere Möglichkeiten, um am Kunstmarkt zu partizipieren. Neben der Investition in Kunstfonds stellt der Aufbau einer privaten oder unternehmenseigenen Kunstsammlung eine interessante Alternative zu den klassischen Anlageformen dar. Was die Deutsche Bank, der Deutsche Bundestag oder die Daimler AG im großen Stil vormachen, ist auch für Kanzleien, Praxen und Privatanleger interessant. Originale Kunstwerke tragen als ästhetischer Mehrwert zu einem positiven Umfeld bei und fungieren ganz nebenbei als Aktie an der Wand, die nach zehn Jahren in den meisten Fällen gewinnbringend veräußert werden kann.

Kunst als Ware ist jedoch nicht unumstritten. Kunst first? Oder Rendite first? Die vielfach geführte Diskussion um Kunst als Assetklasse legt das Problem offen: Während das Reden über „metaphysische Ebenen, Formen und Farbe im Raum“ oder „die Aura“ für die kunsthistorische Bedeutung und damit für den monetären Wert eines Kunstwerkes evident ist, steigen fachfremde Gesprächspartner an diesem Punkt gedanklich aus der Unterhaltung aus. Das ist für viele Teilnehmer zu abstrakt, bildet jedoch einen grundsätzlichen Bestandteil des Kunstmarktes. Professionelle Kunstberater, sogenannte Art-Consulting-Unternehmen, gleichen fehlendes Fachwissen für ihre Klienten aus und sind dabei keine bloßen Finanzstrategen, sondern kennen die Kunstbranche und haben weitreichende Kontakte zu Künstlern, Galerien, Investoren und Sammlern. Auf einem Markt, in welchem der persönliche Handschlag auch heute noch Verkäufe jenseits der Millionengrenze besiegelt, sind die Eintrittsbarrieren für Außenstehende zugegebenermaßen hoch, jedoch nicht unüberwindbar.

Monetäre und emotionale Rendite

Künstler wie Gerhard Richter, Cy Twombly, Jean-Michel Basquiat, Zao Wou-Ki und Bridget Riley erzielen durchschnittliche Jahresrenditen zwischen zehn und 15 Prozent im Bereich des High-End-Kunstmarktes. Der beginnt bei einem Investment ab 100.000 Euro. Doch auch im niedrig- oder mittelpreisigen Segment lassen sich attraktive Gewinne erzielen. Der Einstieg in den Kunstsektor gelingt für viele Interessenten über den Grafikbereich sowie den sogenannten Third Floor. Hier werden Kunstwerke bis zu einem Verkaufswert von 10.000 Euro angeboten. Ein praktisches Beispiel veranschaulicht die Theorie: Ein Sammler ersteigerte im Juni 1996 eine Druckgrafik aus dem Jahr 1989 des amerikanischen Künstlers Keith Haring für 4000 DM. Bis zum Verkauf gut 20 Jahre später verblieb das Papier beim Eigentümer und wurde nicht zwischengehandelt. Im Juni 2017 kam die Grafik im Rahmen einer Auktion mit einem Schätzpreis von 3000 Euro zum Aufruf und erzielte ein Verkaufsergebnis von 25.000 Euro. Der Wert des Kunstwerks hat sich im Laufe der Jahre verzwölfeinhalbfacht. Oder anders gesagt, die Brutto-Wertsteigerung lag bei 1250 Prozent. Derlei Gewinnaussichten lassen den Kunstmarkt als exotisches Renditeparadies erscheinen. Aber Vorsicht: Vor dem Eintritt in den Kunstmarkt ist es ratsam, sich umfassend über Chancen und Risiken zu informieren, denn das Investieren in Kunst ist ein Hochrisikogeschäft. Wenn jedoch aus einem ersten soliden Kunstkauf eine private Sammelleidenschaft folgt, dann erreicht das Kunstinvestment die ideale Kombination aus monetärer und emotionaler Rendite.


Buchtipp

 

Franziska Ida Neumann,

Wie Sie mit Picasso & Co. ein Vermögen aufbauen,

FinanzBuch Verlag 2020,

208 Seiten, 16 Euro

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Franziska Ida Neumann

Dr. Franziska Ida Neumann, RC Greifswald-Caspar David Friedrich, hat Rechtswissenschaften, BWL, Kunstgeschichte und Germanistik in Deutschland und an der Pariser Sorbonne sowie am Louvre studiert. Ihren Doktortitel erwarb sie am Caspar- David-Friedrich-Institut in Greifswald. Seit 2018 ist sie geschäftsführende Gesellschafterin von „I date art. Art Consulting & Lecturing“ und berät bei Fragen in Bezug auf den Kunstmarkt und zu Kunst-Investments.

idateart.com