https://rotary.de/gesellschaft/rotarische-staerke-in-krisenzeiten-a-19541.html
Rotary Aktuell

Rotarische Stärke in Krisenzeiten

Rotary Aktuell - Rotarische Stärke in Krisenzeiten
Mitglieder des RC Donezk Advance zusammen mit ihren Chartergästen auf dem Spielfeld des Schachtar-Stadions in Donezk. © Privat

Aktuelle Konflikte haben erheblichen Einfluss auf Rotary in der Ukraine. Die dortigen Mitglieder lassen sich aber nicht entmutigen – ganz im Gegenteil.

01.02.2022

2022, rotary aktuell, ukraine, rotarische stärke in krisenzeiten
Olga und Mykola Stebljanko (links) sind Rotarier mit Leib und Seele. © Privat

Blickt man auf die rotarische Bewegung in der Ukraine, wird schnell klar: Politische Ereignisse und Konflikte beeinflussen und beschäftigen die Clubs und ihre Mitglieder immens. Das zeigen nicht nur die jüngsten Entwicklungen. Doch wie ist es aktuell um Rotary in dem osteuropäischen Land bestellt? Die Frage beantworten Mykola Stebljanko, Redakteur des ukrainischen Rotary Magazins, sowie weitere rotarische Freunde. Sie erzählen von ihrem jetzigen Clubleben und persönlichen Schicksalen, die nachdenklich zurücklassen, aber zugleich Hoffnung geben.


Mykola Stebljanko, Redakteur des Rotarier (Ukraine)

Enormer Zulauf für Rotary

Bevor wir einen Blick in einzelne Clubs und ihre Projekte sowie persönliche Lebensgeschichten werfen, möchte ich ein paar grundsätzliche Informationen zu Rotary in der Ukraine liefern. Die Frage, wie alt Rotary in der Ukraine ist, kann nicht so einfach beantwortet werden. Die ersten Rotary Clubs auf dem Territorium der modernen Ukraine wurden vor dem Zweiten Weltkrieg gechartert: Uschhorod 1929, Czernowitz 1932, Lemberg 1935. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges beschloss Rotary International, Rotary Clubs in den besetzten Gebieten auszusetzen. Der erste Club in der unabhängigen Ukraine wurde 1991 in Kiew gegründet.

Von 1991 bis 1994 war die Ukraine zusammen mit allen Clubs in der ehemaligen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ein Teil des Distrikts 1430 (Finnland). Im November 1999 entwickelte RI in Budapest ein Konzept zur Schaffung eines einzigen internationalen Distrikts, der Belarus, Polen und die Ukraine umfassen sollte. Zur Verwirklichung kam es dann am 1. Juli 2000 auf der Grundlage des derzeitigen Distrikts 2230 (Polen). Mit dem stetigen Wachstum von Rotary in diesen drei Ländern wurde am 1. Juli 2016 der bestehende Distrikt in D2231 (Polen) und D2232 (Ukraine, Belarus) aufgeteilt.

Die Annexion der Krim und der bewaffnete Konflikt im Donbass haben bis heute Einfluss auf die Entwicklung von Rotary in der Ukraine – mit sehr gegensätzlichen Auswirkungen. Die negativen Folgen zeigen sich beispielsweise auf der annektierten Krim und in den besetzten Gebieten Donezk/Luhansk. Von den acht Clubs mit 150 Rotariern im Jahr 2013 sind nur noch zwei übrig – RC Simferopol und RC Aluschta –, die zusammen 14 Mitglieder haben. Im Rest der Ukraine ist die Situation jedoch genau umgekehrt. Es gibt seit Beginn des Konflikts einen enormen Zulauf. Der Wille, sich in der Gesellschaft im humanitären Geiste zu engagieren, ist stark ausgeprägt. Seit 2014 ist Rotary von 45 auf 62 Clubs und zusätzlich sechs Satelliten-Clubs sowie von 800 auf 1100 Mitglieder gewachsen. Von solch einer Aufbruchstimmung kann in Belarus, Teil unseres Distriktes, keine Rede sein: Dortige Clubs hatten im vergangenen Jahr Probleme mit der offiziellen Registrierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer ausländischen Organisation. Es gibt nur vier Clubs und einen Rotaract Club in Minsk.

Projekte für den Frieden

2022, rotary aktuell, ukraine, rotarische stärke in krisenzeiten
Tatiana Godok stellt Teilnehmern eines RYLA-Seminars in Istanbul ihr Heimatland Ukraine vor. © Privat

Viele Clubs in der Ukraine haben eigene Projekte zur Lösung der Folgen des bewaffneten Konflikts initiiert. Der Distrikt hat parallel dazu die Rotary-Initiative für die Entwicklung des Friedens in der Ukraine gebildet, die 2019 in Hamburg während der RI Convention vorgestellt wurde.

Stand Januar 2022 hat Distrikt 2232 66 Rotary Clubs und 25 Rotaract Clubs. Insgesamt ist die Zahl der Rotarier seit der Gründung des Distrikts 2232 im Jahr 2016 um 40 Prozent gestiegen. Der Distrikt ist hinsichtlich des weiteren Wachstums sehr optimistisch, da gerade die Ukraine viele Perspektiven für die rotarische Gemeinschaft bietet.


Drei Fragen an John Hewko

Sie waren Anfang der 1990er Jahre Gründungsmitglied des RC Kiew. Wie kam es dazu?

Ich arbeitete damals in der Ukraine, zunächst als Rechtsberater des ukrainischen Parlaments und dann als Gründer und geschäftsführender Partner des Kiewer Büros der internationalen Anwaltskanzlei Baker McKenzie. Mein Vater war ein sehr aktiver Rotarier und sein Club in Clarkston, Michigan/USA, gehörte zu einer Gruppe von sechs Rotary Clubs aus Europa und Nordamerika, die sich nach dem Fall der Sowjetunion um die Gründung eines Rotary Clubs in Kiew bemühten. Er organisierte damals mehrere Rotary-Projekte zur Lieferung von medizinischen Geräten an ukrainische Krankenhäuser und zur Durchführung von Augenoperationen für Bedürftige. Da ich in Kiew lebte, bat mein Vater mich, ihm bei den Projekten und der Gründung des Kiewer Clubs zu helfen. Durch diese Aktivitäten hatte ich das Privileg, 1992 Gründungsmitglied des Rotary Clubs Kiew zu werden.

Stehen Sie noch in Kontakt mit den anderen Gründungsmitgliedern dort?

Ich habe von 1991 bis Anfang 1996 in der Ukraine gelebt und bin seit meiner Abreise Dutzende Male zurückgekehrt. Wann immer ich in Kiew bin, treffe ich mich mit den Rotariern und habe weiterhin Kontakt zu einigen der Gründungsmitglieder. Leider haben wir vor einigen Jahren Past-Gov. Oleksiy Kozhenkin verloren, einen außergewöhnlichen Rotarier und guten Freund, der eine entscheidende Rolle bei der Gründung des Kiewer Clubs und dem Wachstum von Rotary in der Ukraine spielte. Ich habe immer noch Familie in der Westukraine, die ich regelmäßig besuche, auch wenn dies durch die Pandemie erschwert wird.

Welche Projekte gab es damals und was macht der Club heute?

Eines der Gründungsmitglieder des Clubs, Dr. Illya Yemets, heute einer der führenden Kinderkardiologen in der Ukraine, erhielt in den 1990er Jahren dank Rotariern in Australien, den USA und Europa eine großartige Ausbildung. Das Gelernte nutzte er, um mithilfe des Kiewer Clubs als dessen erstes Projekt das führende Kinderherzzentrum in der ehemaligen Sowjetunion zu gründen. Ich habe erst vor Kurzem mit ihm gesprochen und wir haben überlegt, wie Rotary-Mitglieder ihn dabei unterstützen könnten, seine Vision einer Krankenhauserweiterung zur Nutzung modernster medizinischer Forschung und Entwicklung zu realisieren. Eine der beeindruckendsten rotarischen Initiativen ist heute die Aufklärung der Ukrainer über die Bedeutung von Impfungen, insbesondere gegen Polio.

Die Fragen stellte Frauke Eichenauer.


 Tatiana Godok, Präsidentin Elect des Rotary E-Clubs Ukraine

Wichtige gegenseitige Unterstützung

2022, rotary aktuell, ukraine, rotarische stärke in krisenzeiten
Fühlt sich Rotary in der Ukraine verbunden © Privat

Meine Geschichte bei Rotary begann, als ich in der Abschlussklasse der weiterführenden Schule war. Der neu gegründete Rotaract Club von Jalta machte sich ehrgeizig daran, einen Interact Club zu gründen, und ich hatte damals das Glück, ein Teil davon sein zu dürfen. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht viel über Rotary und die komplexe Cluborganisation, aber die Möglichkeit eines Jugendaustausches fand ich sehr reizvoll. Mehrere Monate lang besuchten wir mit einer Gruppe von Schulkindern andere Interact Clubs in Charkiw und Tscherkassy. Ich lernte mehr über Rotary und vertiefte mich allmählich in die Ideen und Werte dieser Serviceorganisation. Nach einer Weile trat ich voller Überzeugung dem Rotaract Club von Jalta bei. Ich bin froh, dass ich es geschafft habe, mich in verschiedenen Clubfunktionen – Präsidentin und Schatzmeisterin – zu versuchen und Rotaract europaweit kennenzulernen.

Die Zeit vor der Annexion der Krim war die aktivste Zeit meiner Rotaract-Karriere: Ich bin oft zu REM-Konferenzen quer durch Europa gereist, zu RYLA in die Türkei, zum „Portugal Trip“ nach Portugal und unzählige Male zu Konferenzen, Seminaren oder einfach zu Rotaract-Freunden in die Ukraine. Wir haben gerne und stolz gesamtukrainische und Bezirksveranstaltungen in Jalta veranstaltet.

Die Annexion der Krim machte es nicht nur unmöglich, diese Aktivitäten fortzusetzen, sondern zwang auch viele Rotaracter und Rotarier, die Halbinsel zu verlassen und in verschiedene Richtungen zu fliehen. Dieses Schicksal teilten wir mit vielen weiteren Menschen. Ich zog nach Lemberg, aber die mit der Flucht verbundenen emotionalen Traumata, die ich erlebte, erlaubten es mir lange nicht, mich in meinem neuen Leben zurechtzufinden und mich zu integrieren. Die gute Nachricht war die Gründung eines Rotary E-Clubs Ukraine, der es früheren Krim-Bewohnern und Rotariern aus anderen besetzten Gebieten ermöglichen soll, weiterhin Teil von Rotary zu sein. Die gegenseitige Unterstützung war gerade in der ersten Zeit enorm hilfreich.

Studium in den USA

2022, rotary aktuell, ukraine, rotarische stärke in krisenzeiten
Tatiana Godok bei einem europäischen Rotaract-Treffen im polnischen Breslau. © Privat

Später zog ich nach New York, um Biologie zu studieren, und dann nach Philadelphia, um in einem Forschungslabor zu arbeiten. Das elektronische Format des Clubs ermöglicht es mir zum Glück, unabhängig vom Wohnort Rotarierin zu bleiben, wenngleich die unterschiedlichen Zeitzonen berücksichtigt werden müssen. Ich wohne seit 2021 in der Nähe von Mailand in Italien, sehe aber weiterhin meine Freunde bei Clubtreffen. Es ist gut, dass unser Club sich im Laufe der Jahre mit neuen Mitgliedern aus der ganzen Ukraine bereichert hat. Etwas überraschend für mich war meine Wahl zur Präsidentin des Clubs 2022/23. Ich bin sehr dankbar für das mir entgegengebrachte Vertrauen und freue mich auf das erste Treffen als Präsidentin. Ich will es unbedingt virtuell vor dem Hintergrund des Jalta-Gebirges stattfinden lassen. Das ist und bleibt meine Heimat.

Yulia Zharikova, Sekretärin des Rotary Clubs Kiew Advance

Im Geiste des Friedens aktiv

Die Geschichte des Rotary Clubs Kiew Advance begann Ende 2013, als mehrere Gleichgesinnte im Rotary Club Donezk Advance beschlossen, zu Ehren des berühmten Musikers Sergei Prokofjew, der in der Region Donezk geboren wurde, einen Satelliten-Rotary-Club Donezk Advance Prokofjew zu gründen. Uns verbindet der Gedanke, dem Gemeinwesen der Stadt zu dienen, sowie die große Liebe zur Kunst. Von Anfang an unterstützte der Club junge Talente und widmete seine Zeit der Entwicklung von Bildungsprogrammen in der Stadt.

Im Jahr 2014 flohen die Mitglieder des Clubs infolge des Ausbruchs des militärischen Konflikts in der Ostukraine in verschiedene Teile des Landes und sogar ins Ausland. Als vier Mitglieder des Clubs infolgedessen nach Kiew zogen, wurde beschlossen, die Aktivitäten des Clubs wieder aufzunehmen, jedoch bereits unter dem Namen Donezk Advance. Vier weitere Mitglieder, die in andere Länder gezogen oder in Donezk geblieben waren, entschieden sich in der Folge, ebenfalls Mitglieder des Clubs zu bleiben. Somit blieben letztlich acht Mitglieder übrig.

Zweieinhalb Jahre später wurde beschlossen, den Namen des Clubs gemäß der Satzung von Rotary International zu ändern. Zu dieser Zeit hatte der Club fünf in Kiew lebende Mitglieder, die den Namen Rotary Club Kiew Advance vorschlugen. Der neue Name steht seitdem für Erfolg, der Club ist stark gewachsen und hat sogar 2019 eine Auszeichnung vom Governor des Distrikts 2232 für die größte Anzahl aufgenommener Mitglieder erhalten – wir waren auf 30 angewachsen! Der Satellitenclub Kiew Synergy, der jetzt Vollmitglied von Rotary ist, hat sich schrittweise getrennt.

Friedensförderung als Schwerpunkt

Der Konflikt in der Ostukraine wird vom Club bewusst nicht ausgeblendet: Friedensförderung und Konfliktprävention ist ein Hauptschwerpunkt der Projekte. Unser Club hat ein seit 2017 laufendes Projekt, um verschiedene Gruppen der Bevölkerung zu schulen und konstruktive Dialoge zu führen. Für Frauen aus den Landkreisen in den Gebieten Donezk und Luhansk, die sich neben der Demarkationslinie befinden, ist ein Workshop „Konfliktologie“ geplant. Darüber hinaus engagieren sich seit fünf Jahren Clubmitglieder in einem großen internationalen Projekt zur psychologischen Rehabilitation von Kindern, die von den kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten betroffen sind.


Mykola und Olga Stebljanko, Rotary E-Club Ukraine

Rotary vereint über Grenzen hinweg

Unser rotarisches Leben begann 1996, als wir uns der Idee anschlossen, den ersten Rotaract Club auf der Krim zu gründen – den Rotaract Club Simferopol. Seitdem ist Rotary ein fester Bestandteil unseres Lebens. Unsere zehnjährige Rotaract-Vergangenheit ist inzwischen ein klassisches Beispiel für die Entwicklung junger Führungskräfte geworden, die die Voraussetzungen für einen natürlichen Übergang in die Reihen der Rotarier geschaffen hat.

2022, rotary aktuell, ukraine, rotarische stärke in krisenzeiten
Governor Piotr Wygnanczuk überreicht Olga Stebljanko eine Urkunde. © Privat

2006 trat ich, Mykola, dem Rotary Club Simferopol bei. Mein Club war es auch, der die Gründung des neuen Rotaract Clubs Simferopol-Tavrika anschob, dessen Gründungspräsidentin meine Frau Olga war. Im Jahr 2007 bin ich Herausgeber der offiziellen Rotary-Publikation, der Zeitschrift Rotarier, in der Ukraine und in Belarus geworden. Seit 2011 unterstützt Olga die Produktion der digitalen Version. Kurz vor der Annexion der Halbinsel Krim war ich Präsident meines Rotary Clubs Simferopol im Rotary-Jahr 2013/14.

Rotary hält Gemeinschaft zusammen

Bereits wenig später mussten wir 2015 aufgrund der Annexion nach Odessa umziehen. Um unsere Aktivitäten in der rotarischen Gemeinschaft fortzusetzen, haben wir beschlossen, einen Rotary E-Club Ukraine zu gründen. Diese damals neue Art von Club half uns und anderen Rotariern von der Krim und dem Donbass, die Rotary-Mitgliedschaft zu behalten. Unser Club bringt Menschen zusammen, die Tausende von Kilometern über den ganzen Planeten verstreut sind. Einzelne Mitglieder leben in der Türkei, Italien und Israel – Rotary vereint über Landesgrenzenhinweg.

Der Umzug nach Odessa ermöglichte es uns, die rotarischen Aktivitäten nicht nur auf Clubebene fortzusetzen. Ich wurde zum Governor des Distrikts 2232 für die Amtszeit 2019/20 gewählt. Seit diesem Jahr bin ich Rotary Public Image Coordinator für die Zone 21A. Olga war mehrere Jahre Vorsitzende des Subkomitees für weltweite Rotary-Stipendien, und seit 2018 ist sie die Vorsitzende des Komitees für den Rotary-Jugendaustausch des Distrikts. Zusammen setzen wir unsere professionelle Arbeit fort, um die Zeitschrift Rotarier herauszugeben und virtuelle Veranstaltungen von Rotary im Distrikt 2232 und der Zone 21 anzubieten.

Koordinierte Zusammenarbeit

„Die Rotarier in der Ukraine sind sehr motiviert“, erklärt Alfred Praus. Der gebürtige Wiener lebt seit 15 Jahren in der Ukraine. Er hat dort nicht nur einen neuen Rotary Club gegründet, sondern zugleich den Länderausschuss Österreich-Ukraine im vergangenen Jahr mit auf den Weg gebracht. Die Charterfeier war am 15. November. Er lobt die Zusammenarbeit und sein Pendant auf österreichischer Seite, Bernhard Zimburg. Ein gemeinsames Projekt von Clubs beider Länder gebe es noch nicht, so Praus, aber er sei diesbezüglich optimistisch. „Ich bin angetreten, den Länderausschuss zu einer Erfolgsgeschichte zu machen“, erklärt er.

Von österreichischer Seite steht dem nichts im Wege. „Wir sind froh, dass es den Ausschuss gibt“, sagt Bernhard Zimburg vom RC Gastein. Man sei ja politischer Nachbar. „Den Konflikt mit Russland sehen wir mit großer Sorge“, so Zimburg weiter. An geplanten Aktivitäten halte man aber fest. So plant der RC Weinviertel-Marchfeld für 2023 wieder ein Jugendferienprogramm für Kinder aus der Ostukraine. „Zuletzt gab es dieses Ferienprogramm 2019“, berichtet Zimburg. Es richte sich an 40 bis 50 Kinder, die Halbwaise oder Waise seien. „Aufgrund der Coronapandemie konnte es im vergangenen Jahr nicht stattfinden.“

„Seit Corona stehen wir über wiederkehrende Zoom-Meetings mit unseren ukrainischen Freunden in Kontakt“, erklärt Fritz Hohnerlein vom RC Karlsruhe-Albtal. Er ist seit 2016 Vorsitzender des Deutsch-Ukrainischen Länderausschusses. Die Pandemie habe zudem auch Einfluss auf geplante Projekte. „Bis Pandemiebeginn wurde vorwiegend durch Freund Günther Chrobak vom RC Konstanz-Rheintor ein Stipendiatenprogramm Ukraine-Deutschland organisiert. Seit 2020 ist dies, bedingt durch die Schließungen der Universitäten, leider ausgesetzt“, berichtet Hohnerlein. Wann das ausgesetzte Stipendiatenprogramm wieder starten könne, sei noch unklar. Entmutigen lassen sich die etwa 20 Mitglieder des Ausschusses, der seit 2003 besteht, aber nicht. Die Plattform spend4projects.org soll genutzt werden, um Unterstützer für geplante zukünftige Projekte zu finden. Zehn potenzielle Ideen werden nun für die Plattform aufbereitet.

Eine Reihe von Projekten in der Ukraine wurde in der jüngeren Vergangenheit umgesetzt. So spendete 2016 der RC Bautzen-Budyšin 16.000 Euro für den St.-Wolodymyr-Fonds in Lemberg. Das Geld floss in diverse Projekte der Sozialstiftung, die sich um Alleinerziehende, kinderreiche Familien und um inländische Flüchtlinge kümmert, die von der Krim und der Donbass-Region gen Westen flohen. „Zur Stiftung besteht bis heute Kontakt“, berichtet Peter Straube, der damals Clubpräsident war. So wurden im vergangenen Jahr erst drei Projekte der Sozialstiftung mit 3000 Euro unterstützt.

Der RC Erfurt pflegte jahrelang gute Beziehungen nach Lemberg. Der Distrikt 1841 wiederum ist hauptverantwortlich für das Global-Grant-Projekt, welches die Sekretärin des RC Kiew Advance bereits erwähnt hat. Frauen aus der Ukraine werden dabei im kommenden Sommer in Konfliktbeilegung ausgebildet. Nachzulesen unter rotary.de/a19470


Oleksiy Kuleshov und andere Rotarier vom Slowjansker Club

Niemand wird alleingelassen

2022, rotary aktuell, ukraine, rotarische stärke in krisenzeiten
Der RC Slowjansk feiert die Amtsübergabe an den neuen Präsidenten Oleksiy Kuleshov. © Privat

Das Jahr 2014 war für uns ein Jahr der Prüfungen – Prüfungen für Stärke, für Anstand, für Ausdauer, für Menschlichkeit. Das Positive: An diesem Punkt drehte sich das Rotary-Rad mit neuer Kraft und vereinte erneut eine große Anzahl von Menschen aus verschiedenen Ländern, unterschiedlichen Glaubensrichtungen und unterschiedlichem Wohlstand mit einer Idee – der Idee, der Gesellschaft zu dienen. Rotarier aus Lemberg, Charkiw, Dnipro, Poltawa, Kiew, Krasnodar, Moskau, Iwano-Frankiwsk, Czernowitz und auch aus Donezk – damals war das noch möglich – halfen Menschen, die vor dem Krieg geflohen waren. Sie reichten Menschen die Hand, die ohne Existenzgrundlage mit ihrem Elend alleingelassen wurden.

Mobile Zahnarztpraxis errichtet

Einige schickten Lebensmittel und Kindernahrung, einige Kleidung und Körperpflegeprodukte, einige Medikamente. Wir kümmerten uns vor Ort um die Logistik, organisierten Treffen und halfen sogar bei der Ansiedlung Geflüchteter. Wir servierten Mahlzeiten, gingen mit Geschenken, Büchern, Kleidung in umkämpfte Gebiete und lieferten abends Lebensmittelpakete an große Familien. Es war uns sogar gelungen, zusammen mit dem RC Lemberg eine mobile Zahnarztpraxis zu organisieren.

Einige Projekte sind beendet, andere haben an Relevanz verloren. Wiederum andere sind zu mehr als nur der Verteilung humanitärer Hilfe herangewachsen. 2015 wurde mithilfe der Rotary Clubs der Ukraine eine Multimediaklasse an der Kunstschule der Stadt Slowjansk eingerichtet, und 2016 stattete der RC Slowjansk eine Choreografieklasse aus, die derzeit von Kindern besucht wird. Das Projekt „Helfer vom Heiligen Nikolaus“ gewann an Dynamik und wurde zu einem separaten Großprojekt von Rotary in der Ostukraine. Die Auffüllung der Bibliotheken mit moderner Literatur, Unterstützung von Sportteams, Unterstützung des Projekts „Glaube an dich selbst“ von Viktor Smyrnov (Paralympics-Teilnehmer, Weltmeister und Mitglied des RC Slowjansk), Schirmherrschaft eines Kindergartens mit Kindern mit verschiedenen Seh-, Geistes- und Muskel-Skelett-Erkrankungen – all dies sind Projekte, die wir jetzt unterstützen.

Rotarischer Beitrag zum Frieden

In Zahlen ausgedrückt wurden in dieser Zeit umgerechnet 10.450 Dollar ausgegeben und 40 Tonnen humanitäre Hilfsgüter verteilt. Das ist unser rotarischer Beitrag zur Friedenskonsolidierung im Donbass. Möge Frieden sein!


Sehen Sie hier zudem ein Video zu Impfaufklärung durch Rotarier und zur rotarischen Polio-Kampagne in der Ukraine:

2022, ukraine, impfung, polio, kinderlähmung, epn, end polio now
VIDEO: KLICKEN SIE AUF DAS BILD!