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Standpunkt

Rotary-Mitglied ohne Clubanbindung?

Standpunkt - Rotary-Mitglied ohne Clubanbindung?
James Bolton © Privat

Das geht, zumindest in Großbritannien und Irland – mit einer direkten Mitgliedschaft bei Rotary International

James Bolton01.08.2023

Rotary steht besonders in Großbritannien und Irland seit über einem Jahrzehnt vor der großen Herausforderung, neue Mitglieder zu gewinnen. Die Probleme liegen zum einen in der alternden Mitgliederstruktur, aber auch in den Schwierigkeiten von Clubs bei der Umwandlung zentral generierter Kandidaten in aktive Mitglieder auf lokaler Ebene. Verständlicherweise sehen die Clubs ihren Schwerpunkt im Dienst am Gemeinwesen, und die Mitglieder sind nicht bei Rotary eingetreten, um Mitglieder zu werben und Rotary zu vergrößern. Die Notwendigkeit, den Abwärtstrend bei den Mitgliederzahlen zu stoppen und gleichzeitig die Clubs von der „Wachstumslast“ zu befreien, wurde immer deutlicher, daher ersann man 2019 die Idee der Direktmitgliedschaft.

Tim Mason, Rotary-Mitglied seit 1980, ist in Großbritannien und Irland für die Direktmitgliedschaft zuständig und war von Anfang an maßgeblich an dem Projekt beteiligt. „Die Direktmitgliedschaft hat mich zu einem Weltbürger gemacht. Ich bin wie eine Schildkröte, ich trage mein Rotary mit mir nach Hause“, erklärt Tim. „Ich wollte schon immer Rotarier bei Rotary International sein, und jetzt gehöre ich praktisch zu jedem Club in der Welt. Als Gemeindemitarbeiter war ich Mitglied in insgesamt 14 verschiedenen Clubs und wurde jedes Mal neu aufgenommen. Jetzt bin ich einfach Rotarier, fertig.“

Die Community umfasst derzeit 300 Mitglieder

Direktmitglieder zahlen einen Beitrag von zehn Pfund pro Monat und erhalten die gleichen Vorteile wie Clubmitglieder: Zugang zum Netzwerk, Projektmöglichkeiten, unser zweimonatlich erscheinendes Magazin, Versicherungsschutz – das Wesentliche eben. Die Mitglieder treten einer Online-Community bei, die die Infrastruktur von Microsoft Teams nutzt und Videogespräche, Sofortnachrichten, Schnupperangebote und eine Vielzahl von Kanälen ermöglicht, die sich organisch aus den spezifischen Interessen und Aktivitäten der Mitglieder entwickeln. Seit seinem Start im Jahr 2020 ist das Netzwerk auf über 300 zahlende und aktive Mitglieder angewachsen. Einige sind aus bestehenden Rotary-Gruppen gewechselt, um eine alternative Erfahrung zu machen, aber die meisten sind völlig neu bei Rotary, so wie die 39-jährige Elizabeth Amoaa. „Ich habe mich für die Direktmitgliedschaft entschieden, weil sie zu meinem Lebensstil passt“, sagt Elizabeth, die in Ghana geboren wurde und jetzt in Nottingham/England lebt.

„Damit bin ich nicht auf einen einzigen Club beschränkt, sondern habe mich einem geschäftigen Umfeld angeschlossen, das es mir ermöglicht, mit Rotary-Mitgliedern in aller Welt in verschiedenen Projekten zusammenzuarbeiten.“

Die Direktmitgliedschaft steht nicht in Konkurrenz zu den klassischen oder gar flexiblen Clubmodellen, sondern ergänzt sie. Nach einer dreimonatigen Probezeit haben die Mitglieder drei Möglichkeiten. Sie können die Direktmitgliedschaft beibehalten, zu einem Club in ihrer Nähe wechseln oder sich mit neu gegründeten DistriktAnlaufstellen innerhalb der Direktmitgliedschaft vernetzen. Letzteres bietet das Beste aus beiden Welten: Die Mitglieder können persönlich vor Ort Kontakte knüpfen und sich ehrenamtlich engagieren und gleichzeitig ihren Platz in der Online-Umgebung der Direktmitgliedschaft behalten.

Flexibilität gilt als wichtigstes Kriterium

Im Jahr 2018, lange bevor die Covid-19-Pandemie in unser Bewusstsein rückte, ergab eine Untersuchung des National Council for Voluntary Organisations (NCVO), der britischen Mitgliedsorganisation für Wohltätigkeitsorganisationen und kommunale Einrichtungen, dass sich fast jeder vierte Freiwillige ausschließlich für Aktivitäten engagierte, bei denen er problemlos ein- und aussteigen konnte. Fünf Jahre danach zeigen die neuesten Berichte des NCVO ähnliche Ergebnisse: Menschen, die sich in Freiwilligenorganisationen engagieren, wünschen sich ein hohes Maß an Flexibilität.

Flexibilität und episodische Freiwilligenarbeit sind in Großbritannien in den letzten Jahren zu einem grundlegenden Bedürfnis geworden, dem Rotary bisher nicht in vollem Umfang nachgekommen ist. Obwohl es natürlich wünschenswert ist, die Mitglieder so lange wie möglich zu halten, müssen wir in Rotary vielleicht umdenken und offen sein für die Tatsache, dass manche Menschen kommen und gehen, wenn sich ihre Lebensumstände und Prioritäten ändern. Die Herausforderung für uns besteht darin, die Organisation zu werden, die immer dann zur Stelle ist, wenn die Zeit reif ist.

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