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Standpunkt

Sperrlisten für neue Kandidaten

Standpunkt - Sperrlisten für neue Kandidaten
Wolfgang Schröter © Privat

Um einen unangenehmen „Run“ auf potenzielle Mitglieder zu vermeiden, führen die fünf Dortmunder Clubs eine Liste – es gilt das „Windhundprinzip“.

Wolfgang Schröter01.10.2023

Schon seit Jahren stagnieren Rotarys Mitgliederzahlen mehr oder weniger weltweit. Deutschland (und Österreich?) gehören zu den Ländern, die glücklicherweise eine etwas günstigere Entwicklung aufweisen können, denn die Clubs beider Länder wachsen, wenn auch nur im niedrigen prozentualen Umfang, und auch die Anzahl der Clubs steigt leicht an. Aber vor diesem Hintergrund dann mit Sperrlisten zu arbeiten, ist das nicht ein Anachronismus? Meiner Meinung nach nicht, was ich an dieser Stelle gern erklären möchte.

Bei meinen 86 Clubbesuchen als Governor des Distrikts 1900 im letzten rotarischen Jahr konnte ich anschaulich feststellen, dass insbesondere die sogenannten Großstadtclubs, im Gegensatz zu den Clubs im ländlichen Raum, weniger Probleme haben, neue und auch junge Mitglieder zu finden. Herausfordernd wird es aber dann doch, wenn man geeignete weibliche Mitglieder sucht. Hier ist manchmal sogar ein „Run“ auf solche Kandidatinnen feststellbar.

Insbesondere in Ballungsräumen findet man in der Regel viele Persönlichkeiten, die für eine Mitgliedschaft bei Rotary infrage kommen könnten. Andererseits gibt es dann aber auch nicht selten sechs, sieben oder auch noch mehr Rotary-Clubs, die sich um potenzielle Mitglieder kümmern, je nachdem, wie aktiv der Aufnahmeausschuss des jeweiligen Clubs ist. Manchmal bemühen sich dann gleich mehrere Rotary Clubs einer Stadt um ein und dieselbe Kandidatin oder denselben Kandidaten. Und ein möglicher Wettstreit mit Lions Clubs kommt vielleicht auch noch hinzu.

Abgestimmte Vorgehensweise war ein Fremdwort

Ich bin Gründungsmitglied des RC Dortmund-Neutor, der 1990 als damals vierter Club, zunächst als reiner Herrenclub, seine Charter erhielt. Zum damaligen Zeitpunkt hatten wir 28 Mitglieder. Wachstum war natürlich und unmissverständlich die Strategie, die wir auch in den darauffolgenden Jahren sehr erfolgreich umgesetzt haben. Drei oder vier neue Freunde sollten in den Folgejahren jährlich dazukommen. Zum damaligen Zeitpunkt gab es zwischen den Clubs leider nur wenig Berührungspunkte. Eine abgestimmte Vorgehenswiese bei möglichen Aufnahmen war ein Fremdwort. Als Newcomer in der rotarischen Familie haben wir mit unseren Wachstumsplänen damals für eine gewisse Unruhe bei den anderen, vermeintlich etablierten Rotary Clubs gesorgt. „Der neue Vorstandvorsitzende der Sparkasse gehört doch in unseren Club – so wie sein Vorgänger“ oder „Der Intendant des Konzerthauses war immer bei uns“, hörte man damals nicht selten von den Nachbarclubs. Erbhöfe schienen in Gefahr zu geraten. Die unabgestimmte Aufnahmepolitik und das Buhlen um ein und dieselbe Person führte damals so manches Mal zu Missstimmung zwischen den Dortmunder Clubs.

Was lag daher näher, als sich zusammenzusetzen, um eine gemeinsame Vorgehensweise bei der Aufnahme möglicher zukünftiger Freundinnen und Freunde zu verabreden? Als erfreuliches Ergebnis gibt es seit nunmehr über zehn Jahren eine sogenannte Sperrliste, die für alle fünf Dortmunder Clubs bindend ist. Jeder Club meldet mögliche Kandidatinnen oder Kandidaten, die eventuell als Mitglied infrage kommen, zur Aufnahme in diese Liste an. Diese Person ist dann für die anderen Clubs automatisch für eine Aufnahme gesperrt. Sollte die Kandidatin oder der Kandidat nicht in den kommenden 24 Monaten aufgenommen worden sein, ist die Sperre automatisch aufgehoben, und einer der anderen Clubs kann sich um eine mögliche Aufnahme bemühen. Dabei gilt dann das sogenannte „Windhundprinzip“.

Meldeverfahren per E-Mail

Leider sind diese Regularien für die neun Dortmunder Lions Clubs nicht bindend, was dazu führen kann, dass die Kandidatin oder der Kandidat zwischenzeitlich bei einem Serviceclub außerhalb der rotarischen Sphäre landet. Mir erscheint daher die Sperrfrist von 24 Monaten als zu lang, ich plädiere für einen deutlich kürzeren Zeitraum.

Das Meldeverfahren verläuft dabei immer per E-Mail an eine zentrale Sekretariatsstelle – ein Zuruf ist nicht ausreichend! Von dort wird diese Liste auch verwaltet und den jeweiligen Präsidenten sowie den Vorsitzenden der Aufnahmeausschüsse nach jeder Veränderung digital übermittelt. Maßgebend für die Berücksichtigung ist dabei immer das Sendedatum des Vorschlagenden. Es soll schon vorgekommen sein, dass bei „heiß umworbenen“ Kandidatinnen oder Kandidaten der eine Club beim Absenden der E-Mail fünf Minuten schneller war als die „Konkurrenz“. Der frühe Vogel fängt den Wurm – bei Rotary ist es wie im echten Leben.

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