Aktuell
Trickbetrug mit Schockanruf
Neben den dramatischen Ereignissen durch das Hochwasser versuchen sich Betrüger die aktuelle Situation zunutze zu machen. Erneut bedrängen sie Rotarier, viel Geld an sie zu übergeben.
Die Unsicherheit über den Verbleib von Menschen, die durch Fluten zerstörte Infrastruktur, die Situation, dass man nicht mehr jeden immerzu erreichen kann — all das machen sich derzeit wieder einmal Betrüger zunutze. Aber auch ohne Hochwasser und nachfolgende Beeinträchtigungen bedrängen sie derzeit offenbar verstärkt Rotarier in Mitteldeutschland und versuchen, sie massiv zu betrügen. Der aktuelle Fall:
In den zurückliegenden Julitagen erhielt ein Rotarier einen Anruf, an dessen Beginn die völlig verzweifelte Stimme einer jüngeren Frau rief: "Mama, bitte hilf mir, bitte, bitte..." Danach meldete sich eine männliche Stimme mit: "Oberpolizeikommissar Klaus Wagner von der Polizei Stuttgart". Er erzählte, die Tochter der angerufenen Familie habe kurz zuvor mit ihrem Auto in Stuttgart eine Fahrradfahrerin angefahren, die noch an der Unfallstelle verstarb.
Die Telefonverbindung wurde immer wieder unterbrochen, wofür der angebliche Kommissar ein Funkloch verantwortlich machte. Seine Telefonnummer, von der angeblich angerufen wurde, wurde mit 0711 – 1100 angezeigt.
Der weitere Verlauf des Gesprächs: Da es sich um einen Unfall mit Todesfolge handele, sei die Tochter in Untersuchungshaft und würde in Bälde dem Haftrichter vorgeführt. Sie müsse mindestens zwei Wochen in U-Haft bleiben, nur eine Kaution von 100.000 Euro könne zu einer Entlassung führen. Das Geld müsse noch am gleichen Tag bei der Gerichtskasse in Stuttgart eingezahlt werden. Eine Einzahlung bei der Gerichtskasse am Heimatort sei auch möglich.
Der Anrufer beschwor den geschockten Rotarier, keinesfalls mit irgendjemandem zu reden, niemanden anzurufen, sonst würde man sich strafbar machen. Nur er, der angebliche Herr Wagner, dürfe ihn anrufen. Ein Rückruf sei jedoch ebenfalls untersagt.
Da der Rotarier die geforderte Summe nicht parat hatte, wurde auch die Nutzung von Goldmünzen, Goldbarren oder wertvollem Schmuck angeboten. In Ermangelung solcher Besitztümer fuhr der Rotarier schließlich zur Bank, um wenigstens einen Teil des Bargeldes abzuheben. Nach angeblicher Rücksprache des "Herrn Wagner" beim Staatsanwalt bzw. Haftrichter stand zur Debatte, zunächst einen Mindestbetrag von 30.ooo Euro zu zahlen.
Ein Gespräch mit der Tochter wurde verwehrt, sie stehe unter Schock, würde ärztlich und psychologisch betreut und in Kürze dem Haftrichter vorgeführt.
In Sorge um seine Tochter trieb der Rotarier bei seiner Bank schließlich 50.000 Euro auf. Dann meldete sich "Herr Wagner" mit einem neuen Problem: Die Justizkasse, bei der die Einzahlung erfolgen müsse, habe wenige Minuten zuvor geschlossen. Eine Außendienstmitarbeiterin der Justizkasse dürfe das Geld aber entgegennehmen und überbringen — der Rotarier hingegen dürfe auf keinen Fall das Gerichtsgebäude betreten. So geschah es. Eine "Frau Braun" übernahm das Geld, ging um die Ecke und verschwand.
Schon kurze Zeit später meldete sich die Tochter des Rotariers, der sich inzwischen auf den Weg zu seiner "inhaftierten" Tochter gemacht hatte, und fragte, was es mit der besorgten SMS der Eltern auf sich habe und deren Ankündigung, sofort zu ihr zu eilen. Ihr gehe es gut... — Ein Betrug, nur leider viel zu spät erkannt.
Die kurz darauf informierte Polizei berichtete, dass Betrüger mit dieser Masche seit mindestens zwei Jahren ihr Unwesen treiben.
Der Rotarier ist sich heute selbst sicher, dass vor allem der stetige Kontakt am Telefon zu dem falschen Polizisten mit seinen erschreckenden Informationen ihn emotional stark mitgenommen hätten. Es habe keine Möglichkeit des Innehaltens und Nachdenkens gegeben, daher sei er nicht misstrauisch geworden. Die Sorge um die Tochter und die Gedanken an das schreckliche Schicksal der angeblich zu Tode gekommenen Radfahrerin bewegten ihn tief. Erst im Nachhinein fielen ihm Ungereimtheiten auf. Aber: Das Geld scheint verloren, trotz Anzeige. Vor allem aber ging Vertrauen in Menschen verloren.
Fünf weitere Fälle
Ein folgendes Gespräch unter Freunden aus der Umgebung ergab: Mindestens fünf weitere Freunde hatten ähnliche Anrufe bekommen. Dort waren die Betrüger wegen Ungereimtheiten aber sofort aufgeflogen.
Das zeigt: Die Betrüger recherchieren ein wenig und versuchen dann ihr Glück. Wo sie nicht weiterkommen, geben sie auf. Die Analyse macht deutlich: Sie versetzen ihre Opfer in Angst, setzen sie unter Zeitdruck, bieten eine scheinbar einfache Lösung an.
Wenn Ihnen so etwas passiert
- Erst mal hinsetzen und durchatmen — und überlegen, ob das überhaupt sein kann.
- Überlegen Sie, wo sich ihre Lieben gerade aufhalten (könnten).
- Lassen Sie sich nicht zu etwas drängen.
- Erbitten Sie eine Pause, wenn der Anrufer Sie ununterbrochen mit erschreckenden Informationen zuschüttet.
- Prüfen Sie alle Angaben, soweit Sie es können.
- Versuchen Sie, angeblich betroffene Menschen zunächst zu erreichen. Oder bitten Sie jemanden darum.
- Prüfen Sie, ob Sie eine Person vor Ort kennen, die für Sie die beschriebenen Vorfälle überprüfen könnte.
- Rufen Sie die Polizei in Ihrem Wohnort an und lassen Sie sich die Kennziffer des angeblichen Polizeivorgangs geben (Unfallnummer, Inhaftierung usw.). Meist zeigt sich: Ein solcher Vorgang existiert nicht.
- Wenn Sie um Geld gebeten werden, erzählen Sie in der Bank, wofür Sie es brauchen. Häufig wissen die Angestellten von ähnlichen Betrugsfällen und was zu tun ist.
- Übergeben Sie kein Geld an Unbekannte, zumal Gerichtsangestellte, Polizisten und andere Amtspersonen solche Geldübergaben nicht machen dürfen.
- Und holen Sie sich Freunde dazu - gehen Sie niemals allein zu Übergaben. Stellen Sie Ihren Begleiter als Kriminalkommissar oder Polizisten in Zivil vor (egal, ob er es ist).
- Wenn Sie können: Versuchen Sie, ein Foto zu machen von dem "Boten" oder anderen Beteiligten. (Wenn die Betrüger es merken, entfernen diese sich meist ganz schnell und melden sich nie wieder.)
- Und machen Sie - falls der Betrug passiert ist - eine Anzeige, damit weitere Fälle verhindert werden können.
ACHTUNG: In Duisburg gerieten offenbar 16 Mitglieder des RC Duisburg ins Visier dieser Betrüger. Sie erhielten ähnliche Anrufe wie oben beschrieben. Die Kripo warnt deshalb ausdrücklich: Bei solchen Anrufen misstrauisch bleiben! Die richtige Polizei würde in einem Gespräch niemals nach Bargeld fragen – oder Auskünfte über Konto- oder Depotbestände einholen. Die Ermittlungen laufen nun auch hier. Weitere Infos auch unter DER WESTEN: https://www.derwesten.de/staedte/duisburg/duisburg-trickbetrueger-rotary-club-telefonbetrug-polizei-warnung-id232920149.html
Mit diesem Artikel soll die Aufmerksamkeit der Rotarier geschult werden. Bitte sprechen Sie in Ihren Clubs mit älteren Mitgliedern darüber. Häufig werden auch Alleinstehende oder Menschen mit Mobilitätseinschränkungen angesprochen oder angerufen.