Neue schonende Therapien erleichtern Männern die Prostata-Behandlung
Leben ohne Leiden
Das Risiko, an der Prostata zu erkranken, steigt mit dem Alter. Mit jedem Jahr wird es wahrscheinlicher, einen gut- oder bösartigen Tumor in einem Organ zu entdecken, was „Mann“ nur allzu gern ignoriert, und über das „Mann“ nicht gern spricht. Doch vieles hat sich in den letzten Jahren geändert. Selbsthilfegruppen, Prostata-Sprechstunden und eine breite Internetgemeinde diskutieren die Symptome, die Diagnosen und die Therapieformen. Ein Trend zeichnet sich dabei ab: Die Patienten verlangen nach individueller Beratung und Behandlung und nach schonenden Methoden, die ihre Lebensqualität möglichst rasch wieder herstellen.
Der Leidensdruck im Falle einer Erkrankung baut sich langsam auf. Es ist kein plötzliches „Nicht-mehr-Können“, sondern eine langsame Zunahme der nächtlichen Toilettenbesuche. Erst schiebt man es auf den abendlichen Weizenbiergenuss, dann auf den altersbedingten flacheren Schlaf, bis man sich letztlich gar nicht mehr traut, wegzugehen, weil der häufige Drang zur Toilette überhand nimmt, während der dortige „Erfolg“ immer bescheidener wird. Findet sich Blut im Urin oder tritt gar eine schmerzhafte Infektion auf, merkt auch der Totalverweigerer, der sich bis dahin der jährlichen Vorsorgeuntersuchung beim Urologen oder Männerarzt entzogen hat, dass Gefahr im Verzug ist. Die Diagnose lautet dann oft Prostatitis, also eine Entzündung der Prostata, ein Blasenstein, eine gutartige Vergrößerung oder gar Krebs. In Deutschland sterben knapp drei von 100 Männern an Prostatakrebs. Über 80 Prozent der Männer, bei denen ein Prostatakarzinom diagnostiziert wird, sind älter als 60 Jahre. Mediziner schätzen außerdem, dass gut die Hälfte aller 60-Jährigen Männer ein Prostatakarzinom haben. Gleichzeitig haben 50 Prozent aller Männer über 50 Jahre eine gutartige Vergrößerung der Prostata. Ab 80 sind es bereits über 90 Prozent.
Das Spektrum der Therapieformen hat zuletzt deutlich zugenommen. Doch die Zeiten, in denen die Männer geduldig stundenlange Operationen, tagelange Krankenhausaufenthalte und hinterher massive Einschränkungen der Lebensqualität aufgrund von Inkontinenz und Impotenz ertragen haben, sind vorbei. „Das hängt einerseits mit dem gewachsenen Gesundheitsbewusstsein zusammen, andererseits auch mit der Tatsache, dass die Generation 50 oder 60 plus heute nach schonenden Behandlungen und möglichst kurzzeitigen Klinikaufenthalten verlangt“, erklärt der Urologe Thomas Dill von der Heidelberger Klinik für Prostata-Therapie.
Hat ein Urologe eine gutartige Prostata-Vergrößerung festgestellt, drohte den Patienten bisher eine sogenannte Abhobelung, ein aufwändiger operativer Eingriff, der nicht selten einen zweiwöchigen Klinikaufenthalt nach sich zieht und den Organismus massiv beeinträchtigt. Seit einigen Jahren setzen dagegen Urologen verstärkt auf die Kraft des Laserstrahls. Verschiedene Typen mit unterschiedlichen Lichtwellenlängen erobern den Markt. Am häufigsten findet sich inzwischen der 180-Watt-Greenlightlaser. Er wird nach kurzer Betäubung und ohne operativen Schnitt über die Harnröhre eingeführt. Das Licht ist optimal auf die Absorptionsfähigkeit des blutreichen Gewebes abgestimmt, sodass das gewucherte Gewebe, das den Harnfluss behindert, effektiv beseitigt wird. „Das ist kein mechanisches Abtragen, sondern ein Verdampfen, ohne dass dabei Blut austritt“, erklärt Dills Kollege Martin Löhr. Der große Vorteil: Sofort nach der Laserbehandlung ist der Urinabfluss ungehindert frei, und Patienten können in der Regel am Folgetag die Klinik wieder verlassen.
Neue Therapieansätze
Die Greenlightlaser-Therapie wird auch bei der Behandlung von schmerzhaften Blasensteinen eingesetzt – nicht zur Entfernung der Steine selbst, sondern zur Beseitigung der Ursachen. Doch zunächst behandeln Urologen die Steine – ebenfalls über die Harnröhre – nach einem anderen Laserprinzip. Ein sogenannter Holmium-YAG-Laser sendet mit hoher, veränderbarer Frequenz Lichtimpulse aus, die die Blasensteine zerplatzen lassen. Danach werden die Stein-Überreste abgesaugt oder fließen mit dem Harn ab. Wenige Wochen später kommt dann der Laser zum Einsatz, um das gewucherte Gewebe, oft die eigentliche Ursache der Blasensteine, zu entfernen.
Bei der Vorsorgeuntersuchung wird ab einem gewissen Alter auch routinemäßig der sogenannte PSA-Wert ermittelt, bisher ein recht verlässlicher Indikator für eine ernsthafte Krebserkrankung der Prostata. Doch in letzter Zeit kommen zunehmend Zweifel auf. Immer wieder ist trotz gestiegenem PSA-Wert kein Tumor gefunden worden und die aufwändige und nicht risikofreie Gewebeentnahme (Biopsie) war umsonst. Aber auch das Umgekehrte ist immer wieder der Fall: Der PSA-Wert ist gar nicht erhöht und dennoch liegt ein Tumor vor. Urologen, die auf dem neuesten Stand der Technik sind, vertrauen hier nur noch dem medizinischen Gesamtbild: die Lebensumstände, die erbliche Vorbelastung, Laboranalysen mit anderen Indikatoren, aber auch moderne bildgebenden Verfahren, die eine Biopsie, wenn sie denn schon angeraten ist, wesentlich genauer machen als bisher. Dabei wird eine sehr präzise Ultraschallaufnahme erstellt und sie mit einer Magnetresonanz-Tomographie (MRT) kombiniert.
Hat sich dann der Verdacht eines Prostata-Karzinoms bestätigt, muss nicht mehr, wie in früheren Jahren, die Prostata radikal entfernt werden. Heute steht mit der hochintensiv-fokussierten Ultraschallmethode (HIFU) ein Verfahren zur Verfügung, das ebenfalls ohne Schnitt und ohne „Blutvergießen“ auskommt. Bei der „Sonablate 500“-Methode wird über den Enddarm eine Sonde eingeführt, die Ultraschall aussendet, der erst im Tumorareal gebündelt wird und dort die Zellen nachhaltig zerstört. Das umliegende Gewebe wird dabei nicht beeinträchtigt. Ein Computer steuert die Ultraschallimpulse exakt in die Tumorareale, während ständige Ultraschallaufnahmen sofort den Behandlungserfolg dokumentieren. Das Verfahren ist besonders für ältere Krebspatienten geeignet, die zum Beispiel blutverdünnende Mittel nehmen müssen und für die jede Operation mit Vollnarkose ein Risiko bedeutet. Jüngeren Patienten, die unter Umständen unter einem sehr aggressiven und stark lebensbedrohenden Krebs leiden, wird dagegen immer noch eine radikale OP angeraten – auch mit dem höheren Risiko einer dauerhaften Impotenz oder Inkontinenz. „In jedem Fall muss man für die richtige Therapie viele Faktoren wie die Aggressivität des Tumors, das Alter des Patienten aber auch seine Lebenssituation in Betracht ziehen, um dann die richtige Therapie gemeinsam mit dem Patienten abzustimmen.