Porträt
„Architektur ist eingefrorene Musik“
Diesem Goethe-Zitat stimmt der steirische Architekt friedrich ohnewein vorbehaltlos zu, hat er sich doch ganz der Revitalisierung historischer Bauwerke verschrieben
Den Klang aus alter Zeit kann man bei Denkmälern heute noch hören und spüren“, pflichtet Friedrich Ohnewein dem Dichterfürsten Goethe bei. Und er sieht seine Mission darin, diese Musik der Nachwelt zu erhalten. Längst hat er sich in dieser hohen Kunst internationale Reputation erworben. Ein ehemaliges Franziskanerinnenkloster in Feldbach in der Südoststeiermark, eine alte Kaserne in Bitburg in Rheinland-Pfalz, eine Villa aus der Zeit der Monarchie in Baden bei Wien, Gründerzeithäuser in Graz oder eine aufgelassene Tabakfabrik in seiner Heimatstadt Fürstenfeld – sie alle sind inzwischen zu Zentren modernen Wohnens geworden, ohne ihre historischen Charaktere verloren zu haben. „Ein Denkmal soll auch weiterhin ein Denkmal bleiben“, ist seine Philosophie, und damit geht er Hand in Hand mit den Denkmalschutzbehörden. „Wir haben ja das gleiche Interesse“, sagt er und letztlich finde man auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit immer eine Lösung.
Wenn es sein muss, tritt Ohnewein auch gehörig in finanzielle Vorleistung. So hat er den Verfall der 250 Jahre alten Tabakfabrik in Fürstenfeld aus nächster Nähe beobachtet, die Untätigkeit früherer Eigentümer und Investoren, bis er das Objekt mit seinen 10.000 Quadratmetern Nutzfläche selbst erworben hat, um seine Pläne umsetzen zu können. „Die Kombination aus Bauherr und Architekt schafft kurze Wege für schnelle Entscheidungen im Kopf“, lacht er, „auch wenn der Erfolgsdruck schon ein anderer ist.“ Heute strahlen die alten Mauern, wo früher 2000 Arbeitsplätze waren, das Lebensgefühl eines modernen Stadtteils aus, mit mehr als 80 inzwischen vermieteten Wohnungen, einem Ärztezentrum und viel Raum für kulturellen Austausch.
Denkwerkstatt
Sein nun größtes Projekt läuft nach ähnlichem Muster. Aus dem barocken Bau des ehemaligen Klosters Marienberg in Boppard (Rheinland-Pfalz) soll eine Premium-Residenz, ergänzt mit einem Zentrum für Bildung und kulturellen Austausch, entstehen, eine Denkwerkstatt in historischem Raum. Das 1120 gegründete Kloster wurde nach wechselvoller Geschichte 1802 aufgelöst, die Kirche wurde abgerissen, aber der Turm steht noch. Es wurde zu einer Kaltwasserkuranstalt mit prominenten Gästen, später ein Kriegslazarett und eine Klosterschule. „Es ist immer noch ein Kraftplatz“, schwärmt der Architekt von der sakralen Bausubstanz.
2018 hat er das verfallende Kloster erworben, um ihm als derzeit alleiniger Eigentümer neues Leben einzuhauchen. In bestem Einvernehmen mit dem Denkmalamt in Mainz, wie er betont. Gut 30 Millionen Euro werden in dieses Unesco-Welterbe investiert, schon jetzt gibt es viele Interessenten für die 66 parifizierten Wohnungen, nicht zuletzt, weil das für künftige Anleger auch steuerbegünstigt ist. Nach der Akquisitionsphase wird nächstes Jahr mit dem Umbau begonnen, bis zur Bundesgartenschau 2029 soll das Juwel am Oberen Mittelrhein mit neuem Leben erfüllt sein.
Erfolgsgeschichten lebendig halten
Wie sehr Ohnewein die Erhaltung von historisch Wertvollem am Herzen liegt, spürt man regelrecht, wenn man ihm gegenübersitzt. Auch wenn er sagt: „Es gibt bessere Geschäfte als das.“ Sein Büro in einem altehrwürdigen Haus am Hauptplatz in Fürstenfeld beherbergt einen alten Musikschrank aus dem Jahr 1956 und ganz moderne Möbel. Liebevoll pflegt er sein altes Cabrio und seine umfangreiche Plattensammlung seit den 50er Jahren samt Jukebox und diversen Musikgeräten. Er will sie nun in der ehemaligen Tabakfabrik in Fürstenfeld in ein künftiges Rock-&-Pop-Museum einbringen. „Fürstenfeld ist sehr musikaffin“, schwärmt Ohnewein und verweist auf die Austropop-Legenden STS und Opus oder den ebenfalls hier geborenen Boris Bukowski. Deren Erfolgsgeschichten will er gleichsam in seinem neuen Museum einfrieren, um sie damit lebendig zu halten – eine Symbiose zwischen Musik und altem Gemäuer. Ohneweins Architektur ist schließlich auch so etwas wie eingefrorene Musik.
Zur Person:
DI Friedrich Ohnewein, RC Fürstenfeld ,geboren 1959, studierte an der TU Graz, seit 1997 selbstständiger Architekt in Fürstenfeld für Wohnbau und Kommunalbauten, spezialisiert auf die Revitalisierung historischer Bauwerke mit großen Projekten in Österreich und Deutschland. Gründungsmitglied des RC Fürstenfeld.